Frieren Frauen schneller als Männer? – Zwei Studien zeigen, was im Körper wirklich passiert
Frauen beginnen bei Kälte früher zu zittern als Männer. Studien erklären das mit Muskelmasse, Hormonen und einem gedämpften Kälterezeptor durch Testosteron.
Unterschiedliches Kälteempfinden: Studien zeigen, dass Frauen früher frieren als Männer – auch im höheren Alter. © Pexels
Kalte Hände im Büro, dicke Socken auf dem Sofa, der Griff zur Jacke, während andere noch im T-Shirt dastehen. Besonders Frauen scheinen schneller zu frieren als Männer. Lange galt das als Gefühlssache oder als Frage der Gewöhnung. Zwei Studien geben darauf eine nüchterne, gut messbare Antwort. Sie zeigen: Der Körper reagiert tatsächlich unterschiedlich auf Kälte – und zwar aus klaren biologischen Gründen.
Während viele Frauen schon frösteln, wirken Männer oft unbeeindruckt. Die Forschung macht deutlich, warum das so ist. Frauen beginnen bei niedrigeren Temperaturen früher zu zittern. Bei Männern wiederum dämpft das Hormon Testosteron einen zentralen Kältesensor im Nervensystem. Das Kälteempfinden folgt damit keiner Einbildung, sondern festen körperlichen Regeln.
Wann der Körper aktiv gegen Kälte arbeitet
Eine der Studien hat gezielt untersucht, ab welchem Punkt der menschliche Körper in den „Notbetrieb“ schaltet. Gemeint ist das Zittern. Es entsteht nicht zufällig, sondern ist ein effektiver Mechanismus zur Wärmeerzeugung. Muskeln ziehen sich dabei unwillkürlich zusammen und produzieren zusätzliche Energie.
In dem Experiment wurden Frauen und Männer langsam abgekühlt. Die Temperatur sank schrittweise, bis Messgeräte erstmals Muskelzittern registrierten. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Frauen begannen im Durchschnitt schon bei etwa 11 Grad Celsius zu zittern. Männer hielten bis knapp unter 10 Grad durch. Auch das subjektive Kältegefühl setzte bei Frauen früher ein.
Das Entscheidende daran: Zittern ist kein Gefühl, sondern ein messbarer Reflex. Der Körper signalisiert damit, dass die normale Wärmeproduktion nicht mehr ausreicht. Hier zeigen sich ganz klare Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Warum weniger Muskeln und dünnere Haut Frauen schneller frieren lassen
Ein zentraler Faktor ist die Muskulatur. Muskeln sind das wichtigste Heizsystem des Körpers. Sie erzeugen Wärme nicht nur bei Bewegung, sondern auch im Ruhezustand. Je mehr Muskelmasse vorhanden ist, desto höher fällt diese Grundwärme aus. Männer verfügen im Durchschnitt über rund ein Viertel mehr Muskelmasse als Frauen. Dadurch produzieren sie kontinuierlich mehr Wärme – selbst ohne Aktivität.
Hinzu kommt die Verteilung dieser Muskulatur. Bei Männern sitzt ein größerer Anteil nahe an der Körperoberfläche, etwa in Armen und Schultern. Die entstehende Wärme erreicht Haut und Extremitäten schneller. Bei Frauen liegt mehr Muskelmasse näher am Körperzentrum. Hände und Füße kühlen dadurch rascher aus.
Auch die Haut beeinflusst das Kälteempfinden. Sie wirkt wie eine Isolierschicht zwischen Körperinnerem und Umwelt. Bei Frauen ist sie im Schnitt dünner und stärker durchblutet. Wärme gelangt schneller nach außen und geht dort verloren. Gleichzeitig fördert das Hormon Östrogen die Einlagerung von Fettgewebe. Dieses schützt vor allem die inneren Organe, isoliert aber weniger effektiv an der Oberfläche. Die Haut fühlt sich schneller kühl an, obwohl die Körperkerntemperatur stabil bleibt.
Zusammengenommen entsteht ein doppelter Effekt: Frauen produzieren im Ruhezustand weniger Wärme und verlieren sie an der Oberfläche schneller. Das erklärt, warum sie früher frieren – selbst dann, wenn Kleidung und Umgebung eigentlich ausreichend erscheinen.
Ein Hormon verändert, wie stark Kälte ankommt
Die zweite Studie geht einen Schritt weiter und schaut direkt ins Nervensystem. Im Mittelpunkt steht ein spezieller Kälterezeptor namens TRPM8. Er sitzt in sensiblen Hautnerven und reagiert auf milde Kälte – und auch auf Stoffe wie Menthol.
Die Forscher zeigen: Testosteron kann diesen Rezeptor gezielt bremsen. Das Hormon bindet an einen Androgenrezeptor direkt an der Oberfläche der Nervenzelle. Dort blockiert es den TRPM8-Rezeptor. Das Kältesignal wird abgeschwächt, noch bevor es das Gehirn erreicht.
Dieser Effekt tritt schnell ein, innerhalb von Sekunden. Sinkt der Testosteronspiegel, reagiert derselbe Kältereiz deutlich stärker. Genau das beobachteten die Wissenschaftler in Tierversuchen: Bei niedrigen Hormonwerten stieg die Kälteempfindlichkeit, bei höheren nahm sie wieder ab.
Was im Körper entscheidet, wer schneller friert
Männer empfinden Kälte im Winter oft weniger stark als Frauen. Mit zunehmendem Alter verändert sich dieses Bild. Sinkende Testosteronwerte und der Verlust an Muskelmasse verringern die Wärmeproduktion des Körpers. Kälte wird dadurch schneller spürbar.
Weitere Faktoren verstärken das Kälteempfinden:
- Schlafmangel belastet den Organismus. Die Haut wird schlechter durchblutet, Hände und Füße kühlen schneller aus.
- Alkohol erweitert die Blutgefäße. Das sorgt kurz für Wärme, beschleunigt aber den Wärmeverlust.
- Körpergröße und -bau beeinflussen die Abgabe von Wärme. Kleinere Menschen verlieren relativ mehr Energie über die Körperoberfläche.
Kurz zusammengefasst:
- Frauen beginnen bei Kälte früher zu zittern als Männer, weil sie im Durchschnitt weniger Muskelmasse haben und Wärme schneller über die Haut verlieren; Zittern ist dabei ein messbarer Reflex zur Wärmeerzeugung.
- Testosteron dämpft bei Männern einen zentralen Kälterezeptor (TRPM8) in den Hautnerven, sodass Kältesignale abgeschwächt im Gehirn ankommen und Kälte weniger stark wahrgenommen wird.
- Kälteempfinden folgt klaren biologischen Regeln: Muskelmasse bestimmt die Wärmeproduktion, Hormone beeinflussen die Wahrnehmung, und Faktoren wie Alter, Schlafmangel oder Alkohol verstärken das Frieren zusätzlich.
Übrigens: So wie beim Frieren reagieren Körper von Frauen und Männern auch beim Essen unterschiedlich – selbst bei gleichem Ernährungsplan arbeiten die Muskeln verschieden und beeinflussen Blutzucker und Gewicht. Mehr dazu in unserem Artikel.
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