Traskasaura sandrae: Forscher lösen das Rätsel um den furchteinflößenden Räuber aus der Tiefe
Traskasaura sandrae lebte vor 85 Millionen Jahren im Meer vor Kanada – mit langem Hals, kräftigen Zähnen und ungewöhnlichem Jagdverhalten.

Mit furchterregenden Zähnen und langem Hals machte Traskasaura sandrae in den Urzeitmeeren Jagd auf Ammoniten. © Robert O. Clark
Die Strände von Vancouver Island locken heute mit rauer Küstenschönheit. Doch vor rund 85 Millionen Jahren war dort kein Platz für Badeurlaub – sondern das Jagdrevier eines bislang unbekannten Meeresräubers. Traskasaura sandrae, so nennen Forscher die neue Art, die nun anhand von Fossilien aus der Haslam-Formation eindeutig beschrieben wurde. Das Reptil war etwa zwölf Meter lang, bewegte seinen langhalsigen Körper durch die urzeitlichen Fluten und besaß kräftige Zähne, ideal zum Zermalmen seiner Beute, wie aus der Studie hervorgeht.
Traskasaura sandrae: Ein Jäger mit ungewöhnlichem Bauplan
Die Fossilien von Traskasaura sandrae wurden zwar bereits 1988 erstmals entdeckt, doch erst jetzt konnte daraus eine neue Gattung bestimmt werden. Möglich machten das weitere Funde in den folgenden Jahrzehnten: Neben einem vollständigen Skelett eines erwachsenen Tiers tauchten ein nahezu intaktes Jugendskelett sowie ein einzelner Oberarmknochen auf. Alle drei Stücke weisen ein Set einzigartiger Merkmale auf – und entlarven das Tier als echten Sonderling unter den Elasmosauriern.
Mindestens 36 Halswirbel bildeten einen auffallend langen und beweglichen Nacken. Der sogenannte Wirbellängen-Index lag durchweg über 100 – ein typisches Merkmal ursprünglicher Elasmosaurier.
Halswirbel deuten auf überraschende Jagdtechnik hin
Neben seiner schieren Länge fiel der Hals durch eine weitere Besonderheit auf: Die Rippen der Halswirbel zeigten nach vorn – ein anatomisches Detail, das bislang nur bei wenigen südlichen Arten bekannt war. Diese Ausrichtung könnte auf eine spezielle Jagdstrategie hindeuten. Paläontologe F. Robin O’Keefe erklärt: „Die Kombination der Merkmale lässt vermuten, dass Traskasaura sandrae auf seine Beute herabstürzte – vermutlich auf Ammoniten.“
Tatsächlich scheinen die kräftigen, rundlichen Zähne mit markanten Längsrillen perfekt zum Knacken harter Schalen geeignet gewesen zu sein.
Auffällige Schultern: So seltsam gebaut wie kein anderer Plesiosaurier
Besonders überrascht zeigten sich die Forscher vom Schultergürtel des Tiers. Die sogenannte „cardiforme Vertiefung“ am Schulterblatt ist deutlich kleiner und weiter hinten gelegen als bei anderen Elasmosauriern – ein Alleinstellungsmerkmal. Auch der Gelenkansatz des Oberarmknochens war ungewöhnlich: Er stand exakt im 90-Grad-Winkel zur angrenzenden Gelenkfläche.
„So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt O’Keefe. Die Wissenschaftler sehen darin klare Hinweise auf eine eigenständige Entwicklung – unabhängig von südlichen Arten mit ähnlicher Anatomie.

Auch die Herkunftsgeschichte gibt Rätsel auf
Die geologische Schicht, aus der die Fossilien stammen, wurde vor etwa 85 Millionen Jahren unterhalb der Meeresoberfläche abgelagert – in einem sogenannten Vorbogenbecken, das sich damals wohl auf Höhe des heutigen Süd-Oregon befand. Eine Theorie besagt, dass das heutige Vancouver Island später um mehr als 1500 Kilometer nach Norden driftete.
Auch andere Tiere hinterließen Spuren in dieser Region: Neben Traskasaura sandrae fanden Forscher Fossilien von Mosasauriern, Schildkröten und Fischen – sowie zahlreiche Ammoniten und Spuren von Krebstieren.
Fossilien von drei Tieren – doch alle gehören wohl zur selben Art
Die drei bekannten Skelette von Traskasaura sandrae unterscheiden sich in Größe und Erhaltungszustand. Dennoch sind sich die Forscher sicher: Es handelt sich bei allen um dieselbe Art. „Die Haslam-Funde ermöglichen nun eine genauere taxonomische Einordnung, und wir stellen auf dieser Grundlage die Art Traskasaura sandrae auf“, heißt es in der Studie.
Dabei fiel auf: Die Tiere waren in mancher Hinsicht ursprünglich gebaut, in anderen Aspekten aber erstaunlich fortgeschritten – ein seltener Befund, der für sogenannte konvergente Evolution spricht.
Neues Wappentier der Region – mit berührender Widmung
Seit 2023 ist das Skelett offiziell das „Provincial Fossil“ von British Columbia – ein Status, der durch eine öffentliche Abstimmung verliehen wurde. Fast die Hälfte der Stimmen entfiel auf das fossile Meeresreptil. Benannt wurde die Gattung zu Ehren ihrer Entdecker Michael und Heather Trask. Der Artname sandrae erinnert an Sandra Lee O’Keefe, die Frau des Erstautors der Studie – eine „tapfere Kämpferin im Kampf gegen Brustkrebs“, wie es im Nachwort der Studie heißt.
Kurz zusammengefasst:
- Traskasaura sandrae ist eine neu benannte Elasmosaurier-Art, deren Fossilien auf Vancouver Island gefunden wurden und rund 85 Millionen Jahre alt sind.
- Das etwa zwölf Meter lange Tier besaß mindestens 36 Halswirbel und jagte seine Beute vermutlich von oben – anders als viele seiner Verwandten.
- Die Mischung aus ursprünglichen und fortgeschrittenen Merkmalen macht Traskasaura sandrae zu einer einzigartigen Erscheinung innerhalb der Elasmosaurier.
Übrigens: Ebenfalls vor Kurzem haben Forscher herausgefunden, dass der T-Rex ursprünglich aus Asien stammte und erst später nach Nordamerika kam. Seine Vorfahren überquerten vor rund 70 Millionen Jahren eine Landbrücke zwischen Sibirien und Alaska – und veränderten die Nahrungskette für immer. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Robert O. Clark