Parfüm stört den natürlichen Schutzschild des Körpers
Parfüm manipuliert das unsichtbare Oxidationsfeld der Haut und verändert die Luft, die man atmet. Forscher warnen jetzt vor möglichen Folgen.

Parfüm stört das natürliche Oxidationsfeld des Körpers, das sich durch Reaktionen zwischen Hautfetten und Ozon in der Luft bildet. © Pexels
Ein Sprühstoß Parfüm am Morgen, ein Klecks Bodylotion nach dem Duschen – für viele gehört das zur täglichen Routine. Doch kaum jemand weiß, dass genau diese Produkte mehr bewirken als nur Duft und Pflege. Eine aktuelle Studie zeigt: Parfüm kann das sogenannte Oxidationsfeld verändern – eine unsichtbare, chemische Schutzschicht, die den Körper umgibt und normalerweise hilft, Schadstoffe in der Atemluft zu neutralisieren.
Dieses Oxidationsfeld entsteht, wenn Hautfette mit Ozon aus der Umgebung reagieren und dabei hochreaktive Hydroxylradikale (OH) freisetzen. Sie wirken wie ein Reinigungsmittel der Luft, direkt an unserer Haut. Wird dieses System durch Lotionen oder Düfte gestört, kann das direkte Auswirkungen auf die Luftzusammensetzung und möglicherweise auch auf unsere Gesundheit haben.
Parfüm verändert das Oxidationsfeld und stört die chemische Schutzfunktion
Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz haben jetzt untersucht, wie genau Kosmetikprodukte dieses Oxidationsfeld beeinflussen. Ihr Ergebnis: Bereits nach dem Auftragen von Parfüm oder Lotion verändert sich die Zusammensetzung der Luft rund um den Körper und mit ihr auch das chemische Schutzfeld. „Da das menschliche Oxidationsfeld die chemische Zusammensetzung der Luft in der Atemzone und in der Nähe der Haut beeinflusst, wirkt es sich auf die Aufnahme von Chemikalien aus, was wiederum Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat“, erklärt Nora Zannoni, Erstautorin der Studie.
Lotion auf der Haut schwächt Schutzwirkung um ein Drittel
Im Rahmen der Studie ließen die Forscher vier junge Erwachsene in einer kontrollierten Klimakammer verschiedene Pflegeprodukte auftragen. Dabei wurde die chemische Zusammensetzung der Luft in Kopfhöhe genau gemessen.
Das Ergebnis war eindeutig: Nach dem Auftragen einer handelsüblichen Bodylotion sank die Produktion eines wichtigen Vorläufermoleküls der OH-Radikale um rund 34 Prozent. Die Folge: Das Oxidationsfeld war deutlich geschwächt. Die schützenden Radikale wurden also weniger effektiv gebildet.
Duftstoffe bleiben lange in der Atemluft
Die Forscher beobachteten auch, wie bestimmte Inhaltsstoffe direkt aus der Haut in die Umgebungsluft übertraten. Der Stoff Phenoxyethanol, ein Konservierungsmittel in vielen Lotionen, stieg gemeinsam mit Ethanol als unsichtbare Wärmeströmung vom Körper auf und blieb dort über mehrere Minuten in erhöhter Konzentration messbar.
In Nasenhöhe war die Konzentration von Phenoxyethanol 2,8-mal höher als in der allgemeinen Raumluft und das noch zehn Minuten nach dem Eincremen. Solche Werte bedeuten: Wer Kosmetik aufträgt, atmet selbst die entstehenden Dämpfe direkt ein. Und auch andere in der Nähe stehende Personen können sie aufnehmen.

Parfüm erhöht Schadstoffkonzentration über dem Kopf
Noch auffälliger war der Effekt bei Parfüm. Schon nach dem Auftragen auf die Handrücken stiegen die Konzentrationen von Ethanol und Monoterpenen – typische Duftstoffe – sprunghaft an. Über dem Kopf der Testpersonen war der Wert zehnmal höher als im restlichen Raum.
Die Studienautoren schreiben: „Die Studie hat festgestellt, dass das von Menschen in Innenräumen erzeugte Oxidationsfeld durch das Tragen von Körperpflegeprodukten erheblich gestört wird.“ Das bedeutet konkret: Produkte, die auf der Haut bleiben und ausdünsten, verändern die Luft direkt am Körper.
Unsichtbare Reaktionen direkt in der Atemzone
Was passiert mit diesen Duftstoffen in der Luft? Sie reagieren mit den OH-Radikalen des Oxidationsfelds und das kann neue chemische Verbindungen entstehen lassen. Welche das genau sind, ist bislang kaum erforscht. Klar ist nur: Diese Reaktionen passieren direkt in der Nähe der Atemwege und der Haut.
„OH kann viel mehr Stoffe oxidieren als Ozon und erzeugt dadurch eine Vielzahl von Produkten direkt in unserer Atemzone mit bislang unbekannten Auswirkungen auf die Gesundheit“, warnt Jonathan Williams, einer der Studienleiter.
Luft in Innenräumen könnte gefährlicher sein als gedacht
Die Forscher verwendeten für ihre Tests typische Raumluftbedingungen – inklusive Ozon, wie es auch in normalen Wohnungen vorkommt. Dabei stellten sie fest, dass selbst kleine Mengen Ozon mit Hautfetten und Kosmetikrückständen auf der Haut chemisch reagieren.
Besonders kritisch: In Innenräumen ist die Luftzirkulation oft begrenzt. Das bedeutet, dass sich die chemischen Reaktionsprodukte länger halten und sich sogar anreichern können. Gerade Menschen mit empfindlichen Atemwegen könnten darauf reagieren – auch wenn sie die Stoffe gar nicht selbst aufgetragen haben.
Forschung steht am Anfang – doch das Risiko ist real
Die Wissenschaft steht hier noch ganz am Anfang. Niemand weiß bislang, welche gesundheitlichen Folgen die neuen chemischen Verbindungen haben könnten, die direkt am Körper durch Pflegeprodukte entstehen. Die Studie wollte genau das nicht untersuchen – sondern erstmal messen, dass sich die Zusammensetzung der Luft durch Parfüm und Lotion ändert.
Wir müssen die Chemie in Innenräumen überdenken, denn die Oxidationsfelder, die wir selbst erzeugen, verändern auch viele Chemikalien in unserer direkten Umgebung.
Jonathan Williams
Kurz zusammengefasst:
- Kosmetikprodukte wie Parfüm und Lotion verändern die chemische Schutzschicht um den Körper, das sogenannte Oxidationsfeld, und schwächen damit dessen Fähigkeit, Schadstoffe aus der Atemluft zu neutralisieren.
- Nach dem Auftragen steigen bestimmte Duft- und Konservierungsstoffe wie Phenoxyethanol und Ethanol aus der Haut in die Luft auf und bleiben dort minutenlang in hoher Konzentration direkt in Nasenhöhe nachweisbar.
- Die chemischen Reaktionen, die dadurch entstehen, können bisher unbekannte Stoffe direkt an Haut und Atemwegen erzeugen – mit möglichen gesundheitlichen Risiken, die noch kaum erforscht sind.
Übrigens: Neue Freundschaften beginnen oft in der Nase – lange bevor ein Wort fällt. Parfüm, Körperpflege und Geruch prägen das Sympathiegefühl. Mehr dazu in unserem Artikel.
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