Wie gut wir Gerüche wahrnehmen, hängt von unseren Genen ab – und könnte früh auf Alzheimer hinweisen

Wie gut wir riechen können, bestimmt nicht nur die Nase: Der Geruchssinn wird von der Genetik bestimmt – und warnt womöglich früh vor Alzheimer.

Genetik steuert den Geruchssinn – und kann vor Alzheimer warnen

Der Geruchssinn liefert Einblicke in verborgene Prozesse im Körper – und rückt zunehmend in den Fokus der genetischen Forschung. © Pexels

Ob wir Fisch auf Anhieb riechen, Zimt mit Kindheit verbinden oder Ananas gar nicht erkennen – das liegt nicht nur an der Nase, sondern auch an unseren Genen. Eine neue Großstudie der Universität Leipzig lenkt den Blick auf unser Erbgut: Manche Menschen haben für bestimmte Düfte schlicht die besseren genetischen Voraussetzungen. Besonders bei den genannten Gerüchen Ananas, Zimt oder Fisch entscheidet die Genetik darüber, wie gut sie erkannt werden – und ob der Duft überhaupt bewusst wahrgenommen wird.

Über 21.000 Erwachsene nahmen an der bislang größten Genanalyse zum Geruchssinn teil. Die Ergebnisse geben Einblick in einen oft unterschätzten Sinn – und könnten helfen, Krankheiten wie Alzheimer früher zu erkennen.

Genetik beeinflusst Geruchssinn – Unterschiede bei Frauen erkennbar

Alle Teilnehmer durchliefen einen standardisierten Geruchstest und sollten dabei zwölf typische Alltagsdüfte erkennen.

  • Zimt, Orange, Ananas, Fisch, Kaffee
  • Knoblauch, Leder, Lakritz, Rose, Banane, Pfefferminze, Apfel

Anschließend verglich das Forschungsteam ihre Antworten mit genetischen Daten. Die sogenannte Erblichkeit – also wie stark die Gene das Erkennen eines Geruchs beeinflussen – war unterschiedlich. Besonders bei Ananas und Kaffee zeigte sich ein deutlicher Effekt, vor allem bei Frauen.

Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

  • Zehn Genregionen beeinflussen die Fähigkeit, Gerüche zu erkennen
  • Sieben davon waren bislang nicht bekannt
  • Viele befinden sich in der Nähe von Genen, die für Geruchsrezeptoren zuständig sind
  • Einige wirken unterschiedlich bei Frauen und Männern

Die Unterschiede im Erbgut könnten erklären, warum Frauen oft feinere Nasen haben – besonders bei fruchtigen oder würzigen Gerüchen.

Ein Gen entscheidet über die Geruchswahrnehmung von Fisch

Ein einzelnes Gen kann bereits einen spürbaren Unterschied machen. Eine bestimmte Variante im Gen TAAR5 sorgt dafür, dass manche Menschen den typischen Geruch von Fisch deutlich besser wahrnehmen. Gemeint ist dabei nicht ein bestimmter Fisch, sondern der allgemeine Fischgeruch – verursacht durch Trimethylamin (TMA), einen Stoff, der beim Zersetzungsprozess von Fisch entsteht. Menschen mit dieser Genvariante erkennen den Fischgeruch mehr als dreimal so häufig richtig wie andere.

Für die Forscher ein klarer Hinweis: Ob wir einen bestimmten Duft erkennen oder nicht, hängt stark vom individuellen Erbgut ab – ähnlich wie beim Geschmack.

Früher Geruchsverlust kann ein Warnsignal für Alzheimer sein

Ein weiterer zentraler Befund: Menschen mit einem erhöhten genetischen Risiko für Alzheimer verlieren ihren Geruchssinn oft früher.

Franz Förster, Erstautor der Studie, erklärt:

Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Risiko für die Alzheimer-Krankheit und der Fähigkeit, Gerüche zu erkennen. Das verstärkt Hinweise darauf, dass der Geruchssinn, Geschlechtshormone und neurodegenerative Erkrankungen verknüpft sind.

Der Grund könnte in geschädigten Mitochondrien liegen – das sind winzige Zellbestandteile, die Energie liefern. Funktionieren sie im Gehirn nicht mehr richtig, kann auch der Geruchssinn nachlassen. Besonders das Gen TOMM40, das für den Eiweißtransport in diese Zellstrukturen zuständig ist, spielt hier eine Rolle.

Warum Frauen oft besser riechen können

Zwei der entdeckten Genregionen wirkten ausschließlich bei Frauen, eine weitere zeigte geschlechtsspezifisch unterschiedliche Effekte. Die Forscher vermuten, dass Hormone wie Testosteron und Östrogen dabei eine Rolle spielen könnten.

Allerdings: Ein direkter Zusammenhang ließ sich nicht nachweisen. Es gibt Hinweise auf eine indirekte Wirkung über sogenannte Androgen-Rezeptoren. Vor allem bei Frauen fehlen bislang aussagekräftige Daten, um den Einfluss von Östrogen genauer zu bestimmen.

Mehr Daten, mehr Düfte, mehr Diversität

Das Forschungsteam fordert nun breiter angelegte Studien – mit mehr Teilnehmern und einer größeren Auswahl an Gerüchen und Probanden aus verschiedenen Ländern und Kulturen. So ließe sich besser verstehen, welche Rolle der Geruchssinn bei der Entstehung von Krankheiten wie Alzheimer spielt.

Kurz zusammengefasst:

  • Der Geruchssinn wird stark von der Genetik beeinflusst – Forscher fanden zehn relevante Genregionen, sieben davon waren bisher unbekannt.
  • Unterschiede im Erbgut erklären, warum Frauen oft besser riechen können – und warum manche Menschen bestimmte Gerüche wie Fisch deutlicher wahrnehmen.
  • Ein früher Verlust des Geruchssinns kann ein Warnzeichen für Alzheimer sein, da bestimmte Gene mit neurodegenerativen Prozessen im Gehirn in Verbindung stehen.

Übrigens: Schon der Duft von frischem Essen kann das Gehirn in den Sättigungsmodus schalten. Warum dieser Effekt bei übergewichtigen Mäusen plötzlich ausbleibt – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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