Neuer Detektor spürt Produktion von Atomwaffen in Kernreaktoren auf

Wissenschaftler haben einen Detektor entwickelt, der die Produktion von Atomwaffen in einem Kernreaktor nachweisen soll.

Detektor Atomwaffen

Mithilfe eines neuen Detektors könnten Wissenschaftler erkennen, ob ein Reaktor auch zur Herstellung von Atomwaffen verwendet wird (Symbolbild). © Vecteezy

Forscher der University of Sheffield und der University of Hawaii haben einen Detektor entwickelt, der Antineutrinos aus Kernspaltungsreaktoren analysiert. Der Detektor funktioniert auch aus mehreren Kilometern Entfernung und kann sogar erkennen, ob ein Reaktor zur Herstellung von Atomwaffen verwendet wird.

Die Untersuchung wurde im Journal AIP Advances veröffentlicht. Demnach ist der neue Detektor in der Lage, Antineutrinos zu erfassen. Das sind die Antimaterie-Gegenstücke von Neutrinos, nahezu masselosen Teilchen, die bei nuklearen Reaktionen freigesetzt werden. Die Erfassung dieser Partikel kann detaillierte Informationen über den Reaktorbetrieb liefern, etwa über die genutzten Isotope oder den Betriebszyklus des Reaktors.

Diese Informationen könnten uns nicht nur sagen, ob ein Reaktor existiert und welche Betriebszyklen er durchläuft, sondern auch, wie weit entfernt er ist.

Studienautor Stephen Wilson laut EurekAlert

Erfassung von Antimaterie-Teilchen

Wilson und sein Team schlagen vor, den Detektor im Nordosten Englands zu installieren, um Antineutrinos aus Reaktoren in Großbritannien und Nordfrankreich zu erfassen. Der Detektor nutzt dafür die sogenannte Tscherenkow-Strahlung, die entsteht, wenn geladene Teilchen schneller als das Licht in einem Medium reisen. Diese Strahlung verursacht auch das charakteristische blaue Leuchten von Kernreaktoren.

Laut den Forschern sei die Messung der Antineutrinos auch ein Weg, um zu erkennen, ob ein Reaktor nicht nur zur Stromerzeugung, sondern möglicherweise auch zur Herstellung von Material für Nuklearwaffen genutzt wird. Diese Methode aus großer Entfernung Reaktoren zu überwachen, wäre für die internationale Sicherheit von enormer Bedeutung.

Links eine Karte, die die Position des Detektors und die überwachten Reaktoren anzeigt. Rechts eine schematische Darstellung des Detektors; das Design stammt von Jan Boissevain von der University of Pennsylvania. (Quelle: Studie)

Herausforderung durch Hintergrundstrahlung

Problematisch an dieser Methode ist allerdings, dass Antineutrinos auch aus der oberen Atmosphäre oder dem Weltraum stammen und somit die Signale verfälschen können. Dies wäre insbesondere bei weit entfernten Reaktoren problematisch, da hier teilweise nur ein einziges Antineutrino pro Tag erfasst wird. Um dieses Problem zu lösen, plant das Forschungsteam, den Detektor mehr als einen Kilometer unter der Erde in einer Mine zu platzieren. Dies soll dabei helfen, Hintergrundrauschen von anderen Quellen zu reduzieren.

„Die Unterscheidung zwischen diesen Teilchen ist auch eine große Herausforderung für die Analyse, und die Messung eines Energiespektrums kann unpraktisch lange dauern“, sagte Wilson. Dennoch hofft er, dass der Detektor dazu beitragen wird, neue Diskussionen über die Überwachung von Reaktoren durch Antineutrinos anzustoßen.

Wilson zufolge könnten zukünftige Versionen des Detektors auch das Antineutrino-Spektrum von verbrauchtem nuklearen Brennstoff messen. Außerdem erwägt das Forschungsteam, kleinere Detektoren zu entwickeln, die näher an Reaktoren eingesetzt werden könnten.

Übrigens: Mehr zum Thema Neutrinos kann Physiker Harald Lesch auf sehr anschauliche Art und Weise im Video unten erklären:

Harald Lesch erklärt Neutrinos. © Terra X via YouTube

Was du dir merken solltest:

  • Ein Detektor, der Antineutrinos aus Kernspaltungsreaktoren analysiert, kann aus großer Entfernung den Reaktorbetrieb überwachen.
  • Der Detektor könnte dabei helfen, festzustellen, ob ein Reaktor zur Stromerzeugung oder zur Herstellung von Atomwaffen genutzt wird.
  • Ein Problem ist die Unterscheidung der Antineutrinos von anderen Quellen, was durch den unterirdischen Einsatz des Detektors gelöst werden könnte.

Übrigens: Apropos unterirdisch – das Start-up Deep Fission plant, kleine Atomreaktoren1.600 Meter tief in der Erde zu platzieren, um Kernenergie kostengünstiger und sicherer zu machen. Wie das Ganze aussieht, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy

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