Pilz-Toilette macht aus Ausscheidungen fruchtbare Erde

Kanadische Forscher haben eine Pilz-Toilette entwickelt, die nicht nur ohne Wasser und Chemie auskommt, sondern auch Kompost und Dünger produziert.

Pilz-Toilette in Vancouver: Myzel zersetzt Ausscheidungen, filtert Gerüche und macht daraus Erde und Flüssigdünger für die Kreislaufwirtschaft.

Pilz-Toilette in Vancouver: Myzel zersetzt Ausscheidungen, filtert Gerüche und macht daraus Erde und Flüssigdünger für die Kreislaufwirtschaft. © Joseph Dahmen

In Kanada läuft ein ungewöhnliches Projekt an: Eine sogenannte Pilz-Toilette verwandelt menschliche Ausscheidungen in wertvollen Kompost und Flüssigdünger. Der Prototyp steht in einem botanischen Garten in Vancouver und soll zeigen, wie Städte und Gemeinden künftig Abwasser sparen und Abfälle als Ressource nutzen können. Entwickelt wurde das System von der University of British Columbia.

„Wir wollten aus einer alltäglichen Notwendigkeit ein angenehmes Erlebnis machen, das uns an den Kreislauf der Natur erinnert“, sagt der Architekt Joseph Dahmen, der das Projekt leitete. Viele herkömmliche Komposttoiletten gelten als unhygienisch oder riechen unangenehm. Hier setzt das neue Modell an – mit Myzelien, den Wurzelstrukturen von Pilzen.

Pilz-Toilette bindet Gerüche und spart Wasser

Das Funktionsprinzip ist einfach: Feststoffe gelangen in ein Abteil, das mit einem Myzelbelag ausgekleidet ist. Dort zersetzen Pilze die Abfälle. Sie setzen Enzyme frei, die organisches Material abbauen und zugleich Geruchsstoffe binden. Flüssigkeiten werden separat aufgefangen.

„Pilze sind sehr gut darin, Biomasse abzubauen – auch menschliche oder tierische Abfälle“, erklärt Mikrobiologe Steven Hallam. Im Labor zeigte sich, dass Myzel-Beschichtungen mehr als 90 Prozent der Gerüche neutralisieren. So entsteht eine saubere und benutzerfreundliche Lösung, die ohne Chemikalien, Wasser oder zusätzlichen Strom auskommt.

Aus Abfall wird nutzbarer Dünger

Der Betrieb ist genau getaktet: Nur viermal im Jahr müssen Fachkräfte die Toilette warten. Danach liefert sie pro Jahr rund 600 Liter Komposterde und etwa 2.000 Liter Flüssigdünger. Beides eignet sich, um Böden zu verbessern und Pflanzen zu versorgen.

Während chemische Toiletten mit Zusätzen wie Formaldehyd Abfälle in Sondermüll verwandeln, macht die Pilz-Toilette aus denselben Stoffen einen verwertbaren Dünger. Kommunen sparen so Entsorgungskosten und gewinnen gleichzeitig neue Ressourcen für Parks oder Grünflächen.

Architektur wirkt einladend und modern

Neben der Technik spielte auch die Gestaltung eine Rolle. Das Gebäude besteht aus vorgefertigten Holzelementen, außen schützt Zedernholz, das durch Hitze haltbarer und hygienischer gemacht wurde. Auf dem Dach wachsen Pflanzen, die Insekten und Vögeln Nahrung bieten.

Im Inneren sorgen Edelstahl und glatte Holzflächen für ein helles, modernes Ambiente. Ein Oberlicht bringt Tageslicht hinein. Der Zugang ist barrierefrei, eine Rampe führt durch ein Stück Wald direkt zur Eingangstür. Damit unterscheidet sich die Anlage deutlich von den provisorischen Chemie-Kabinen, die man sonst von Baustellen oder Veranstaltungen kennt.

Kommunen erhalten planbare Lösung

Laut Dahmen könnten sich Städte mit dieser Technik viel Aufwand sparen: „Wir haben die Unsicherheit aus dem System genommen, die viele Kommunen bisher von Komposttoiletten abhält. Der Wartungsplan steht fest, die Belüftung läuft zuverlässig, alles funktioniert so, wie es soll.“

Die modulare Bauweise erlaubt es, die Toilette schnell in Parks, auf Festivals oder in abgelegenen Gemeinden aufzustellen. Auch für Regionen ohne Kanalanschluss oder Länder mit wenig Trinkwasser ist die Technik interessant.

Pilotphase startet mit Nutzertests

Der erste Einsatz läuft über sechs Wochen. Dabei beobachten Forscher, wie die Pilze Abfälle zersetzen und welche Bakteriengemeinschaften dabei entstehen. Ziel ist es, den Zersetzungsprozess zu optimieren und dauerhaft geruchsfreie Ergebnisse zu erreichen.

„Es geht um mehr als ein weiteres technisches Gerät“, sagt Dahmen. „Wir denken städtische Abfallentsorgung neu – und verpacken sie in ein System, das gut aussieht, angenehm riecht und sofort einsatzbereit ist.“

Kurz zusammengefasst:

  • Die Pilz-Toilette in Kanada nutzt Myzelien, um menschliche Ausscheidungen ohne Wasser und Chemie in Kompost und Flüssigdünger zu verwandeln.
  • Der Prototyp liefert jährlich etwa 600 Liter Erde und 2.000 Liter Flüssigdünger und benötigt nur vier Wartungseinsätze.
  • Entwickelt von der University of British Columbia bietet das System Städten und Gemeinden eine kostengünstige, saubere und nachhaltige Alternative zu Chemietoiletten.

Übrigens: Pilze können nicht nur Toiletten sauber halten, sondern auch Häuser dämmen – und dabei CO2 binden sowie Heizkosten senken. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Joseph Dahmen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert