Tödlicher Rauch aus Kanada – 82.000 Menschen sterben – 22.000 allein in Europa

Kanadas Waldbrände 2023 forderten laut Studie 82.000 Todesopfer weltweit. In Europa starben durch den Rauch mehr als 22.000 Menschen.

Kanada-Waldbrände: 82.000 Todesfälle – 22.000 allein in Europa

Dichter Rauch aus den Kanada-Waldbränden hüllt New York im Juni 2023 in eine gespenstische, orangefarbene Dunstglocke. © Wikimedia

Der Sommer 2023 bleibt in Erinnerung: In Kanada brannten Wälder in einem nie dagewesenen Ausmaß. Mehr als 15 Millionen Hektar gingen in Flammen auf – eine Fläche fast so groß wie die halbe Bundesrepublik. Doch noch erschütternder als die Bilder von zerstörten Landschaften ist die unsichtbare Folge: Die Waldbrände in Kanada verursachten laut einer aktuellen Studie weltweit zu 82.000 Todesfälle. In Europa allein starben durch den Rauch mehr als 22.000 Menschen.

Viele dachten, der Rauch bleibe auf Nordamerika beschränkt. Doch die gewaltigen Rauchschwaden zogen über den Atlantik und legten sich über Städte und Dörfer in Europa. Rund 90 Prozent der europäischen Bevölkerung atmeten zeitweise verschmutzte Luft ein. Betroffen waren mehr als 47 Millionen Menschen, wenn auch oft nur für kurze Zeit.

Feinste Partikel aus Rauch belasten Herz, Gefäße und Gehirn

Die Folgen sind nicht auf den ersten Blick sichtbar. Es geht um ultrafeine Partikel – PM2,5 genannt. Sie sind so klein, dass sie durch die Lunge in den Blutkreislauf gelangen. Dort können sie Herz, Gefäße und sogar das Gehirn belasten. „354 Millionen Menschen in Nordamerika und Europa waren 2023 mindestens einmal von kanadischem Rauch betroffen“, heißt es in der Studie.

Besonders gefährlich ist, dass der Rauch nicht nur kurzfristig wirkt. Neben akuten Problemen wie Atemnot oder Asthmaanfällen verursacht die Belastung auch langfristige Schäden. Die Analyse beziffert:

  • 5.400 Menschen starben akut durch die Belastung – 4.100 in den USA, 1.300 in Kanada.
  • 82.100 Menschen starben chronisch, also durch dauerhafte gesundheitliche Folgen.
  • 22.400 Todesfälle traten in Europa auf.
  • In Kanada gingen fast drei Prozent aller Todesfälle im Jahr 2023 auf die Rauchbelastung zurück.

Für Deutschland bedeutet das: Auch wenn die Rauchschwaden nur wenige Tage messbar waren, hat die Feinstaubbelastung Menschenleben gekostet.

Schon im Mai und Juni 2023 zeigte sich das Ausmaß der Waldbrandsaison in Kanada: Satellitendaten erfassen Kohlenmonoxid, das bis nach Europa zieht. © Contains modified Copernicus Sentinel data 2023 via Wikimedia unter CC BY-SA 3.0 IGO
Schon im Mai und Juni 2023 zeigte sich das Ausmaß der Waldbrandsaison in Kanada: Satellitendaten erfassen Kohlenmonoxid, das bis nach Europa zieht. © Contains modified Copernicus Sentinel data 2023 via Wikimedia unter CC BY-SA 3.0 IGO

Messwerte zeigen Rekorde

Die Zahlen für 2023 sprengen bisherige Dimensionen. Noch nie zuvor wurden so hohe Emissionen durch kanadische Brände gemessen. Die Forscher errechneten:

  • 647 Millionen Tonnen CO2 wurden ausgestoßen – fast fünfmal mehr als im langjährigen Durchschnitt.
  • Der Feinstaubwert stieg in Kanada um 3,8 Mikrogramm pro Kubikmeter, in den USA um 1,5 und in Europa um 0,4.
  • In den USA lag der Spitzenwert im Juni bei 16 Mikrogramm pro Kubikmeter – viermal so hoch wie durch eigene Brände im Land.

„2023 verursachten die kanadischen Waldbrände 2,6-mal höhere Belastungen als 2021 und 5,3-mal höhere als 2017“, schreiben die Autoren.

Experten zweifeln an Untergrenze

Die aktuellen Ergebnisse fügen sich in eine wachsende Zahl von Studien ein, die Rauch aus Waldbränden als eine der größten Gefahren für die menschliche Gesundheit einordnen. Bereits im Dezember hatte das Fachjournal Lancet berechnet, dass weltweit jedes Jahr rund 1,53 Millionen Menschen an der Belastung durch Waldbrandrauch sterben.

Trotz der hohen Zahlen halten Fachleute die Schätzungen für zu niedrig. Die Berechnungen gingen davon aus, dass Rauchpartikel ähnlich giftig sind wie anderer Feinstaub. Doch die Hinweise verdichten sich, dass Rauch aus Bränden noch gefährlicher ist.

„Die Zahlen sind wahrscheinlich zu niedrig angesetzt“, sagte die Epidemiologin Cathryn Tonne vom Barcelona Institute for Global Health laut dem Guardian. Sie hatte im August eine eigene Studie veröffentlicht, die nahelegt, dass schon kurze Belastungen durch Waldbrandrauch tödlicher sein können als bislang angenommen. „Es handelt sich wahrscheinlich um eine Unterschätzung, da es immer mehr Belege dafür gibt, dass Rauchpartikel aus Waldbränden giftiger sind als Feinstaub aus anderen Quellen.“

September 2023: Copernicus-Satelliten erfassen gewaltige Rauchwolken aus den Bränden in Alberta. Bis dahin verbrannten 17,3 Mio. Hektar – mehr als die Fläche von Österreich und Ungarn zusammen. © Wikimedia
September 2023: Copernicus-Satelliten erfassen gewaltige Rauchwolken aus den Bränden in Alberta. Bis dahin verbrannten 17,3 Mio. Hektar – mehr als die Fläche von Österreich und Ungarn zusammen. © Contains modified Copernicus Sentinel data 2023 via Wikimedia

Warum mehr Menschen sterben, obwohl weniger Wald brennt

Interessant ist ein Widerspruch: Weltweit nimmt die von Waldbränden zerstörte Fläche in den letzten Jahren ab. Dennoch steigt die Zahl der Todesfälle durch Rauch. Der Grund liegt in der geänderten Verteilung. Während in tropischen Regionen weniger Feuer lodern, häufen sich in Nordamerika und Europa die Extremjahre. Dort leben jedoch weit mehr Menschen in der Nähe gefährdeter Gebiete – und diese sind damit stärker dem Qualm ausgesetzt.

Die Brände in Kanada 2023 zeigen, dass die Folgen weit über Landesgrenzen hinausreichen. Nicht nur Wälder und Tiere leiden, auch Millionen Menschen atmen gefährliche Luft ein. Und die Zahl der Betroffenen wird mit fortschreitender Erwärmung weiter steigen.

Kurz zusammengefasst:

  • 2023 führten die Waldbrände in Kanada zum Verlust von über 15 Millionen Hektar Wald, ihr Rauch verursachte zehntausende Todesfälle in Nordamerika und Europa.
  • Laut Studie starben weltweit rund 82.000 Menschen an den Folgen der Rauchbelastung, in Europa mehr als 22.000.
  • Feinstaubpartikel aus Waldbränden gelten als besonders giftig und gefährden Herz, Lunge und Gehirn auch bei kurzer Belastung.

Übrigens: Die Kanada-Waldbrände 2023 ließen nicht nur den Rauch bis nach Europa ziehen, sie kühlten auch die Nordhalbkugel spürbar ab. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Anthony Quintano via Wikimedia unter CC BY 2.0

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