Bäume allein helfen nicht – Warum Aufforstung den Klimawandel nicht aufhalten kann
Selbst eine Aufforstung größer als Nordamerika reicht laut einer neuen Studie nicht aus, um die CO2-Emissionen der fossilen Industrie auszugleichen.

Viele Aufforstungsprojekte gelten als Hoffnungsträger im Klimawandel – doch ihre Wirkung bleibt begrenzt, wenn die Emissionen weiter steigen. © Pexels
Die Idee, den Klimawandel durch gezielte Aufforstung auszugleichen, wirkt auf den ersten Blick einfach – wer CO2 ausstößt, pflanzt Bäume. Doch eine neue Studie zeigt, dass dieser Ansatz schnell an physische und wirtschaftliche Grenzen stößt: Wenn die 200 größten Energieunternehmen ihre Öl-, Gas- und Kohlereserven vollständig verbrennen würden, entstünden rund 673 Milliarden Tonnen CO2. Um diese Menge zu binden, wären Waldflächen nötig, die größer sind als ganz Nordamerika.
Emissionen übersteigen jeden realistischen Flächenbedarf
Für diesen CO2-Ausgleich müsste fast jede bewohnbare Fläche genutzt werden – auch dort, wo Menschen leben, Nahrung angebaut oder Infrastruktur betrieben wird. Das ist weder praktisch noch vertretbar. Wer bisher dachte, Aufforstung sei die einfachste Lösung gegen die Klimakrise, muss umdenken.
Die Forscher wollten mit diesen Zahlen keine Handlungsempfehlung geben, sondern das Ausmaß sichtbar machen. „Es ist ein Gedankenexperiment“, erklärt Studienautorin Nina L. Friggens von der University of Exeter. „Das ist in keinster Weise etwas, was wir vorschlagen umzusetzen. Es dient dazu, die Größe des Problems darzustellen.“
Aufforstung stößt im Klimawandel an Grenzen – CO2-Ausgleich scheitert auch an Geld
Die Berechnungen zeigen: Selbst wenn Nordamerika komplett aufgeforstet würde – inklusive Städten, Straßen und landwirtschaftlicher Flächen – könnten höchstens 590 Milliarden Tonnen CO2 aufgenommen werden. Das reicht nicht, um die 673 Milliarden Tonnen aus den fossilen Reserven auszugleichen. Und diese Zahl bezieht sich nur auf die größten 200 Konzerne. Würde man alle fossilen Quellen weltweit berücksichtigen, wäre der Ausgleich rechnerisch vollkommen unmöglich.
Neben den Flächen scheitert das Modell auch an der Wirtschaftlichkeit. Die Studie zeigt, dass viele Unternehmen ihren Marktwert verlieren würden, wenn sie die Kosten für den CO2-Ausgleich ehrlich einpreisten. Noch teurer wird es, wenn aufwendige Techniken wie die direkte CO2-Abscheidung aus der Luft zum Einsatz kommen.
„Kurz gesagt ist es ökonomisch billiger, die Förderung fossiler Brennstoffe zu beenden, als sie zu verbrennen und später zu kompensieren“, heißt es in der Studie.
Warum Aufforstung keine verlässliche Lösung ist
Bäume gelten oft als grüne Wunderwaffe im Klimaschutz. Sie sind sichtbar, wachsen vor Ort, binden CO2 und kosten vergleichsweise wenig. Doch sie wachsen langsam, sind empfindlich gegenüber Hitze, Dürre und Schädlingen und brauchen Platz und Wasser.
Durch den Klimawandel steigt das Risiko für Waldbrände und Schädlingsbefall. Wenn Wälder absterben oder brennen, geben sie das gespeicherte CO2 wieder frei. Aus der Lösung wird dann ein zusätzliches Problem.
Die Rechnung geht langfristig nicht auf
Selbst bei schrittweiser Nutzung fossiler Reserven würde der notwendige Platz für Ausgleichsmaßnahmen dauerhaft fehlen. Um alle Emissionen aus fossilen Quellen und der Zementproduktion seit Beginn der Industrialisierung zu kompensieren, müsste über die Hälfte der bewohnbaren Landfläche mit Bäumen bepflanzt werden.
Hinzu kommt: Neue Wälder brauchen viele Jahrzehnte, bis sie ihren vollen CO2-Speichereffekt entfalten. So viel Zeit bleibt im Kampf gegen die Erderwärmung nicht.
Bäume helfen – aber sie sind keine Lösung für alles
Aufforstung kann durchaus helfen – als Teil eines umfassenden Maßnahmenpakets. Doch sie ersetzt nicht die dringend nötige Emissionsvermeidung. Wenn Konzerne weiter fossile Brennstoffe nutzen, in der Hoffnung, diese später durch Wälder auszugleichen, bleibt das Ziel unerreichbar.
Die Forscher raten, sich auf den Ausbau erneuerbarer Energien zu konzentrieren – Wind, Sonne und Stromspeicher. Nur so lässt sich der Temperaturanstieg wirksam bremsen. Aufforstung kann diesen Weg ergänzen, aber nicht ersetzen.
Kurz zusammengefasst:
- Die Aufforstung von Wäldern reicht nicht aus, um die riesigen CO2-Mengen auszugleichen, die bei der Verbrennung fossiler Energieträger entstehen würden – selbst eine Fläche größer als Nordamerika wäre zu klein.
- Ökonomisch wäre es günstiger, die Förderung fossiler Brennstoffe zu beenden, als die Emissionen später teuer durch Bäume oder technische Methoden kompensieren zu wollen.
- Aufforstung kann helfen den Klimawandel abzumildern, doch nur der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien begrenzt die Erderwärmung wirksam.
Übrigens: Auch im Bauwesen steckt überraschend viel CO2-Einsparpotenzial. Ein neues Material mit lebenden Blaualgen speichert Kohlendioxid und härtet sich dabei selbst aus – ganz ohne Zement. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels