Lernen statt Lehren: Renommierter Pädagoge zeigt Deutschland Wege aus der Bildungskrise

John Hattie fordert einen radikalen Fokuswechsel in Deutschlands Schulen: Weg von Lehrplänen, hin zu Schülern und ihrem Lernprozess.

Deutschlands Schulen müssen den Fokus auf das Lernen der Schüler richten, um Motivation und Erfolge zu steigern.

Deutschlands Schulen müssen den Fokus auf das Lernen der Schüler richten, um Motivation und Erfolge zu steigern. © Pexels

Deutschlands Bildungssystem steht unter Druck. Der neuseeländisch-australische Bildungsforscher John Hattie, bekannt durch seine richtungsweisende Metastudie „Visible Learning“, fordert einen radikalen Perspektivwechsel: Nicht das Lehren, sondern das Lernen der Schüler müsse im Zentrum stehen. Auf Veranstaltungen in Heilbronn und Berlin sorgte Hattie für Begeisterung – und hinterließ eine Botschaft, die Lehrer in Deutschlands Klassenzimmern zum Nachdenken bringen sollte. „Das größte Problem ist die Verzagtheit“, sagte Hattie laut der FAZ. Die Fixierung auf Lehrpläne, Prüfungsformate und Verwaltungsstrukturen sei nur ein Ablenkungsmanöver. Entscheidend ist es laut Hattie, wie Lehrkräfte ihre Wirkung auf das Lernen reflektieren.

Was John Hattie fordert: Eine Revolution im Denken

Hatties Analyse basiert auf Daten von 400 Millionen Schülern und 20.000 Unterrichtsbeobachtungen. Sein Ergebnis ist so einfach wie radikal: Lehrer und Schulleiter müssen ihre Methoden hinterfragen und sich konsequent auf die Lernbedürfnisse der Schüler einstellen.

Lehrkräfte sollten:

  • Hohe, aber erreichbare Erwartungen an Schüler formulieren.
  • Den Lernprozess kontinuierlich beobachten und fördern.
  • Feedback nutzen, um Unterricht anzupassen und zu verbessern.

Die Lehrperson sei dabei der Schlüssel, so Professor Klaus Zierer, der Hatties Forschung unter dem Titel „Hattie für gestresste Lehrer“ zusammenfasste. Darin heißt es „Auf den Lehrer kommt es an“. Lehrer hätten den größten Einfluss auf den Lernerfolg – vorausgesetzt, sie agieren wie Regisseure, die den Unterricht flexibel gestalten und auf Rückmeldungen der Schüler eingehen.

Der Bildungsforscher John Hattie fordert einen radikalen Wandel in deutschen Schulen.
Der Bildungsforscher John Hattie fordert einen radikalen Wandel in deutschen Schulen. © User:idunius via Wikimedia unter CC BY-SA 3.0

Empfehlungen für Lehrkräfte: Die 10 Haltungen von Hattie

Zierer fasst Hatties Kernbotschaften in einer praxisnahen Liste zusammen, die Lehrern Orientierung bietet:

  • Rede über Lernen, nicht über Lehren.
  • Setze die Herausforderung. Schüler brauchen Ziele, die sie fordern.
  • Lernen ist harte Arbeit. Diese Einstellung muss vorgelebt werden.
  • Baue positive Beziehungen auf. Schüler lernen besser in vertrauensvollen Umfeldern.
  • Nutze Dialog statt Monolog. Der Unterricht sollte interaktiv sein.
  • Vermittle die Sprache des Lernens. Schüler müssen verstehen, wie Lernen funktioniert.
  • Werde zum Veränderungsagenten. Lehrer sollten sich kontinuierlich weiterentwickeln.
  • Sei ein Evaluator. Analysiere, was gut funktioniert und was nicht.
  • Nimm Schülerleistungen als Feedback. Sie spiegeln die Wirksamkeit deines Unterrichts wider.
  • Arbeite mit Kollegen zusammen. Gemeinsame Planung und Reflexion verbessern die Qualität.

Langeweile im Klassenzimmer: Ein unterschätztes Problem

„Schüler kommen in die Schule, um zu lernen – nicht, um belehrt zu werden“, betonte Hattie laut der FAZ. Doch das größte Hindernis sei die Langeweile. Laut der PISA-Studie fühlen sich 37 Prozent der Schüler unterfordert, während andere überfordert sind. Das Ergebnis: Viele Schüler verlieren früh ihre Motivation.

Hattie fordert eine engere Beobachtung der Schüler und mehr Mut zur Selbstreflexion: „Lehrer müssen erkennen, wen sie gut unterrichtet haben – und wen nicht.“ Fehler seien kein Scheitern, sondern ein integraler Bestandteil des Lernens.

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Schulklima: Der Schlüssel zum Erfolg

Laut FAZ sieht Hattie im Schulklima einen zentralen Faktor für den Lernerfolg. Schulleitungen müssten Rahmenbedingungen schaffen, die konstruktive Unterstützung und Vertrauen fördern. „Es ist schwer, eine großartige Schule ohne eine großartige Schulleitung zu finden“, betonte er.

Auch die Lehrkräfte stehen in der Verantwortung: Regelmäßige Feedbackmethoden, wie etwa die „Feedbackzielscheibe“, könnten den Unterricht effektiver machen. Diese einfache Technik erlaubt es Lehrern, von Schülern präzises Feedback zu Themen wie Relevanz, Atmosphäre oder Organisation einzuholen.

Was du dir merken solltest:

  • John Hattie fordert, den Fokus in Schulen von Lehrplänen und Strukturen auf die Lernprozesse der Schüler zu verlagern, um deren Motivation und Lernerfolg zu steigern.
  • Lehrer haben laut Klaus Zierer die größte Wirkung auf den Lernerfolg, wenn sie flexibel, zielorientiert und auf Rückmeldungen der Schüler eingehend unterrichten.
  • Eine konstruktive Lernumgebung, regelmäßiges Feedback und klare Zielsetzungen sind entscheidend, um Langeweile zu vermeiden und das Schulklima zu verbessern.

Übrigens: Deutschlands Bildungssystem steht nicht nur wegen Lehrplänen und Unterrichtsmethoden in der Kritik, sondern auch wegen gravierender struktureller Mängel wie Lehrermangel und fehlenden Schulplätzen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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