Industriemüll clever genutzt: Polyester wird robuster, flexibler – und nachhaltiger

Ein neues Verfahren verbessert die Recyclingfähigkeit und Haltbarkeit von Polyester deutlich.

Nachhaltige Kunststoffe: Wie Abfall Plastik haltbarer macht

Polyester steckt in vielen Kleidungsstücken – doch beim Recycling verliert der Kunststoff schnell an Qualität. © Pexels

Nachhaltige Kunststoffe könnten eine echte Alternative zu herkömmlichem Plastik werden – doch viele scheitern bisher an mangelnder Haltbarkeit und schlechter Recyclingfähigkeit. Besonders Polyester, das in Kleidung, Verpackungen oder Flaschen stecken, verliert mit jedem Recyclingdurchlauf an Qualität. Es wird spröde, brüchig und landet schneller im Müll als nötig. Ein Forschungsteam der Universität Bayreuth hat nun eine Lösung entwickelt, die genau dieses Problem angeht und dabei einen bisher ungenutzten Rohstoff in den Mittelpunkt stellt: Schwefelabfall aus der Erdölverarbeitung. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachjournal Angewandte Chemie.

Die Grundlage der Methode: elementarer Schwefel. Dieser Stoff fällt in großen Mengen als Nebenprodukt in Erdölraffinerien an. Bisher gab es kaum Einsatzmöglichkeiten dafür. Das ändert sich jetzt.

Nachhaltige Kunststoffe durch clevere Chemie möglich machen

Die Forscher bauen den Schwefel direkt in die chemische Struktur von Polyester ein und zwar in Form sogenannter dynamischer Bindungen. Diese Bindungen lassen sich besonders leicht wieder lösen und neu zusammensetzen. Genau das macht sie so wertvoll: Materialien mit solchen Verbindungen lassen sich einfacher reparieren oder recyceln, ohne dass ihre Qualität darunter leidet.

Bisher fehlte eine einfache Methode, um solche Schwefelbindungen in Kunststoffe zu integrieren. Genau das ist nun gelungen. Die Forschungsgruppe rund um Prof. Dr. Alex Plajer von der Universität Bayreuth hat dafür ein neues Verfahren entwickelt, das auf gängigen und kostengünstigen Ausgangsstoffen basiert.

Neue Verbindungen machen Kunststoffe stabil und flexibel

Was genau bedeutet „dynamische Schwefelbindung“? Es handelt sich um chemische Verbindungen, die bei Hitze oder chemischer Behandlung getrennt und wieder verbunden werden können – ohne das Material zu zerstören. Dadurch wird der Kunststoff zum Beispiel formbar, wiederverwendbar oder sogar selbstheilend.

Ein zentraler Bestandteil des Verfahrens ist ein Katalysator: Lithiumalkoholat. Dieser Stoff ist nicht nur günstig und gut verfügbar – er funktioniert auch bei niedrigen Temperaturen. Dadurch sinkt der Energieverbrauch bei der Herstellung deutlich.

Universität Bayreuth liefert das nötige Know-how

Die Methode basiert auf einer Kombination aus Schwefel, sogenannten Epoxiden und dem erwähnten Katalysator. Epoxide sind weit verbreitete chemische Bausteine, die in vielen industriellen Prozessen eingesetzt werden. Besonders praktisch: Es lassen sich sowohl industriell hergestellte als auch Epoxide aus nachwachsenden Rohstoffen verwenden. Das erhöht die Flexibilität und senkt langfristig die Umweltbelastung.

Prof. Plajer erklärt: „Spannenderweise haben wir entdeckt, dass die Beteiligung von Schwefel – insbesondere des sogenannten S8-Rings – die Reaktion des Einbaus der dynamischen Bindung beschleunigt. Bestimmte Teile des entstehenden Polymers unterstützen den Katalyseprozess. Das ist ein eher ungewöhnlicher Mechanismus.“

Plastik bekommt neue Eigenschaften – je nach Bedarf

Ein großer Vorteil der Methode: Die Forscher können gezielt einstellen, wie das Material sich verhält. Soll es eher elastisch sein oder besonders fest? Beides ist möglich. Dadurch wird das Material vielseitig einsetzbar – etwa als flexibler Klebstoff, der sich bei Hitze löst oder durch Säure entfernt werden kann.

Diese neue Generation von Kunststoff ist nicht nur widerstandsfähig, sondern auch anpassbar. Das eröffnet neue Möglichkeiten für Verpackungen, Elektronik oder Kleidung – überall dort, wo flexible und gleichzeitig langlebige Materialien gebraucht werden.

Abfallprodukt wird zum wertvollen Rohstoff

Dass der Schwefel aus der Erdölverarbeitung stammt, macht die Methode zusätzlich interessant. Denn normalerweise gilt dieser Stoff als schwer verwertbar. Nun aber wird er zu einem Baustein für nachhaltige Kunststoffe. Das reduziert Müll – sowohl bei der Kunststoffverwertung als auch in der Ölindustrie.

Kurz zusammengefasst:

  • Forscher der Universität Bayreuth haben eine Methode entwickelt, um Schwefelabfall aus der Erdölverarbeitung in Polyester-Kunststoffe einzubauen und damit deren Recyclingfähigkeit deutlich zu verbessern.
  • Durch sogenannte dynamische Schwefelbindungen lassen sich die Kunststoffe einfacher reparieren, wiederverwenden oder formen – ohne Qualitätsverlust.
  • Das Verfahren ist energie- und kostensparend, nutzt verbreitete Ausgangsstoffe und schafft nachhaltige Kunststoffe für viele Einsatzbereiche.

Übrigens: Während nachhaltige Kunststoffe durch clevere Schwefelbindung robuster werden, zeigt ein neues Zellulose-Verfahren, wie pflanzenbasierte Verpackungen endlich alltagstauglich werden – stabil, luftdicht und ganz ohne Chemie. Wie das Verfahren funktioniert und warum es der Kunststoffindustrie Konkurrenz machen könnte – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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