Wie Menschen und Hunde gemeinsam Eurasien eroberten
Genomdaten zeigen: Seit Jahrtausenden ziehen Menschen mit ihren Hunden durch Eurasien, tauschen Tiere untereinander und prägen sich gegenseitig.
Frühe Gemeinschaften nahmen ihre Hunde mit auf weite Wanderungen und tauschten besonders geeignete Tiere – so entstanden arktische Spezialisten, die perfekt an Eis, Kälte und lange Distanzen angepasst waren. © Wikimedia
Seit mindestens 20.000 Jahren leben in Eurasien Menschen und Hunde Seite an Seite. Aus Jagdhelfern und Wachhunden wurden mit der Zeit enge Gefährten. Eine aktuelle Genom-Studie zeigt nun, wie eng Hunde, Menschen und ihre Verbreitung über den Kontinent miteinander verflochten waren.
Ein internationales Forschungsteam um den Paläogenetiker Laurent Frantz von der LMU München hat dafür das Erbgut historischer Hunde ausgewertet. Die Studie rekonstruiert anhand alter Knochen, wie Menschengruppen und ihre Tiere seit dem Ende der letzten Eiszeit durch Eurasien gezogen sind – oft als festes Team.
Genomdaten zeichnen gemeinsame Wege klar nach
Die Forscher analysierten die Genome von 73 alten Hunden. Darunter befinden sich 17 Tiere, deren Erbinformationen erstmals vollständig entschlüsselt wurden. Sie stammen aus Ostasien, Sibirien und der westeurasischen Steppe und decken einen Zeitraum von etwa 9700 bis 870 Jahren vor heute ab.
Diese Hundedaten kombinierten die Teams mit bekannten genetischen Profilen früher Menschengruppen. So entsteht ein doppelter Blick: Auf der einen Seite Bevölkerungen wie Jäger und Sammler, Bauern oder Steppen-Hirten, auf der anderen Seite ihre jeweiligen Hunde. Die Linien laufen häufig erstaunlich parallel.
Wie Hunde, Menschen und Verbreitung zusammenhängen
Im Erbgut der Tiere tauchen wiederkehrende Muster auf. Bestimmte Hundelinien passen sehr gut zu Populationen wie altsteinzeitlichen Sibiriern, osteuropäischen Jägern und Sammlern, frühen Ostasiaten oder Steppen-Pastoralisten. Wenn sich solche Gruppen in neue Regionen ausbreiteten, änderte sich meist auch, welche Hunde dort lebten.
Besonders deutlich wird das in der frühen Bronzezeit in China, vor rund 4.000 Jahren. Damals gelangten Handwerker aus der eurasischen Steppe nach Westchina und brachten neue Techniken mit. Nach der Genanalyse reisten ihre Hunde mit, statt dass sie einfach Tiere aus den lokalen Beständen übernahmen. Die Bewegung der Menschen bleibt dadurch im Hundegenom sichtbar.
Frühzeitliche Hundepartnerschaft reicht weit zurück
Die gemeinsame Geschichte ist jedoch älter als Bronzezeit und Metallverarbeitung. Die genetischen Spuren der Partnerschaft reichen mindestens 11.000 Jahre zurück. Bereits Jäger und Sammler im Norden Eurasiens hielten Hunde, die eng mit heutigen Sibirischen Huskys verwandt waren. Diese Tiere halfen bei Jagd und Transport in extremen Klimazonen.
Damit erscheint der Hund nicht als Beiwerk der Menschheitsgeschichte, sondern als fester Bestandteil mobiler Lebensweisen. Wer weiterzog, nahm die eigenen Tiere mit. Abstammung, Alltag und Sicherheit hingen eng zusammen – auch dort, wo es noch keine Städte, keine Staaten und keine schriftlichen Überlieferungen gab.
Wie Hundetausch robuste arktische Spezialisten hervorbrachte
Die Studie liefert zudem Hinweise auf gezielten Hundetausch, vor allem in besonders rauen Regionen. In der Arktis waren kräftige, ausdauernde Tiere entscheidend für das Überleben. Genetische Muster sprechen dafür, dass Gruppen Hunde mit passenden Eigenschaften untereinander weitergaben.
So lassen sich frühe Netzwerke erkennen, in denen nicht nur Werkzeuge, Rohstoffe und Ideen zirkulierten, sondern auch Arbeitshunde. Die Tiere sicherten Jagd, Transport und Versorgung – und damit die Chancen, in einer eisigen Umgebung bestehen zu können.
Lachie Scarsbrook von der LMU und der University of Oxford fasst diesen kulturellen Aspekt zusammen: „Spuren dieser bedeutenden kulturellen Veränderungen spiegeln sich auch in den Genomen alter Hunde wider.“ Und weiter: „Unsere Ergebnisse unterstreichen die tief verwurzelte kulturelle Bedeutung von Hunden. Anstatt einfach nur lokale Populationen zu übernehmen, haben die Menschen seit mindestens 11.000 Jahren ein ausgeprägtes Gefühl der Zugehörigkeit zu ihren eigenen Hunden bewahrt.“
Kurz zusammengefasst:
- Menschen und Hunde breiten sich seit mindestens 11.000 Jahren gemeinsam über Eurasien aus; ihre genetischen Linien verlaufen oft parallel.
- Genomdaten aus 73 historischen Hunden zeigen: Wanderungen von Jägern, Bauern und Steppen-Hirten gingen häufig mit dem Mitnehmen eigener Hunde und dem gezielten Austausch von Arbeitstieren einher.
- Hundeknochen und Hundegenome sind deshalb eine wichtige zusätzliche Quelle, um frühere Menschengruppen, ihre Wege, ihre Lebensweisen und ihre kulturelle Bedeutung von Hunden besser zu verstehen.
Übrigens: Nicht nur Wanderungen, auch das Spielverhalten zeigt, wie eng Menschen und Hunde verbunden sind. Warum manche Vierbeiner zu echten „Ball-Junkies“ werden, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Randi Hausken via Wikimedia unter CC BY 2.0
