Boliviens Lithium-Schatz könnte zum Umweltproblem werden – Forscher warnen vor extremem Arsenwerten

Bolivien sitzt auf dem größten Vorkommen an Lithium der Welt, doch der Abbau hätte laut Forschern giftige Nebenwirkungen für die Umwelt.

Sollte der Abbau von Lithium am Salar de Uyuni in Bolivien im großen Stil beginnen, könnte dies den dort lebenden Flamingos einen schweren Schlag versetzen. © Unsplash

Sollte der Abbau von Lithium am Salar de Uyuni in Bolivien im großen Stil beginnen, könnte dies den dort lebenden Flamingos einen schweren Schlag versetzen. © Unsplash

Im Salar de Uyuni in Bolivien liegt das größte bekannte Lithiumvorkommen der Welt: Dort, unter der trockenen Salzkruste, verbirgt sich eine riesige Menge an lithiumhaltiger Sole. Wissenschaftler der Duke University haben erstmals die chemische Zusammensetzung der Abwässer aus einer Pilotförderanlage untersucht, um mögliche Umweltgefahren zu identifizieren.

Hohe Arsenwerte in Verdunstungsbecken

Lithium wird aus der Sole gewonnen, indem sie aus dem Untergrund in Verdunstungsbecken gepumpt wird. Während der Flüssigkeitsanteil verdunstet, steigt die Konzentration von Lithium und anderen gelösten Stoffen. Gleichzeitig kristallisieren unerwünschte Salze aus. 

Die Forscher analysierten Proben aus acht Verdunstungsbecken sowie aus dem natürlichen Untergrund. Besonders alarmierend sind die stark erhöhten Arsenwerte. Während die natürliche Sole Arsenkonzentrationen zwischen 1 und 9 ppm aufweist, erreichte das letzte Becken fast 50 ppm – das ist 1.400-mal höher als der von der US-Umweltbehörde als ökologisch akzeptabel eingestufte Wert.

Gefahr für Tiere und Umwelt

Hohe Arsenkonzentrationen können schwerwiegende Folgen für die Umwelt haben. Besonders betroffen sind Flamingos, die sich von Salinenkrebsen ernähren. Diese kleinen Krebse reagieren bereits auf Arsenwerte über 8 ppm empfindlich. Da die Werte in den Verdunstungsbecken um ein Vielfaches höher sind, besteht die Gefahr, dass sich das Gift in der Nahrungskette anreichert.

„Diese Arsenwerte sind extrem hoch“, sagt Avner Vengosh von der Duke University. Sein Team hat bereits weltweit Messungen durchgeführt, dabei aber selten solch extreme Werte beobachtet. Neben Arsen fanden die Forscher auch steigende Konzentrationen von Bor in den Verdunstungsbecken. Bor kann je nach Form der Aufnahme gesundheitliche Auswirkungen haben. Im Gegensatz dazu enthielt das Abwasser der Lithiumverarbeitungsanlage vergleichsweise geringere Mengen an Bor und Arsen – in einigen Fällen sogar weniger als die ursprüngliche natürliche Sole.

Absenkung des Grundwasserspiegels und Landabsenkungen

Neben der chemischen Belastung gibt es ein weiteres Problem, nämlich den Wasserhaushalt der Region. Frühere Studien haben gezeigt, dass langfristiger Lithium-Abbau in Salzwüsten wie dem Salar de Atacama in Chile zu sinkenden Grundwasserspiegeln und Landabsenkungen führen kann. Diese Entwicklungen könnten sich auch am Salar de Uyuni wiederholen.

Der Abbau von Lithium erfordert enorme Wassermengen, da die Verdunstungsbecken dem lokalen Wasserkreislauf große Mengen an Flüssigkeit entziehen. Diese Verdunstung wird nicht vollständig durch Regenfälle ausgeglichen, wodurch die unterirdischen Wasserreserven langfristig erschöpft werden könnten. 

Einleitung von Abwasser – Lösung oder neues Problem?

Einige Unternehmen erwägen, die verbrauchte Sole oder Abwässer aus der Verarbeitung wieder in die Lagerstätte einzuleiten, um diesen Effekten entgegenzuwirken. Die Wissenschaftler untersuchten zwei Methoden hierfür – und beide Ansätze könnten problematische Nebeneffekte haben: 

  • Eine direkte Rückführung der verbrauchten Sole in das Reservoir könnte den natürlichen Solefluss stören und das Abpumpen erschweren.
  • Die Einleitung von Abwasser aus der Verarbeitung könnte die Lithiumkonzentration in der Lagerstätte verdünnen, was die Effizienz des Abbaus beeinträchtigen würde.

Eine mögliche Lösung wäre eine gezielte Mischung von verbrauchter Sole mit Abwasser, um ein chemisches Gleichgewicht mit der natürlichen Sole zu erreichen. Laut Gordon Williams von der Duke University sollen zukünftige Studien diese Strategie genauer untersuchen.

Die geochemischen Ursprünge des Lithiums

Neben den unmittelbaren Umweltfolgen interessiert die Forscher auch, warum der Salar de Uyuni so hohe Lithiumkonzentrationen aufweist. Die Wissenschaftler arbeiten derzeit an einem geochemischen Modell, um die Herkunft des Metalls und die Prozesse, die zu seiner Anreicherung führen, besser zu verstehen.

Zusätzlich untersucht ein weiteres Team der Duke University die Auswirkungen des Lithium-Abbaus auf indigene Gemeinschaften in der Region. Viele Einheimische sind auf das Wasser aus den unterirdischen Quellen angewiesen. Eine großflächige Förderung könnte ihren Zugang zu sauberem Wasser gefährden.

„Wir sehen Lithium als die Zukunft für die Energiesicherheit, daher versuchen wir, es aus verschiedenen Blickwinkeln zu analysieren, um eine nachhaltige Entwicklung und Versorgung zu gewährleisten“, sagte Vengosh.

Kurz zusammengefasst:

  • Der Salar de Uyuni in Bolivien enthält das weltweit größte bekannte Vorkommen an Lithium, doch dessen Abbau bringt hohe Umweltgefahren mit sich.
  • Forscher der Duke University entdeckten extrem hohe Arsenwerte in den Verdunstungsbecken, was Tiere und Menschen gefährden könnte.
  • Neben chemischer Belastung bedroht der Lithium-Abbau den Grundwasserspiegel – Wissenschaftler warnen vor irreversiblen Schäden.

Bild: © Unsplash

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