Heimat schlägt Karriere – Jeder vierte Deutsche schließt Umzug für den Job aus

Jeder Vierte bleibt lieber im alten Umfeld: Ein Umzug für den neuen Job kommt für viele auch dann nicht infrage, wenn woanders mehr Gehalt gezahlt wird.

Jeder vierte Deutsche schließt Umzug für einen besseren Job aus

Viele Deutsche sehnen sich nach sozialer Sicherheit in unsicheren Zeiten – wirtschaftliche Herausforderungen erfordern allerdings mehr Flexibilität. © Pexels

Ein attraktiverer Arbeitsplatz reicht vielen Deutschen nicht aus, um den Wohnort zu wechseln. Laut einer aktuellen Umfrage von Indeed lehnt rund ein Viertel der Befragten einen Umzug selbst dann ab, wenn der neue Job deutlich bessere Konditionen verspricht. Die Mehrheit zeigt zwar grundsätzlich Offenheit, knüpft diese aber an konkrete Bedingungen.

Nähe zu Familie bremst Jobchancen aus

  • Rund ein Viertel der deutschen Arbeitnehmer (26 Prozent) würden selbst für einen attraktiveren Job nicht den Wohnort wechseln.
  • 55 Prozent gaben an, bei einem Jobwechsel umzugsbereit zu sein – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Als Hauptgrund für die Zurückhaltung nannten 40 Prozent der Befragten die räumliche Trennung von Familie und Freunden. Auch das eigene Zuhause und der gemeinsame Haushalt spielen eine Rolle: 27 Prozent erklärten, ein Umzug könnte negative Folgen für andere Haushaltsmitglieder haben.

Am liebsten würden viele im Umkreis bleiben: 21 Prozent würden maximal 50 Kilometer weit ziehen, 23 Prozent erweiterten die Grenze auf 100 Kilometer.

Job-Expertin warnt: Unsicherheit verhindert dringend nötige Flexibilität

„Wir haben es mit einer komplexen Realität zu tun“, sagte Dr. Stefanie Bickert, Job- und Karriere-Expertin bei Indeed. Sie verwies auf das Bedürfnis nach sozialer Sicherheit in unsicheren Zeiten – gerade dann, wenn wirtschaftliche Herausforderungen eigentlich mehr Mobilität fordern würden.

Auch die regionale Verteilung zeigt klare Muster: Westdeutsche ziehen meist nur innerhalb der alten Bundesländer um. Ostdeutsche bevorzugen eher Ziele im Osten. Nur im Saarland war das eigene Bundesland nicht das Hauptziel möglicher Umzüge.

Millionen pendeln stundenlang – nur um nicht umziehen zu müssen

Viele Deutsche nehmen sogar lieber längere Arbeitswege in Kauf, anstatt umzuziehen: 59 Prozent akzeptieren eine Stunde Pendelzeit pro Strecke. In der Altersgruppe zwischen 45 und 64 Jahren steigt der Wert auf 67 Prozent. Ein Drittel ist sogar bereit, zwischen einer und zwei Stunden täglich zu pendeln. Dennoch bleibt für 37 Prozent ein zu weiter Weg ein klares Ausschlusskriterium für einen Job.

Homeoffice macht mobil – aber der soziale Kontakt fehlt

Die Möglichkeit zum ortsunabhängigen Arbeiten erhöht für viele die Bereitschaft, sich überhaupt auf einen Job in einer anderen Stadt zu bewerben. Laut Indeed-Umfrage sehen 63 Prozent Remote Work, wozu auch das Homeoffice gehört, als wichtigen Faktor für mehr Mobilität auf dem Arbeitsmarkt. Besonders bei jüngeren Zielgruppen spielt dieser Aspekt eine zentrale Rolle bei der Jobwahl.

Höheres Gehalt und günstigere Mieten – so kriegt man Menschen zum Umzug

Die stärksten Anreize für einen Umzug sind laut der Umfrage:

  • ein höheres Gehalt (67 Prozent)
  • geringere Lebenshaltungskosten (34 Prozent)
  • verbesserte Work-Life-Balance (34 Prozent)
  • flexiblere Arbeitsbedingungen (31 Prozent)

Weniger wichtig sind klassische Karrierefaktoren: Nur 26 Prozent nannten interessantere Aufgaben, 25 Prozent bessere Aufstiegschancen. Betriebsleistungen oder ein besseres Arbeitsklima reichen lediglich jeder fünften Person als Umzugsgrund aus.

Umzugskosten, Wohnungssuche, Kita: Das erwarten Bewerber von Firmen

Die Umfrage gibt auch Tipps, wie Arbeitgeber die Umzugsbereitschaft erhöhen können: 61 Prozent erwarten die Übernahme der Umzugskosten, während sich 60 Prozent Hilfe bei der Wohnungssuche wünschen. Besonders für Millennials sind zusätzliche Leistungen wichtig: 42 Prozent wünschen sich Unterstützung für die Jobsuche der Partnerin oder des Partners, 39 Prozent Hilfe bei der Kinderbetreuung.

„Neben der finanziellen Unterstützung sind es oft die kleinen, aber entscheidenden Hilfen wie die Unterstützung bei der Wohnungssuche oder der Organisation von Kinderbetreuung, die den Unterschied machen“, sagte Dr. Bickert von Indeed. Unternehmen könnten sich damit gezielt als besonders attraktive Arbeitgeber positionieren.

Wer persönliche Bedürfnisse der Bewerber ernst nehme, erhöhe die Chance auf erfolgreiche Neueinstellungen deutlich. Die Bereitschaft zum Umzug für einen neuen Job lässt sich stärker mit konkreten Unterstützungsangeboten beeinflussen als mit leeren Versprechungen.

Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut Appinio zwischen dem 4. und 6. Oktober 2024 durchgeführt. Befragt wurden 1.000 Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren, mit einem Durchschnittsalter von 42,1 Jahren. Die geschlechterparitätische Stichprobe untersuchte ausschließlich die Umzugsbereitschaft innerhalb Deutschlands und die dafür relevanten Beweggründe – internationale Umzüge waren nicht Teil der Erhebung.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein Viertel der Deutschen lehnt einen Umzug selbst für einen besseren Job ab. 
  • Hauptgründe sind emotionale Bindungen, die Angst vor Veränderungen im sozialen Umfeld und familiäre Verpflichtungen.
  • Finanzielle Anreize und direkte Umzugshilfen durch Arbeitgeber erhöhen die Bereitschaft zum Wohnortwechsel.

Übrigens: Auch ein Umzug ins Ausland hat seine Tücken: Der Traum vom Auswandern platzt oft an versteckten Kosten, bürokratischen Hürden und beruflichen Sackgassen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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