Konjunktur-Effekte der Fußball-EM: Zumindest ökonomisch sollten Deutsche keine Wunder erwarten

Die Fußball-EM könnte die Konjunktur in Deutschland beleben, doch Experten warnen vor überzogenen Erwartungen.

EM Konjunktur

Autokorso in Moers, nach dem Erreichen des Viertelfinals der Fußballweltmeisterschaft 2006 der deutschen Mannschaft: Die Hoffnung auf den EM-Titel 2024 sind groß, aber wirtschaftlich sollten die Deutschen keine zu großen Erwartungen haben. © Wikimedia

Die Fußball-EM, die dieses Jahr in Deutschland stattfindet, weckt hohe Erwartungen. Nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich hoffen viele auf positive Impulse. Jedoch zeigen aktuelle Analysen, dass der ökonomische Nutzen der EM für die derzeit schwächelnde Konjunktur möglicherweise überschätzt wird. Die EM findet vom 14. Juni bis zum 14. Juli statt, und das Finale wird im Berliner Olympiastadion ausgetragen.

Laut einer Analyse des Ifo-Instituts und einer Umfrage des Interessenverbands Dehoga gibt es kaum Anzeichen dafür, dass die EM die deutsche Wirtschaft signifikant beleben wird. Bernd Neuendorf, Präsident des Deutschen Fußball-Bunds, betont laut dem Spiegel, die Steuereinnahmen durch die EM seien „enorm“. Doch die Vergangenheit lehrt etwas anderes, wie das Beispiel der WM 2006 in Deutschland zeigt. „Bei der WM 2006 gab es zunächst eine Vorfreude in den Ifo-Konjunkturumfragen“, erklärt Klaus Wohlrabe vom Ifo-Institut. „Während des Turniers und danach gab es beim Geschäftsklimaindex jedoch keinerlei Effekte mehr.“

Die wirtschaftliche Realität des Fußballs

Die deutsche Wirtschaft ist 2023 um 0,3 Prozent geschrumpft. Der Internationale Währungsfonds hat seine Wachstumsprognose für 2024 bereits von 0,5 Prozent auf nur noch 0,2 Prozent gesenkt. In dieser Lage sind die Erwartungen an die EM besonders hoch, doch die Experten sind skeptisch. „Die europäischen Gäste werden Deutschland nicht aus der Rezession holen“, stellt Michael Grömling, ein Experte des Instituts der deutschen Wirtschaft klar. Grömling ergänzt: „Die Konsumausgaben steigen nicht unbedingt, sondern verschieben sich. Von Bratwurst statt Restaurant bis zu Fernsehabend statt Kinobesuch.“

Kein ökonomisches Sommermärchen in Sicht

Das Phänomen, dass große Sportereignisse nicht die erhofften wirtschaftlichen Vorteile bringen, ist nicht neu. Matthias Fett, der an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg zu den wirtschaftlichen Effekten von Fußballweltmeisterschaften promovierte, bestätigt dies. Er hat festgestellt, dass das Bruttoinlandsprodukt in den Gastgeberländern der Fußball-Europameisterschaften durchschnittlich um mehr als drei Viertel Prozentpunkte niedriger ausfiel, als wenn die Turniere nicht stattgefunden hätten, heißt es im Spiegel-Bericht. „Ein Großereignis wie die EM kann zum Teil auch Stammgeschäft verdrängen“, gibt Guido Zöllick, Präsident des Dehoga, zu bedenken. Besucher könnten große Städte wie München oder Berlin meiden, aus Sorge vor den Menschenmassen.

Gemischte Gefühle in der Hotelbranche

In der Hotel- und Gaststättenbranche herrscht eine verhaltene Zuversicht. Erik Friemuth, Deutschlandchef der Hotelkette Premier Inn, sieht die Lage positiv, besonders dank der reisefreudigen Fans aus England. „Die Vorbuchungen liegen im Plan“, sagt er. Doch er merkt auch an, dass ein Weiterkommen der deutschen Mannschaft hilfreich wäre, um das nationale Interesse und damit die Buchungen zu steigern. Eine Umfrage des Dehoga zeigt jedoch, dass nur etwa 16 Prozent der befragten Hotels und Gaststätten mit positiven Impulsen durch die EM rechnen.

Was du dir merken solltest:

  • Die Fußball-EM in Deutschland wird voraussichtlich keine signifikanten Impulse für die Konjunktur liefern, wie aus historischen Daten und Expertenmeinungen hervorgeht.
  • Untersuchungen des Ifo-Instituts und des Dehoga-Verbands zeigen, dass Großereignisse wie die EM das Geschäftsklima und die Hotelbuchungen kaum verbessern.
  • Die wirtschaftlichen Vorteile der EM werden oft überschätzt; realistische Erwartungen an die ökonomischen Auswirkungen des Turniers sind daher angebracht.

Bild: © Elke Wetzig (Elya) via Wikimedia unter CC3-Lizenz

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