Neues Leben für ausgediente Bohrinseln: Kann die Nordsee zur grünen Energiequelle werden?
Von Öl zu Öko: Eine revolutionäre Studie will aus ausgedienten Bohrinseln neue Kraftwerke für saubere Energie machen.

Bisher förderten sie nur Öl, jetzt könnten sie Wärme und Strom liefern. Forscher testen, wie stillgelegte Bohrinseln die Energiewende beschleunigen. © Pixabay
Bohrinseln, einst Symbole der fossilen Brennstoffgewinnung, könnten in Zukunft eine völlig neue Rolle übernehmen: Eine aktuelle Studie zeigt, dass stillgelegte Ölplattformen großes Potenzial für saubere Energie bieten. Während sie früher Öl und Gas förderten, könnten sie nun als Quellen für nachhaltige Energie genutzt werden. „Das ist nicht die Handlung eines futuristischen Romans, es passiert gerade jetzt“, berichtet The Cool Down. Die Idee: Durch die Nutzung von Erdwärme könnten Bohrinseln eine neue Funktion als erneuerbare Energiequellen erhalten.
Geothermie statt fossile Brennstoffe
Seit 2022 arbeiten die Unternehmen EnQuest, CeraPhi Energy und das Net Zero Technology Centre (NZTC) daran, herauszufinden, ob die Magnus-Bohrinsel in der Nordsee für Geothermie und CO2-Speicherung genutzt werden kann. Dabei zeigte sich, dass die vorhandenen Bohrlöcher ideale Bedingungen für die Umwandlung von Wärme in Energie bieten. Laut der Studie gilt: Je tiefer das Bohrloch, desto höher die Temperatur und desto besser die geothermische Leistung.
Die untersuchten Bohrlöcher reichen zwischen 2.934 und 3.452 Metern in die Tiefe. In diesen Tiefen werden Temperaturen von bis zu 111 Grad Celsius erreicht. Diese Wärme könnte effizient genutzt werden, um erneuerbare Energie bereitzustellen, die sowohl für den Eigenbedarf als auch für externe Netze nutzbar wäre.
Hohe Energiegewinnung möglich
Die Forscher fanden heraus, dass ein geschlossenes geothermisches System von CeraPhi Energy in jedem Bohrloch bis zu 440 Kilowatt thermische Energie erzeugen könnte. Dies würde eine konstante und nachhaltige Energiequelle schaffen, die über Jahre hinweg genutzt werden könnte.
Zusätzlich gibt es noch eine weitere Energiequelle: das sogenannte „produzierte Wasser“. Dieses heiße Wasser, das bei der früheren Förderung von Öl und Gas entstand, besitzt eine Temperatur von etwa 100 Grad Celsius. Die Untersuchung ergab, dass durch eine spezielle Lösung aus diesem Wasser bis zu 4,5 Megawatt Elektrizität gewonnen werden könnten.
CO2-Reduktion durch saubere Energie
Ein zentraler Vorteil dieser Technologie ist die Verringerung des CO2-Ausstoßes. Die Forscher berechneten, dass pro Megawattstunde sauberer Geothermie 0,653 Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Durch die Nutzung des produzierten Wassers wären jährlich 25.751 Tonnen CO2-Einsparung möglich – ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität.
Großes Potenzial für die Zukunft
Trotz des enormen Potenzials gibt es Herausforderungen. Die Umrüstung alter Bohrinseln auf nachhaltige Energiequellen könnte teuer werden. Zudem sind weitere Untersuchungen notwendig, um das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen. Dennoch zeigt das Projekt, dass Bohrinseln eine Zukunft jenseits der fossilen Brennstoffe haben könnten. Karl Farrow, CEO von CeraPhi Energy, sieht darin eine große Chance:
Wir waren auf dem Mond, jetzt wollen wir zum Mars. Wir haben das Potenzial noch nicht voll ausgeschöpft.
Die Idee, ausgediente Bohrinseln für erneuerbare Energien zu nutzen, könnte ein wichtiger Meilenstein im Übergang zu einer sauberen Energieversorgung sein. Sie zeigen, dass der Wandel von fossilen Brennstoffen hin zu nachhaltiger Energie nicht nur notwendig, sondern auch machbar ist.
Kurz zusammengefasst:
- Stillgelegte Bohrinseln können als Quellen für saubere Energie genutzt werden, indem Geothermie und heißes „produziertes Wasser“ zur Stromerzeugung eingesetzt werden.
- Untersuchungen zeigen, dass tief liegende Bohrlöcher mit Temperaturen bis zu 111 Grad Celsius stabile Energie liefern und pro Jahr bis zu 25.751 Tonnen CO2 einsparen könnten.
- Herausforderungen bleiben die hohen Kosten und weiterer Forschungsbedarf, doch die Möglichkeit, fossile Strukturen für nachhaltige Energie zu nutzen, bietet enormes Potenzial für die Zukunft.
Bild: © Pixabay