Corona-Ursprung endlich geklärt? Immer mehr Hinweise deuten auf ein Tier hin

Neue Untersuchungen legen nahe, dass Marderhunde eine entscheidende Rolle bei der Übertragung des Coronavirus gespielt haben könnten.

Waren Marderhunde Überträger? Auf dem Huanan-Markt in Wuhan entdeckten Forscher genetische Spuren dieser Tiere zusammen mit dem Coronavirus.

Waren Marderhunde Überträger? Auf dem Huanan-Markt in Wuhan entdeckten Forscher genetische Spuren dieser Tiere zusammen mit dem Coronavirus. © Wikimedia

Fünf Jahre nach dem Ausbruch von COVID-19 könnte eine Antwort auf die wohl größte Frage der Pandemie näher rücken: Wie sprang das Coronavirus auf den Menschen über? Immer mehr Hinweise führen zum Huanan-Markt in Wuhan und zu einem Tier, das viele nicht einmal kannten: den Marderhund. Das berichtet Nature. Wissenschaftler sind sich einig, dass das Virus aus der Natur stammt – doch welches Tier war der Zwischenwirt?

Marderhunde als wahrscheinliche Überträger des Coronavirus

„Vieles deutet auf Marderhunde hin“, sagt Kristian Andersen, Evolutionsbiologe am Scripps Research Institute in Kalifornien. Schon früh fiel der Verdacht auf sie. Der Virologe Edward Holmes schrieb bereits am 21. Januar 2020 in einer E-Mail: „Ich wette, es ist der Marderhund.“ Er hatte die Tiere 2014 auf dem Markt in Wuhan gesehen. Die Vermutung ist nicht unbegründet: Schon 2003 wurde das SARS-Virus in Zibetkatzen und Marderhunden auf einem Tiermarkt in Guangdong nachgewiesen. Jetzt könnte sich die Geschichte wiederholen.

Warum fällt der Verdacht gerade auf Marderhunde? Dokumente zeigen, dass auf Wuhans Märkten über Jahre hinweg Wildtiere verkauft wurden, darunter monatlich rund 38 Marderhunde. Auch Amur-Igel, Maskenpalmenroller, Bambusratten und Stachelschweine standen auf den Listen. Im Dezember 2019, als das Virus vermutlich sprang, wurden genau diese Tiere gehandelt. Die geografische Nähe zwischen ersten Infizierten und den Ständen mit lebenden Wildtieren ist kein Zufall, heißt es bei Nature.

Marderhunde: Natürliche Viren-Schleudern

Studien belegen, dass Marderhunde häufig mit verschiedenen Viren infiziert sind, darunter auch das Coronavirus. „Marderhunde sind sehr häufige virale Wirte“, sagt Holmes. Im Gegensatz zu vielen anderen Tieren erkranken sie selbst kaum, können das Virus aber weitergeben. Viele der ersten COVID-19-Patienten hatten direkten Kontakt zum Markt, sei es als Arbeiter oder Besucher. Ist das nur ein Zufall oder ein entscheidender Hinweis? Die Indizien häufen sich.

2023 veröffentlichten chinesische Forscher Genom-Daten von Proben, die im Januar 2020 auf dem Markt gesammelt wurden. Die Analysen zeigen mitochondriale DNA von Marderhunden – genau dort, wo auch Spuren von SARS-CoV-2 gefunden wurden. „Dies ist die Art von Beweismittel, die man erwarten würde …“, sagt Andersen. Noch immer fehlt der letzte Beweis, dass die Tiere tatsächlich infiziert waren. Doch die Indizien sind erdrückend.

Wie kam das Virus nach Wuhan?

Die meisten Wissenschaftler gehen davon aus, dass SARS-CoV-2 ursprünglich von Fledermäusen stammt. Doch die Fledermauskolonien, in denen verwandte Viren entdeckt wurden, liegen über 1.000 Kilometer von Wuhan entfernt. Wie kam das Virus dorthin? Hier kommen Marderhunde und andere Wildtiere ins Spiel. Ihre Lebensräume überlappen sich mit denen der Fledermäuse, und sie werden in großem Stil gehandelt. Ein infizierter Marderhund könnte das Virus mit nach Wuhan gebracht haben.

Eine endgültige Antwort bleibt bislang aus. „Wir müssen bescheiden sein in Bezug auf unsere Fähigkeit vorherzusagen, welche Tierart die COVID-19-Pandemie ausgelöst hat“, warnt die Virologin Marion Koopmans. Untersuchungen, die Licht ins Dunkel bringen könnten, sind politisch blockiert. Die chinesische Regierung erschwert die Forschung, und internationale Wissenschaftler können nur auf bereits vorhandene Daten zugreifen. Hätte man früher mehr getestet, wären viele Fragen heute vielleicht geklärt.

Labor-Hypothese weiter im Raum

Neben der Wildtier-Theorie halten sich Spekulationen über einen Laborunfall in Wuhan. Das Wuhan Institute of Virology forschte an Coronaviren – ein unglücklicher Zufall oder der wahre Ursprung? Wissenschaftler halten dies für weniger wahrscheinlich als den natürlichen Übertragungsweg über Wildtiere. Doch solange China den Zugang zu wichtigen Daten verweigert, bleiben Zweifel bestehen.

Laut Jonathan Pekar, Evolutionsbiologe an der Universität Edinburgh, wurden viele entscheidende Studien nie durchgeführt. „Wenn man früh nachverfolgt hätte, woher die Tiere auf dem Markt kamen und wer mit ihnen in Kontakt stand, hätten wir heute mehr Klarheit.“ Doch durch die anfängliche Panik und politische Zwänge blieb diese Chance ungenutzt. Ohne neue Untersuchungen bleibt der wahre Ursprung des Coronavirus weiter ein Rätsel – und ein Warnsignal für die Zukunft.

Kurz zusammengefasst:

  • Marderhunde könnten eine Schlüsselrolle bei der Übertragung des Coronavirus auf den Menschen gespielt haben. Genetische Spuren dieser Tiere traten zusammen mit SARS-CoV-2 auf dem Huanan-Markt in Wuhan auf.
  • Verkaufsdaten belegen, dass Händler Marderhunde bis kurz vor dem Ausbruch dort anboten. Frühere Forschungen zeigen, dass diese Tiere Coronaviren tragen können, ohne selbst schwer zu erkranken.
  • Einen endgültigen Beweis liefern die bisherigen Untersuchungen nicht, da politische Hürden weitere Forschung erschweren. Viele Wissenschaftler halten den Übertragungsweg über Wildtiere jedoch für wahrscheinlicher als eine Laborherkunft.

Bild: © Inaba19920129 via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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