Meta bricht mit Faktenchecks: Darum müssen Nutzer nun selbst die Wahrheit prüfen

Meta streicht Faktenprüfer und überlässt Nutzern die Kontrolle über die Inhalte – was bedeutet das für die Zukunft von Instagram und Facebook?

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Zuckerbergs Entscheidung sorgt für Aufregung: Faktenchecks entfallen, der Nutzer entscheidet (Archivbild). © Wikimedia

Meta hat eine radikale Änderung bei der Moderation von Inhalten auf Facebook, Instagram und Threads angekündigt. In den USA sollen ab sofort nicht mehr unabhängige Faktenprüfer Falschinformationen markieren, sondern die Nutzer selbst. Diese Neuerung erinnert an das Community-Notes-System, das Elon Musk auf seiner Plattform X (ehemals Twitter) eingeführt hat. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben – sowohl für die Nutzer als auch für die Rolle des Konzerns in der weltweiten Debatte um Desinformation und Meinungsfreiheit. Doch warum verabschiedet sich Meta von seinem bisherigen System? Die Antwort liegt im politischen Druck und dem bevorstehenden Machtwechsel in Washington.

Was sich genau ändert und warum

Bisher arbeitete Meta mit unabhängigen Faktenprüfern zusammen, die Beiträge auf mögliche Falschinformationen untersuchten und markierten. Wurde ein Beitrag als irreführend eingestuft, erschien ein Warnhinweis und die Verbreitung des Beitrags wurde eingeschränkt. Diese Faktenprüfer waren oft Organisationen, die weltweit in unterschiedlichen Sprachen arbeiteten.

Künftig fällt dieses System weg – zumindest in den USA. Stattdessen sollen Nutzer selbst falsche oder irreführende Inhalte kennzeichnen und kommentieren. Mark Zuckerberg, der CEO von Meta, erklärte laut Tagesschau in einem Video, dass die bisherigen Faktenprüfer in den USA „zu politisch voreingenommen“ gewesen seien und mehr Misstrauen als Vertrauen geschaffen hätten. Das Ziel der neuen Strategie sei es, „zurück zu den Wurzeln der freien Meinungsäußerung“ zu gelangen.

Die Abschaffung der externen Prüfer soll außerdem dazu führen, dass Algorithmen nur noch in gravierenden Fällen eingreifen, etwa bei terroristischen Inhalten oder Kinderpornografie. Beiträge mit geringeren Verstößen sollen erst nach Beschwerden der Nutzer überprüft werden. Für Inhalte, die beispielsweise politische oder gesellschaftliche Themen wie Migration oder Geschlechterfragen betreffen, hebt Meta bestehende Einschränkungen auf.

Zusammenhang mit dem Machtwechsel in den USA

Die Entscheidung kommt nicht zufällig: In wenigen Wochen wird Donald Trump erneut als US-Präsident vereidigt. Schon während seines ersten Wahlkampfs warf er Meta vor, konservative Stimmen zu zensieren. Facebook sperrte Trumps Konto nach der Erstürmung des Kapitols im Januar 2021, hob diese Sperre jedoch Anfang 2023 wieder auf. Kritiker sehen in Metas Kehrtwende einen Versuch, sich mit der neuen Regierung gutzustellen.

Eine zentrale Personalie unterstreicht diesen Verdacht: Zuckerberg hat Joel Kaplan, einen früheren Mitarbeiter des republikanischen Ex-Präsidenten George W. Bush, zum Politikchef von Meta ernannt. Kaplan gilt als einflussreicher Strippenzieher in der konservativen Szene. Zudem wurde laut der New York Times Dana White, der Chef der Ultimate Fighting Championship und ein langjähriger Freund Trumps, in den Meta-Vorstand berufen.

Wirtschaftlicher Hintergrund der Entscheidung

Analysten vermuten, dass Meta mit der Abschaffung der Faktenprüfung gleichzeitig auch Kosten sparen und die Nutzerinteraktion erhöhen will. Umstrittene Inhalte erzeugen oft mehr Aufmerksamkeit, was die Werbeeinnahmen steigert. Außerdem könnte sich Meta durch die neuen Maßnahmen vor verschärften regulatorischen Eingriffen schützen, indem es sich politisch als neutral präsentiert.

Aktuell steht Meta jedoch finanziell hervorragend da. Im dritten Quartal 2024 verzeichnete der Konzern einen Umsatzanstieg von fast 19 Prozent auf 40,6 Milliarden Dollar. Der Gewinn stieg um mehr als ein Drittel auf 15,7 Milliarden Dollar. Täglich nutzen über 3,2 Milliarden Menschen mindestens eine der Plattformen von Meta.

Welche Auswirkungen hat die Änderung auf Inhalte?

Laut Zuckerberg werde die neue Herangehensweise dazu führen, dass „mehr schlechte Inhalte“ auf den Plattformen verbleiben. Er betonte jedoch, dass im Gegenzug weniger „unschuldige Beiträge“ fälschlicherweise entfernt würden. Durch den Einsatz von Community Notes könnten Nutzer selbst entscheiden, ob ein Beitrag irreführend ist, indem sie ihre Kommentare hinzufügen. Dieses System setzt auf Schwarmintelligenz statt auf externe Kontrolleure.

Trump begrüßte die Änderungen ausdrücklich und erklärte auf einer Pressekonferenz, er habe Meta bereits in der Vergangenheit mit Konsequenzen gedroht, sollte das Unternehmen weiterhin gegen konservative Inhalte vorgehen. Bürgerrechtsorganisationen äußerten hingegen Besorgnis und warnten vor einer möglichen Zunahme von Desinformation und Hassrede.

Meta lockert Richtlinien für Hassrede

Denn neben der Abschaffung der Faktenprüfer hat Meta auch seine Regeln zur Hassrede geändert. Kommentare, die zuvor als beleidigend oder diskriminierend galten, sollen nun in bestimmten Kontexten erlaubt sein. Laut CNN betrifft das Aussagen über Frauen oder LGBTQ-Personen, die im Rahmen politischer oder religiöser Diskussionen geäußert werden. Nutzer dürfen nun beispielsweise Frauen als „Haushaltsgegenstände oder Eigentum“ bezeichnen und transgender sowie nicht-binäre Personen als „es“ ansprechen. Ein zuvor bestehender Abschnitt in den Richtlinien, der solche Äußerungen verboten hatte, wurde gestrichen. Kritiker sehen darin eine gefährliche Öffnung für Hassbotschaften.

Meta erklärte hingegen, dass Angriffe gegen bestimmte Gruppen aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder ethnischen Zugehörigkeit weiterhin verboten bleiben. Das Unternehmen betonte zudem, dass es konsequent gegen gezielte Belästigung und Aufrufe zu Gewalt vorgehen werde.

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Drohende Konflikte mit der EU

In Europa könnte Metas neue Moderationsstrategie für Konflikte sorgen. Die Europäische Union hat mit dem Digital Services Act (DSA) strenge Regeln für den Umgang mit Falschinformationen und Hassrede auf Online-Plattformen erlassen. Sollte Meta ähnliche Änderungen in der EU einführen, könnte dies rechtliche Konsequenzen haben. Der Digital Services Act sieht Geldstrafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes eines Unternehmens vor, falls die Vorgaben nicht eingehalten werden.

Bundesdigitalminister Volker Wissing erklärte laut Tagesschau, dass die EU-Kommission die Entwicklung genau beobachten und gegebenenfalls handeln werde. Der Kommissionssprecher Thomas Regnier warnte, dass Meta bei einer Abschaffung der Faktenprüfung in der EU verpflichtet sei, eigene Risikobewertungen durchzuführen und Bericht zu erstatten.

Ob ähnliche Änderungen auch außerhalb der USA geplant sind, bleibt offen. Klar ist jedoch, dass der Kurswechsel in den USA Metas Rolle im globalen Diskurs über Meinungsfreiheit und Plattformverantwortung weiter befeuern wird.

Was du dir merken solltest:

  • Meta hat in den USA die Zusammenarbeit mit unabhängigen Faktenprüfern beendet und setzt stattdessen auf ein Nutzer-basiertes System zur Kennzeichnung irreführender Inhalte, ähnlich dem Community-Notes-System von Elon Musk auf X.
  • Kritiker sehen darin einen Versuch, sich auf den Machtwechsel in den USA vorzubereiten, da Donald Trump Meta zuvor Zensur konservativer Stimmen vorgeworfen hatte.
  • Neben der Abschaffung der Faktenprüfung lockert Meta auch Richtlinien zur Hassrede, was in Europa zu Konflikten mit den strengeren Vorgaben des Digital Services Act führen könnte.

Bild: © Anthony Quintano via Wikimedia unter CC BY 2.0

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