Warum Schnurren mehr über Katzen sagt als jedes Miauen
Das Schnurren einer Katze ist so einzigartig wie ein Fingerabdruck. Einer neuen Studie zufolge besitzt jede Katze ihre eigene akustische Signatur.
Jede Katze trägt ihr eigenes Schnurrprofil – ein leiser, aber unverwechselbarer Klang. © Unsplash
Viele Katzenhalter ordnen jeden Laut ihrer Tiere intuitiv ein. Ein Miau am Napf heißt Hunger, ein Kratzen an der Tür drückt den Wunsch nach Freiheit aus. Doch eine neue Studie zeigt nun: Das Schnurren einer Katze wird im Alltag oft unterschätzt. Dieses leise Geräusch verrät jedoch, wie eine Katze sich fühlt oder wie sie auf ihre Umgebung reagiert.
Hinter der Forschungsarbeit steht das Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschungin Berlin gemeinsam mit der Universität Neapel Federico II. Ein Team von Wissenschaftlern analysierte Hunderte von Katzenlauten und fand dabei ein bemerkenswertes Muster. Schnurren enthält individuelle Merkmale, die jede Katze unverwechselbar machen – fast wie ein akustischer Fingerabdruck.
Schnurren verrät Identität – Miauen nicht
Für die Studie untersuchten die Forscher 27 Hauskatzen aus Berliner Haushalten und Tierheimen. In mehr als 800 Tonaufnahmen verglichen sie sowohl das Miauen als auch das Schnurren. Dabei nutzten sie Verfahren, die sonst in der automatischen Spracherkennung beim Menschen eingesetzt werden. Die Ergebnisse zeigen:
- Das Schnurren ließ sich mit rund 85 Prozent Genauigkeit der richtigen Katze zuordnen.
- Beim Miauen lag die Trefferquote nur bei 64 Prozent.
- Auch der Informationsgehalt unterschied sich deutlich – 4,47 Bit beim Schnurren, 2,65 Bit beim Miauen.
Co-Autorin Anja Schild erklärt:
Jede Katze hatte ihr eigenes, charakteristisches Schnurren.
Der Laut entsteht durch Vibrationen im Kehlkopf, klingt deutlich tiefer als das Miauen und liegt im Durchschnitt bei etwa 268 Hertz. Eine einzelne Schnurrphase dauert meist rund zehn Sekunden.
Schnurren zeigt Ruhe, Miauen passt sich dem Menschen an
Das Team beobachtete, dass Katzen meist in ruhigen Situationen schnurren – etwa beim Streicheln oder im Kontakt mit vertrauten Personen. Auch Muttertiere nutzen den Laut, um mit ihren Jungen zu kommunizieren.
Das Miauen dagegen hat sich zu einem Signal entwickelt, das Katzen gezielt für den Austausch mit Menschen einsetzen. Es variiert stark in Tonhöhe, Länge und Melodie – ein Hinweis darauf, wie sehr sich ihre Stimme an den Alltag mit Menschen angepasst hat. „Das Leben mit Menschen, die sich in Routinen und Reaktionen stark unterscheiden, hat vermutlich Katzen begünstigt, die ihre Miaus flexibel anpassen konnten“, erklärt Mirjam Knörnschild, Seniorautorin der Studie.
Die Wissenschaftler verglichen außerdem die Stimmen von Hauskatzen mit fünf Wildkatzenarten – darunter Falbkatze, Europäische Wildkatze, Rohrkatze, Gepard und Puma. Nur bei den Hauskatzen war das Miauen deutlich variabler. Offenbar hat die Domestikation ihre Stimme verändert, während das Schnurren konstant blieb.
Was Katzenhalter daraus lernen können
Schnurren ist demnach nicht nur ein Zeichen für Zufriedenheit, sondern ein Laut mit festen Merkmalen: Wer den vertrauten Klang seiner Katze kennt, bemerkt schneller, wenn etwas anders klingt – etwa wenn die Katze unruhiger wirkt, weniger Nähe sucht oder sich gesundheitlich verändert. Solche Unterschiede fallen im Alltag oft früher auf als sichtbare Symptome.
Auch in der Tiermedizin kann dieser Ansatz helfen. Tierärztinnen und Tierärzte könnten das typische Schnurrmuster eines Tieres nutzen, um Stress oder Unwohlsein besser einzuordnen, etwa bei chronischen Beschwerden oder nach einer Behandlung.
Technik hilft, Tierstimmen zu verstehen
Für die Studie setzte das Forschungsteam Verfahren aus der Sprachanalyse ein, sogenannte mel-frequency cepstral coefficients (MFCCs). Diese Technik, auch bei Sprachassistenten wie Siri oder Alexa im Einsatz, analysiert Schallmuster und erkennt kleinste Unterschiede zwischen Stimmen.
Solche Methoden könnten künftig helfen, Tierstimmen automatisch zu analysieren und daraus Rückschlüsse auf Stress, Zufriedenheit oder Bindung zu ziehen. Die Studienautoren sehen darin einen neuen Weg, Tierkommunikation wissenschaftlich zu erfassen.
Kurz zusammengefasst:
- Laut Forschern des Museums für Naturkunde in Berlin trägt das Schnurren einzigartige Merkmale, die jede Katze unverwechselbar machen – mit einer Trefferquote von rund 85 Prozent.
- Domestikation veränderte das Miauen: Im Gegensatz dazu zeigt das Miauen eine hohe Variabilität, die durch das Zusammenleben mit Menschen entstand; Hauskatzen nutzen es gezielt, um mit ihren Besitzern zu kommunizieren.
- Wer die Bedeutung des Katzenschnurrens kennt, kann besser einschätzen, ob eine Katze entspannt, gestresst oder auf Nähe bedacht ist – ein Wissen, das auch in der Tiermedizin hilfreich sein könnte.
Übrigens: Die Ernährung unserer Haustiere hat einen größeren Einfluss auf das Klima als gedacht. Forscher der Griffith University zeigen, dass veganes Futter für Hunde und Katzen Milliarden Tiere retten und gewaltige Mengen CO₂ einsparen könnte. Mehr dazu in unserem Artikel.
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