Netz entlasten, Bonus sichern: Nächtliches Laden zahlt sich für E-Auto-Besitzer doppelt aus

Finanzielle Anreize verschieben Ladezeiten von E-Autos in die Nacht und entlasten so das Stromnetz – ohne Komfortverlust für die Nutzer.

Bonus sichern beim Laden: So profitieren Besitzer von E-Autos

E-Auto nachts laden – günstiger Stromtarif, weniger Netzbelastung, finanzielle Prämie inklusive. © Unsplash

Wer ein Elektroauto fährt, steht oft vor der Frage: Wann lade ich am besten? Eine neue Untersuchung zeigt, dass die Antwort nicht nur für das Stromnetz entscheidend sein kann – sondern sich auch finanziell lohnt. Wissenschaftler der University of Calgary, Yale University und Deakin University haben getestet, wie sich das Nutzerverhalten beim Laden von E-Autos gezielt steuern lässt. Die im American Economic Journal veröffentlichten Ergebnisse zeigen: Der Schlüssel ist Geld statt Appelle.

Bereits ein Mini-Bonus von 3,5 Cent pro Kilowattstunde reicht aus, um Menschen zum Umdenken zu bewegen. In der Praxis bedeutet das: etwa 9 Euro pro Monat, wenn das Auto nachts – zwischen 22 und 6 Uhr – geladen wird. In der Studie luden fast 50 Prozent weniger Menschen während der Spitzenzeiten, sobald sie die Belohnung erhielten.

Geld bringt Bewegung ins Ladeverhalten

Die Forscher wollten wissen: Was wirkt besser – Informationen über gesellschaftliche Vorteile oder direkte finanzielle Anreize? Das Ergebnis fiel deutlich aus. Während moralische Hinweise wirkungslos verpufften, zeigte das Geld eine klare Wirkung. Blake Shaffer von der University of Calgary sagt dazu:

Durch die Schaffung eines Anreizes zur Verlagerung des Ladevorgangs in die Nebenzeiten konnte die Anzahl der Ladevorgänge in den Hauptzeiten um 50 Prozent reduziert werden, während die Anzahl der Ladevorgänge in den Nebenzeiten entsprechend anstieg.

Für viele Teilnehmer der Studie war der Wechsel kaum mit Aufwand verbunden. Sie passten die Ladezeit einfach an – meist automatisch über App oder Bordcomputer. Die Komforteinbußen? Nahezu null. Trotzdem blieb der Effekt nicht dauerhaft: Sobald das Geld ausblieb, kehrten viele zu ihrem alten Verhalten zurück.

Ohne Belohnung schwindet der Effekt schnell

Kenneth Gillingham von der Yale University bringt es auf den Punkt: „Es fühlte sich an wie leicht verdientes Geld.“ Das Ladeverhalten veränderte sich nur so lange, wie der finanzielle Anreiz bestand. Doch genau diese kurzfristige Wirkung macht das Modell für Stromversorger attraktiv. Es braucht keine großen Investitionen oder Infrastrukturprojekte – nur kluge Anreize zur richtigen Zeit.

E-Auto-Fahrer, die regelmäßig nachts laden, könnten in Zukunft von solchen Programmen profitieren und gleichzeitig helfen, Netzüberlastungen zu vermeiden.

Warum überfüllte Netze bald zum Problem werden könnten

Der große Vorteil nächtlichen Ladens: Das Stromnetz ist in dieser Zeit weniger belastet. Genau das ist entscheidend, denn laut Andrea La Nauze von der Deakin University sind viele Netze schon heute am Limit. „Viele Stromnetze benötigen erhebliche Upgrades, wenn die Ladung weiterhin zu Spitzenzeiten erfolgt“, warnt sie. Ihre Forschung zeigt: In Australien funktionierte das Prinzip sogar tagsüber, wenn Solaranlagen besonders viel Strom liefern.

Besonders problematisch wird es, wenn immer mehr Menschen am frühen Abend gleichzeitig ihr Auto anschließen – also genau dann, wenn ohnehin gekocht, gewaschen und ferngesehen wird.

Versorger reagieren – und testen erste Modelle

Einige Anbieter setzen bereits auf finanzielle Belohnungen. In den USA bieten Versorger wie Con Edison Zahlungen für Kunden, die ihr Fahrzeug gezielt außerhalb der Spitzenzeiten laden. Auch in Europa könnten solche Programme bald Standard sein – gerade angesichts steigender E-Auto-Zahlen.

Solche Modelle sprechen gezielt jene an, die ihr Auto zu Hause laden und flexibel reagieren können. Die Untersuchung zeigt: Es braucht keine teuren Lösungen, sondern einfache, faire Anreize.

Alltagstauglich, bequem und wirksam: Mit wenig Aufwand viel bewirken

Das Testmodell mit 200 E-Auto-Fahrern zeigt, wie viel Wirkung kleine Änderungen entfalten können. „Die Leute mussten nicht viel ändern. Sie haben einfach auf die Uhr geschaut und gewartet“, so Gillingham. Wer ohnehin nachts zu Hause ist und laden kann, bekommt dafür bares Geld und trägt gleichzeitig dazu bei, dass das Netz stabil bleibt.

Besonders attraktiv wird das Modell für Menschen mit zeitlicher Flexibilität oder günstigen Nachtstromtarifen. Fahrzeughalter, die ihre E-Autos nachts laden, können künftig also profitieren – finanziell und gesellschaftlich.

Kurz zusammengefasst:

  • Kleine finanzielle Anreize von rund 9 Euro im Monat verlagern das Laden von E-Autos erfolgreich in die Nachtstunden.
  • Ohne Belohnung kehren viele Nutzer schnell zu ihrem alten Ladeverhalten zurück – reine Information genügt nicht.
  • Nachts zu laden entlastet Stromnetze spürbar und kann helfen, kostspielige Netzüberlastungen zu vermeiden.

Übrigens: Wasserknappheit bedroht weltweit die Förderung wichtiger Rohstoffe wie Kupfer und Lithium – und könnte Elektroautos damit deutlich teurer machen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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