Eiszeit-Fund in der Ukraine: Was uralte Feuerstellen über das Überleben verraten
23.000 Jahre alte Feuerstellen aus der Eiszeit geben Einblick in das Leben unter extremer Kälte – Archäologen rekonstruieren Strategien zum Überleben.

Feuer half den Menschen in der Eiszeit, in extremer Kälte zu überleben – zum Wärmen, Kochen und als Treffpunkt der Gemeinschaft. © Pexels
Feuer diente in der Eiszeit nicht nur zum Kochen oder Wärmen. Es war entscheidend für das Überleben. Doch ausgerechnet aus dem kältesten Abschnitt dieser Periode – dem sogenannten Letzten Glazialen Maximum (LGM) – fehlen bislang gut erhaltene Belege. Ein Forschungsteam der Universität der Algarve und der Universität Wien hat nun an der Fundstelle Korman‘ 9 in der heutigen Ukraine neue Erkenntnisse gewonnen. Die analysierten Schichten stammen aus einer Zeit vor rund 23.000 Jahren und weisen auf das ausgeklügelte Vorgehen der damaligen Bevölkerung hin. Die Forschungserbnisse wurden im Fachjournal Geoarchaeology veröffentlicht.
Forscher rekonstruieren Hitzequellen bei 600 Grad
Die Feuerstellen hatten im Untergrund Temperaturen von bis zu 600 Grad Celsius erreicht. Die genaue Analyse solcher Spuren lässt Rückschlüsse auf Brennmaterial und Nutzung zu. In den Gruben fanden sich Reste von verkohltem Holz – in einigen Fällen auch Hinweise auf verbrannte Knochen oder Fett. Das deutet darauf hin, dass Menschen in der späten Eiszeit flexibel mit den knappen Ressourcen umgingen.
Doch die Spuren waren schwer zu sichern. Häufig fehlen sichtbare Ascheschichten. Die Forscher vermuten, dass Erosion und biologische Aktivitäten – etwa durch Pflanzenwurzeln oder Tiere – die oberen Bodenschichten verändert haben. Dadurch könnten viele Feuerstellen zerstört worden sein.

Fundort im damaligen Rückzugsgebiet
Die Fundstelle liegt in einer ehemaligen Steppenlandschaft, durchzogen von großen Flüssen wie Don, Dnepr und Dnister. Solche Regionen galten damals als Rückzugsgebiete für kleine Menschengruppen. Denn das Klima war rau: Zwischen 26.500 und 19.000 Jahren vor heute sanken die Temperaturen drastisch, die Vegetation schrumpfte, und viele Tiere wanderten ab oder starben aus. Das erschwerte die Lebensbedingungen erheblich. Nur wenige Regionen in Europa boten überhaupt noch ausreichend Nahrung und Schutz. Menschen zogen sich daher in sogenannte Refugien zurück – etwa in den Süden Frankreichs oder auf die Balkanhalbinsel.

Feuer als sozialer Faktor in der Eiszeit
Die Washington University in St. Louis (WashU) war an der Untersuchung beteiligt. Die US-Forscher erklären die Rolle des Feuers für die soziale Organisation. „Feuer war nicht nur funktional, sondern auch ein Ort des Zusammenkommens.“ Es diente als Mittelpunkt für Alltag, Arbeit und Kommunikation – besonders bei extremen Umweltbedingungen.
Darüber hinaus forderte das Team von WashU neue Standards für die Analyse von Feuerstellen. Denn viele archäologische Ausgrabungen unterschätzten bislang die Bedeutung unscheinbarer Bodenverfärbungen. Nur mit präzisen Methoden lasse sich erkennen, ob es sich um eine tatsächliche Feuerstelle oder nur um natürlichen Bodenwandel handelt.
Werkzeuge und Feuer: Technische Entwicklung in der Eiszeit
Neben den Feuerstellen fanden Archäologen auch Spuren der sogenannten Epigravettien-Kultur. Diese Werkzeugtradition entwickelte sich in Mittel-, Süd- und Osteuropa während des LGM. Menschen fertigten aus Feuerstein scharfe Klingen und Speerspitzen – oft in der Nähe von Feuerstellen.
Die Fundstelle Korman‘ 9 bietet seltene Einblicke in das Leben während einer der härtesten Klimaphasen Europas. Die Analyse zeigt, wie Menschen unter extremen Bedingungen lebten, kochten, sich wärmten – und dabei ihre Umgebung nutzten. Der Boden bewahrt diese Informationen, die Forscher nun Stück für Stück lesbar machen.
Kurz zusammengefasst:
- Feuer spielte in der Eiszeit eine zentrale Rolle für Wärme, Nahrung und soziale Organisation, besonders während des Letzten Glazialen Maximums.
- Archäologen fanden in der Ukraine drei unterschiedliche Feuerstellen mit bis zu 600 Grad heißen Spuren, oft ohne sichtbare Asche.
- Die Nähe zu Werkzeugfunden zeigt, dass Feuerstellen auch zur Materialbearbeitung dienten – der Boden liefert bis heute wertvolle Hinweise auf das Leben damals.
Übrigens: Die nächste Eiszeit würde eigentlich bevorstehen – doch der Mensch bringt den natürlichen Klimazyklus durcheinander. Mehr dazu in unserem Artikel.
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