Überraschungseffekt bei Dürre – Solaranlagen bringen das Gras zurück

Solaranlagen fördern bei Dürre das Wachstum von Gras – dank Schatten, geringerer Verdunstung und besserer Wasserversorgung am Modulrand.

Überraschung bei Dürre – Solaranlagen bringen das Gras zurück

Forscher untersuchten in Longmont, wie der Schatten von Solaranlagen das Graswachstum in Colorado bei Trockenheit steigert. © Colorado State University

In Regionen mit viel Sonne, aber wenig Regen fehlt Pflanzen vor allem eines: Schutz vor Verdunstung. Eine neue Studie aus Colorado zeigt, dass genau dieser Schutz durch den Schatten von PV-Modulen entstehen kann – mit erstaunlicher Wirkung. Wo Gras unter Solaranlagen wächst, steigen in trockenen Jahren die Erträge deutlich.

Ein Forschungsteam der Colorado State University hat vier Jahre lang untersucht, wie sich Solaranlagen auf halbtrockenen Grasflächen bei Longmont im US-Bundesstaat Colorado auswirken. Die Ergebnisse sind verblüffend – und für Regionen mit zunehmender Trockenheit auch in Europa von wachsender Bedeutung.

Solaranlagen lassen das Gras bei Trockenheit deutlich besser wachsen

Im Jahr 2024 regnete es am Versuchsort nur 290 Millimeter – rund 20 Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt. Trotzdem wuchs unter den Solarpanels mehr Gras als daneben: Im Schnitt lag die Biomasse dort um 20 Prozent höher als auf freien Flächen. An bestimmten Stellen, etwa am östlichen Rand der Module, betrug der Unterschied sogar fast 90 Prozent.

„Auch wenn die Anlage nur zur Stromproduktion gebaut wurde, hat sie den Pflanzen in einem trockenen Jahr einen spürbar besseren Lebensraum geboten“, sagt Studienautor Matthew Sturchio.

Randbereiche sammeln Regen und spenden Schatten – ein doppelter Vorteil

Entscheidend für den positiven Effekt war die genaue Lage der Pflanzen unter den Modulen. Besonders profitierte der Bereich unter der östlichen Kante der Panels. Dort trifft morgens das ablaufende Regenwasser auf den Boden, während gleichzeitig etwa die Hälfte des Tageslichts durchkommt – genug für das Wachstum, aber wenig genug, um die Verdunstung zu senken.

Die Forscher beobachteten: Gerade in der Hitze des Sommers schützt der Schatten die Pflanzen vor extremer Trockenheit. Zugleich wird die Bodenfeuchtigkeit besser gehalten.

„Wir sehen, dass Solaranlagen das Mikroklima verbessern können – und das stärkt das Wachstum dort, wo Wasser knapp ist“, erklärt Mitautor Alan Knapp.

Der Nutzen verschwindet, sobald genug Regen fällt

In einem sehr regenreichen Jahr (2023) mit 536 Millimetern Niederschlag zeigten sich hingegen kaum Unterschiede. Auf manchen Flächen unter den Panels wuchs sogar weniger Gras als außerhalb. Besonders unter dem Zentrum der Module, wo nur 30 Prozent des Lichts ankommen, ging die Biomasse zurück.

Trotzdem blieb der Rückgang in trockenen Jahren geringer – ein Hinweis darauf, dass die Wasserverfügbarkeit in solchen Phasen der entscheidende Faktor ist. Der Schutz durch die Module kann den Lichtmangel offenbar ausgleichen.

Nicht nur das Gras profitiert im Schatten von Solaranlagen

Die Erkenntnisse sind auch für die Landwirtschaft interessant. Wo früher Strom und Ackerbau als Gegensätze galten, entstehen durch die sogenannte Agrivoltaik neue Synergien. Solarmodule schützen die Pflanzen, und die Pflanzen nutzen Flächen, die ohnehin bebaut sind – ganz ohne zusätzliche Maschinen oder Bewässerung.

„Wenn wir kleine Veränderungen an der Ausrichtung und Anordnung der Module vornehmen, könnten wir den Nutzen für die Umwelt noch steigern“, meint Sturchio. Das könnte zum Beispiel heißen: Mehr Schatten bei Hitze, mehr Licht während der Wachstumsphase.

Solarmodule könnten sogar beim Wiederaufbau geschädigter Ökosysteme helfen

Darüber hinaus sehen die Forscher in den PV-Anlagen auch eine Chance für geschädigte Landschaften: Solaranlagen könnten dabei helfen, artenreiche Pflanzengemeinschaften wiederherzustellen – etwa in ausgedörrten Grasregionen, in denen viele Arten verschwunden sind.

„Die Module schaffen ein abwechslungsreiches Mikroklima, das verschiedene Pflanzen fördert. Wir glauben, dass das die Renaturierung unterstützen kann“, sagt Sturchio.

Noch in diesem Jahr wollen die Forscher diese These an einem neuen Standort in Colorado testen. Dort soll erforscht werden, ob sich die Ergebnisse auch auf andere Pflanzentypen übertragen lassen – etwa auf wärmeliebende C4-Gräser, wie sie in weiten Teilen der Welt vorkommen.

Agrivoltaik verbindet Energie und Landwirtschaft besonders überzeugend

Nicht nur die Pflanzen profitieren vom Schatten der Solarpanels. Auch gesellschaftlich könnte das Modell der sogenannten Agrivoltaik Rückenwind bekommen. Eine aktuelle Studie der Universität Bonn zeigt: Wenn Solaranlagen nicht die Landwirtschaft verdrängen, sondern sich in sie integrieren, steigt die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich. In einer Umfrage unter knapp 2.000 Menschen bewerteten fast 44 Prozent die Agrivoltaik als so überzeugend, dass sie bereit wären, für den dort erzeugten Strom mehr zu zahlen.

Bürger akzeptieren Solaranlagen eher, wenn Kühe darunter grasen

Besonders positiv schnitten Flächen ab, auf denen Tiere wie Kühe zwischen den Solarmodulen weideten – oder wo Getreide weiter wachsen konnte. Im Vergleich zu herkömmlichen Solarparks wirkten diese Landschaften auf viele Befragte attraktiver und naturnaher. Die Kombination von Energiegewinnung und landwirtschaftlicher Nutzung wurde nicht als Konkurrenz empfunden, sondern als pragmatische Lösung – gerade mit Blick auf Klimaschutz und Ernährungssicherheit.

Kurz zusammengefasst:

  • Solaranlagen fördern bei Dürre das Wachstum von Gras, weil sie Schatten spenden, Verdunstung reduzieren und Regenwasser gezielt am Modulrand versickert.
  • In trockenen Jahren wächst unter den Panels bis zu 90 Prozent mehr Biomasse als auf offenen Flächen – ein Effekt, der bei ausreichendem Regen verschwindet.
  • Die Kombination aus Energiegewinnung und Landwirtschaft (Agrivoltaik) gilt als zukunftsfähig und findet laut Studien auch in der Bevölkerung hohe Akzeptanz.

Bild: © Colorado State University

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