Herzinfarkt aus dem Nichts: Diese Ursache bedroht Frauen unter 50

Ein Herzinfarkt kann auch junge Frauen ohne Vorerkrankungen treffen – SCAD zählt in dieser Altersgruppe zu den häufigsten Ursachen.

Herzinfarkt aus dem Nichts: Warum trifft SCAD vor allem Frauen

Ein Drittel der Herzinfarkte bei Frauen unter 50 wird durch SCAD verursacht – einen plötzlichen Riss in der Wand eines Herzkranzgefäßes. © Vecteezy

Brustschmerz, Atemnot, ein Engegefühl in der Brust – und das ohne Bluthochdruck, ohne erhöhtes Cholesterin, ohne familiäre Vorbelastung? Was viele Frauen als Panikattacke oder Verspannung abtun, kann laut der Deutschen Herzstiftung in Wahrheit lebensbedrohlich sein: eine spontane Koronardissektion, kurz SCAD.

Bei SCAD reißt die Wand eines Herzkranzgefäßes plötzlich ein. Blut dringt in die Gefäßwand ein, drückt auf das umliegende Gewebe und kann den Blutfluss zum Herzen blockieren. Wird das Herz nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, entsteht ein Infarkt – ohne die sonst typischen Ablagerungen in den Gefäßen. Dann zählt jede Minute: Der Notruf 112 muss sofort gewählt werden.

SCAD ist häufiger als gedacht – bei Frauen unter 50

SCAD tritt selten auf. Doch bei Frauen unter 50 Jahren ist sie eine der häufigsten Ursachen für einen Herzinfarkt. Laut der Deutschen Herzstiftung geht rund ein Drittel aller Herzinfarkte in dieser Altersgruppe auf eine SCAD zurück.

Diese Frauen haben oft keine Vorerkrankungen. Kein hoher Blutdruck, keine erhöhten Blutfettwerte, keine Arterienverkalkung. Das macht die Diagnose schwierig. „Typischerweise trifft es relativ junge Frauen, die keine Herz-Kreislauf-Risikofaktoren haben“, sagt Prof. Dr. Thomas Meinertz, Kardiologe und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.

Plötzlicher Schmerz – das Leitsymptom

Ein Warnzeichen steht fast immer im Vordergrund: starke Schmerzen im Brustkorb. Die Beschwerden können auch in die Schultern, Arme, den Kiefer oder Rücken ausstrahlen. Manche Frauen klagen zusätzlich über Übelkeit, Schweißausbrüche, Atemnot oder ein Engegefühl in der Brust.

Viele dieser Symptome ähneln denen eines klassischen Herzinfarkts. Der Unterschied: SCAD trifft Menschen, bei denen niemand damit rechnet. Und genau das ist das Problem – Betroffene oder Ärzte denken nicht an einen Infarkt.

Warum SCAD entsteht – und wer gefährdet ist

Die Ursachen für eine spontane Koronardissektion (SCAD) sind vielfältig – und oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Meist spielen mehrere Auslöser gleichzeitig eine Rolle. Prof. Meinertz erklärt: „Meistens ist bei den betroffenen Frauen ein Mix aus Veranlagung sowie starker körperlicher und/oder emotionaler Belastung für eine spontane Koronargefäß-Dissektion verantwortlich.“

Folgende Faktoren kommen als mögliche Auslöser in Frage:

Anlagebedingte Ursachen:

  • Strukturelle Schwächen in der Gefäßwand, etwa durch einen fehlerhaften Aufbau (z. B. fibromuskuläre Dysplasie)
  • Erbliche Bindegewebserkrankungen, etwa das Marfan- oder Ehlers-Danlos-Syndrom
  • Chronisch-entzündliche Erkrankungen, die Gefäße langfristig schädigen können

Hormonelle Einflüsse:

  • Schwangerschaft und die Zeit nach der Geburt (Wochenbett)
  • Hormonelle Behandlungen bei Unfruchtbarkeit
  • Einnahme der Antibabypille
  • Hormontherapie in den Wechseljahren

Akute Auslöser:

  • Starker emotionaler Stress, etwa bei traumatischen Ereignissen oder Angstzuständen
  • Extreme körperliche Belastung, z. B. intensives Kraft- oder Ausdauertraining
  • Drogenmissbrauch, insbesondere Kokain und andere gefäßaktive Substanzen

Diese Faktoren wirken häufig gemeinsam. Besonders gefährdet sind Frauen, bei denen eine genetische oder hormonelle Veranlagung mit starker seelischer oder körperlicher Belastung zusammentrifft.

Diagnose ist komplex – schnelles Handeln wichtig

SCAD kann nicht durch einen einfachen Blutdruck- oder Cholesterinwert erkannt werden. Für eine sichere Diagnose sind mehrere Untersuchungen notwendig: ein EKG, eine Blutuntersuchung auf Herz-Enzyme und bildgebende Verfahren wie eine Koronarangiografie oder ein intravaskulärer Ultraschall.

Wer als junge Frau plötzlich starke Brustschmerzen verspürt, sollte deshalb sofort den Rettungsdienst verständigen. Auch wenn es „unwahrscheinlich“ erscheint – besser einmal zu viel als einmal zu spät in die Notaufnahme.

Behandlung meist ohne Operation möglich

Wie SCAD behandelt wird, hängt davon ab, wie schwer das betroffene Gefäß geschädigt ist. In vielen Fällen reicht es aus, die Patientin mit Medikamenten zu stabilisieren und im Krankenhaus zu überwachen. „Ist der Riss im Herzkranzgefäß nur minimal und wird das Herz ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt, bevorzugen die behandelnden Ärzte eine konservative Therapie“, erklärt Prof. Meinertz.

Nur in schweren Fällen, etwa bei vollständigem Gefäßverschluss oder anhaltenden Beschwerden, kann ein Eingriff notwendig sein – etwa das Einsetzen eines Stents oder eine Bypass-Operation.

Die langfristigen Aussichten nach einer SCAD sind positiv. Laut der Deutschen Herzstiftung überleben mehr als 95 Prozent der Betroffenen den Vorfall dauerhaft. Dennoch bleibt das Risiko bestehen: In den zehn Jahren nach der ersten SCAD kann es bei bis zu 30 Prozent zu einem Rückfall kommen.

„Wegen des Rezidivrisikos sind allerdings regelmäßige Kontrollen des Herzens durch einen Kardiologen wichtig“, so Prof. Meinertz.

Nach dem Herzinfarkt: Was Frauen bei SCAD beachten sollten

SCAD ist nicht vollständig vermeidbar. Aber wer betroffen war, sollte körperliche und seelische Belastungen möglichst reduzieren. Empfohlen wird auch ein schonender Wiedereinstieg in den Alltag – unter ärztlicher Begleitung. Sport ist erlaubt, aber in angepasster Form und nur mit Freigabe durch einen Kardiologen.

Außerdem wichtig: psychologische Unterstützung. Die Erfahrung eines plötzlichen Herzinfarkts ohne Vorwarnung kann belastend sein – besonders für junge Frauen, die mitten im Leben stehen.

Mehr Informationen und Unterstützung

Wer sich über SCAD informieren möchte, kann sich an die Deutsche Herzstiftung wenden oder telefonisch unter 069 955128-400. Dort gibt es ein kostenloses Probeheft der Zeitschrift HERZ heute sowie weitere Informationen zu Symptomen, Behandlung und Nachsorge.

Kurz zusammengefasst:

  • Etwa ein Drittel der Herzinfarkte bei Frauen unter 50 wird durch SCAD ausgelöst – trotz fehlender Risikofaktoren.
  • SCAD ist ein plötzlicher Gefäßriss, der den Blutfluss zum Herzen blockiert und sofortiges Handeln erfordert.
  •  Die Prognose ist gut, aber das Rückfallrisiko bleibt hoch – regelmäßige Kontrollen sind entscheidend.

Übrigens: Frauen mit Schwangerschaftskomplikationen entwickeln später häufiger Herzkrankheiten – auch ihre Schwestern ohne eigene Komplikationen sind gefährdet. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy

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