Zeitumstellung macht krank – Millionen Schlaganfälle und Adipositas-Fälle wären vermeidbar

Forscher berechnen: Eine dauerhafte Standardzeit könnte jährlich 300.000 Schlaganfälle verhindern und Millionen Menschen vor Adipositas schützen.

Krank durch Zeitumstellung: Mehr Adipositas und Schlaganfälle.

Besserer Schlaf und ein geringeres Risiko für Adipositas sowie Schlaganfälle – das wäre laut einer neuen Studie möglich, wenn die Zeitumstellung abgeschafft würde. © Pexels

Zwei Mal im Jahr eine Stunde vor oder zurück – für viele Menschen ist die Zeitumstellung nur lästig. Doch medizinisch gesehen ist sie mehr als ein Ärgernis. Studien zeigen, dass die Umstellung nicht nur kurzfristig Herzinfarkte und Verkehrsunfälle begünstigt, sondern auch langfristig den Körper belastet.

Forscher der Stanford University haben in einer aktuellen Studie errechnet, wie groß der Schaden wirklich ist – und wie viele Krankheitsfälle sich vermeiden ließen, wenn die Uhren nicht mehr verstellt würden.

Weniger Schlaganfälle und Herzprobleme ohne Zeitumstellung

Besonders deutlich wird der Effekt bei Schlaganfällen. Die Analyse zeigt: Eine dauerhafte Standardzeit würde die Zahl der Schlaganfälle in den USA um rund 306.000 pro Jahr senken, ein Rückgang um 0,09 Prozent. Bei einer dauerhaften Sommerzeit wären es immerhin noch 220.000 weniger Fälle. Auch das Risiko für Herzinfarkte steigt nach der Umstellung nachweislich – besonders im Frühjahr, wenn eine Stunde Schlaf verloren geht.

Forscher sehen darin eine klare Belastung für das Herz-Kreislauf-System. „Wir fanden heraus, dass sowohl die dauerhafte Standardzeit als auch die dauerhafte Sommerzeit gesünder sind als der zweimalige Wechsel im Jahr“, sagt Jamie Zeitzer, Professor für Psychiatrie und Verhaltensforschung an der Stanford University.

Adipositas sinkt um Millionen Fälle

Noch gravierender ist der Effekt bei Fettleibigkeit. Nach den Berechnungen gäbe es bei ganzjähriger Standardzeit 2,6 Millionen weniger Menschen mit Adipositas, was einem Rückgang von 0,78 Prozent entspricht. Dauerhafte Sommerzeit würde den Wert ebenfalls senken – allerdings schwächer, um rund 1,7 Millionen Fälle.

Damit wird deutlich: Die dauerhafte Standardzeit entlastet die Gesundheit am stärksten. Denn sie bringt den inneren Rhythmus besser in Einklang mit dem Tageslicht.

Warum die innere Uhr aus dem Takt gerät

Unser Körper folgt einem zirkadianen Rhythmus – einer inneren Uhr, die etwas länger als 24 Stunden tickt und sich über Lichtreize synchronisiert. Vor allem das Morgenlicht ist entscheidend, um die Uhr auf Kurs zu halten. Wenn das Licht zu spät kommt, gerät der Rhythmus ins Stocken: Energie, Immunabwehr und Stoffwechsel laufen nicht mehr rund.

Unter der aktuellen Politik – also zwei Umstellungen pro Jahr – kommt die innere Uhr regelmäßig aus dem Takt. Die Forscher errechneten, wie viele Stunden Abweichung sich im Laufe eines Jahres ansammeln:

  • Frühaufsteher: rund 19 Stunden
  • Normaltypen: etwa 21 Stunden
  • Abendtypen: gut 20 Stunden

Das bedeutet: So viele Stunden pro Jahr läuft der biologische Rhythmus nicht im Einklang mit dem 24-Stunden-Tag. Der Körper bekommt also zu oft Schlaf– und Lichtsignale, die nicht zu seiner inneren Uhr passen – mit Folgen für Energie, Stoffwechsel und Gesundheit.

Bei dauerhafter Standardzeit sinken die Werte leicht. Frühaufsteher profitieren dagegen stärker von einer dauerhaften Sommerzeit – ihre Belastung verringert sich auf 17,5 Stunden.

Chronotyp und Wohnort machen den Unterschied

Auch der Wohnort spielt eine Rolle: Menschen in den westlichen Teilen einer Zeitzone leiden stärker unter den Verschiebungen als jene im Osten. Insgesamt hätten aber 98,4 Prozent der US-Counties unter Standardzeit eine geringere Belastung.

Politische Debatte in den USA

Seit Jahren wird in den USA über eine Abschaffung der Zeitumstellung gestritten. Immer wieder gibt es Vorschläge für eine dauerhafte Sommerzeit. Befürworter verweisen auf längere Abende, weniger Kriminalität und mehr Freizeit. Gegner warnen jedoch, dass Kinder dann im Winter im Dunkeln zur Schule gehen müssten. Ein Versuch 1974 scheiterte nach weniger als einem Jahr.

Aufseiten der Gesundheitsexperten ist die Lage eindeutiger: Organisationen wie die American Academy of Sleep Medicine oder die American Medical Association sprechen sich klar für die Standardzeit aus. Ihr Argument: Mehr Morgenlicht ist besser für Körper und Seele.

Kurz zusammengefasst:

  • Dauerhafte Standardzeit entlastet die innere Uhr am stärksten und senkt das Risiko für Schlaganfälle und Adipositas deutlich.
  • Unter Standardzeit könnten jährlich rund 300.000 Schlaganfälle und 2,6 Millionen Fälle von Fettleibigkeit verhindert werden.
  • Die Belastung durch die Zeitumstellung variiert je nach Chronotyp und Region, am meisten profitiert jedoch die Mehrheit von der Standardzeit.

Übrigens: Ein Gentest kann schon im Vorschulalter zeigen, ob Kinder ein erhöhtes Risiko für Adipositas haben – lange bevor erste Symptome sichtbar werden. Wie der Test funktioniert und welche Chancen er für Familien eröffnet, lesen Sie in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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