Die Arktis schmilzt: So wenig Winter-Eis wie noch nie

Das arktische Meereis schrumpft im Winter auf eine Fläche unter dem bisherigen Rekord. Millionen Quadratkilometer sind verschwunden – eine gefährliche Entwicklung.

So wenig arktisches Meereis wie noch nie

Arktisches Meereis schrumpft auf historischen Tiefstand. © Pexels

Ein Blick auf das Nordpolarmeer zeigt ein besorgniserregendes Bild: So wenig arktisches Meereis wie in diesem Winter gab es seit Beginn der Satellitenmessungen nicht. Am 21. März 2025 erreichte die Eisfläche ihr winterliches Maximum – doch dieses lag deutlich unter dem Durchschnitt. Zum ersten Mal seit 1979 war die Ausdehnung im Winter geringer als 14,5 Millionen Quadratkilometer. Ein Minus von über einer Million Quadratkilometern im Vergleich zum langjährigen Mittel (Durchschnitt). Diese Fläche entspricht grob der Größe von Deutschland und Frankreich zusammen – ein drastischer Rückgang, der selbst erfahrene Forscher überrascht.

Wärmer als sonst – und das deutlich

Der jährliche Zyklus des arktischen Eises ist gut bekannt: Im Herbst beginnt es zu wachsen, erreicht im Februar oder März seine größte Fläche und schmilzt dann über den Sommer wieder ab. Doch in diesem Jahr blieb das Eiswachstum ungewöhnlich schwach.

Das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) spricht von einem neuen Negativrekord. Auch das Monatsmittel für März lag mit 14,21 Millionen Quadratkilometern weit unter dem langjährigen Durchschnitt. Nur einmal, im Jahr 2017, war es ähnlich wenig.

Forscher sprechen von „ungewöhnlichen“ Temperaturen

Ein Blick auf die Lufttemperaturen zeigt, wie stark sich die Bedingungen verändert haben. Der Meereisphysiker Dr. Thomas Krumpen vom AWI berichtet: „Einige unserer Eisbojen, die durch die Arktis driften, haben im Januar und Februar zeitweise nur -5 °C über dem Eis gemessen.“ Das sei deutlich wärmer als üblich. Normal wären Werte von rund -19 °C. Im März war es in einigen Regionen bis zu 9 °C wärmer als im Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010. In einigen Gebieten waren es laut Krumpen sogar bis zu 16 °C mehr.

Solche Temperaturabweichungen wirken sich direkt auf das Eiswachstum aus. Bei weniger Kälte entsteht schlicht weniger neues Eis. Besonders in der Barentssee zeigte sich das deutlich: Die Eiskante wanderte nach Norden, das Eis zog sich zurück.

Wind wirbelt alles durcheinander

Doch nicht nur die Temperaturen spielten eine Rolle. Auch der Wind hat kräftig mitgemischt. Über Monate hinweg trieben starke, ablandige Winde das Meereis von der russischen Küste in Richtung zentrale Arktis. In kalten Regionen wie der Laptew- oder Karasee konnte dadurch immerhin neues Eis entstehen. In wärmeren Gebieten wie der Barentssee wurde das Eis jedoch verdrängt.

In der wärmeren Barentssee zog sich die Eiskante im März 2025 weiter nach Norden zurück (rot). In der kälteren Laptew- und Karasee bildete sich dagegen mehr neues Eis als üblich (blau). © Alfred-Wegener-Institut / Meereisportal

„Diese Driftbewegungen sehen wir in den Satellitendaten ganz deutlich“, sagt Krumpen. Die Bewegung des Eises sei ungewöhnlich und könnte langfristige Folgen haben.

Dickes Eis geht verloren – mit Folgen für den Sommer

Besonders besorgniserregend: Viel altes, dickes arktisches Meereis hat die Arktis über die sogenannte Framstraße verlassen – eine Meerenge zwischen Grönland und Spitzbergen. Diese Eisarten gelten als besonders widerstandsfähig gegen die sommerliche Schmelze. Wenn sie fehlen, wird das verbleibende Eis deutlich anfälliger für hohe Temperaturen.

Krumpen warnt: „Einige Hinweise sprechen für eine geringe sommerliche Meereisausdehnung.“ Zwar hänge das Ausmaß der Schmelze auch von Wetter und Strömungen in den kommenden Monaten ab. Doch der Verlust an altem Eis schwäche die Arktis dauerhaft.

Der Rückgang ist kein Einzelfall

Langzeitdaten des Alfred-Wegener-Instituts belegen: Die Fläche des arktischen Meereises im Winter geht seit vier Jahrzehnten stetig zurück. Im Schnitt schrumpft sie pro Jahrzehnt um etwa 2,5 Prozent. Dieser Trend bleibt bestehen – unabhängig von kurzfristigen Schwankungen.

Das arktische Meereis ist damit nicht nur ein Symbol für den Klimawandel, sondern auch ein empfindliches Frühwarnsystem. Und seine Signale werden mit jedem Winter lauter.

Kurz zusammengefasst:

  • Das arktische Meereis hat im März 2025 ein neues Rekordtief erreicht – die maximale Winterausdehnung lag mit 14,45 Millionen Quadratkilometern deutlich unter dem Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010.
  • Besonders milde Temperaturen von bis zu 16 °C über dem Normalwert und starke Winde behinderten die Eisbildung und verschoben die Eiskante nach Norden.
  • Der Verlust von dickem, altem Eis schwächt die Arktis langfristig – seit 40 Jahren schrumpft die Winterfläche des Meereises im Schnitt um 2,5 Prozent pro Jahrzehnt.

Übrigens: KI zeigt erstmals präzise, wo und wie schnell das Eis der Antarktis schmilzt. Die Ergebnisse könnten Klimamodelle und den Küstenschutz grundlegend beeinflussen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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