Neues Implantat nutzt innere Uhr des Körpers, um für präzise Schmerzlinderung zu sorgen

Gerade bei chronischen Entzündungen hilft die präzise Einnahme schmerzlindernder Medikamente. Ein neues Implantat soll dies vereinfachen.

Um die Einnahme der Medikamente an den Tagesverlauf anzupassen, programmierten Wissenschaftler der WashU Medicine ein Zellimplantat – mit beeindruckendem Effekt. © Vecteezy

Um die Einnahme der Medikamente an den Tagesverlauf anzupassen, programmierten Wissenschaftler der WashU Medicine ein Zellimplantat – mit beeindruckendem Effekt. © Vecteezy

Morgens um fünf, wenn die Gelenke am meisten schmerzen, beginnt das Implantat zu arbeiten. Es gibt den Wirkstoff genau dann ab, wenn der Körper ihn am dringendsten braucht – ganz ohne Wecker oder Erinnerung. Möglich macht das ein neuer biotechnologischer Ansatz, der die innere Uhr des Körpers gezielt nutzt. Ein Forschungsteam der Washington University School of Medicine hat diese neue Methode entwickelt, um Medikamente genau dann zu verabreichen, wenn sie benötigt werden: Der Schlüssel liegt in einem programmierten Implantat, das die Einnahme an den natürlichen Rhythmus des Körpers anpasst.

Für die Studie nutzte das Team ein Zellimplantat. Dieses überwachte die natürliche Aktivität des Gens Per2, um den entzündungshemmenden Wirkstoff Interleukin-1-Rezeptorantagonist (IL-1Ra) zur richtigen Zeit freizusetzen. Per2 ist Teil des zirkadianen Rhythmus, also der inneren biologischen Uhr eines Lebewesens. 

Die Kombination aus Stammzelltechnologie mit synthetischer Biologie könnte besonders bei chronischen Krankheiten wie rheumatoider Arthritis von Nutzen sein, die der Studie zufolge tageszeitbedingt auftreten: „Rheumatoide Arthritis und andere entzündliche Erkrankungen sind durch tageszeitabhängige Veränderungen von Zytokinen [einer Gruppe von Peptiden und Proteinen] gekennzeichnet, die zu Entzündungsschüben führen, wobei die Krankheitsaktivität in den frühen Morgenstunden ihren Höhepunkt erreicht“, so die Studienautoren.

Forscher koppeln Wirkstoffproduktion an die biologische Uhr des Körpers

Um die Einnahme der Medikamente an den Tagesverlauf anzupassen, programmierten die Wissenschaftler der WashU Medicine ein sogenanntes chronogenetisches Gen-Schaltkreis-System. Dieser Schaltkreis wird durch das Per2-Gen gesteuert, das zu einem festen Zeitpunkt am Tag besonders aktiv ist. In Folge produziert das Implantat exakt zu diesem Zeitpunkt den Wirkstoff.

Auch von Störungen ließ sich das Implantat nicht aus dem Takt bringen: Trotz entzündlicher Reize blieb der Rhythmus der Wirkstoffabgabe erhalten. Die Wissenschaftler maßen eine zwei- bis vierfache Schwankung der Proteinmenge zwischen Hoch- und Tiefpunkt des Tagesverlaufs. Das zeigt, dass der künstliche Rhythmus robust gegenüber äußeren Einflüssen ist. Zudem beeinträchtigten die Zellen nicht die Gewebebildung.

Versuch an Mäusen liefert vielversprechende Ergebnisse

In einem nächsten Schritt testeten die Forscher das System im lebenden Organismus. Sie pflanzten das Zellimplantat Mäusen unter die Haut und beobachteten über 36 Stunden die Biolumineszenz als Maß für die Per2-Aktivität. Diese stieg täglich zur gleichen Zeit an – ein Hinweis darauf, dass das Implantat sich an den natürlichen Rhythmus des Tieres angepasst hatte.

Auch nach einer Umstellung des Tag-Nacht-Rhythmus der Tiere blieb die Synchronisation erhalten. Nach spätestens einer Woche reagierten die implantierten Zellen auf den neuen Licht-Dunkel-Zyklus. Die Wirkstofffreisetzung verlagerte sich entsprechend.

Die Autoren der Studie sehen in diesem System eine potenziell langlebige und verlässliche Methode, um die Einnahme entsprechender Medikamente an individuelle Tageszeiten anzupassen. Dies würde personalisierte Therapien bei chronischen Entzündungserkrankungen vereinfachen und vielen Menschen Linderung verschaffen, wenn sie am dringendsten benötigt wird.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein neu entwickeltes Zell-Implantat setzt Medikamente im Einklang mit dem natürlichen Tagesrhythmus des Körpers frei. 
  • Das Implantat erkennt über das Gen Per2, das Teil der biologischen Uhr des Körpers ist, genau den richtigen Zeitpunkt für die Wirkstoffabgabe.
  • Diese Technik könnte besonders bei chronischen Entzündungskrankheiten die Wirkung verbessern, da die Einnahme der Medizin noch präziser erfolgt.

Bild: © Vecteezy

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