Falscher Alarm im All – Hubble verwechselte riesige Staubwolke mit Planeten

Bei dem Stern Fomalhaut entpuppte sich ein vermeintlicher Planet als Staubwolke nach einer Kollision. Hubble-Daten korrigieren den Befund.

Bei dem Stern Fomalhaut entpuppte sich ein vermeintlicher Planet als Staubwolke nach einer Kollision. Hubble-Daten korrigieren den Befund.

Künstlerische Darstellung einer Kollision zweier Planetesimale im jungen, sich entwickelnden Planetensystem Fomalhaut. © Thomas Müller (HdA/MPIA)

Ein vermeintlicher Planet, über Jahre beobachtet und diskutiert, entpuppte sich als Irrtum. Bei Fomalhaut führte eine Kollision zweier großer Gesteinskörper zu einem Signal, das Astronomen zunächst für einen neuen Himmelskörper hielten. Der Fall betrifft mehr als einen einzelnen Stern. Er macht deutlich, wie leicht selbst moderne Teleskope in die Irre führen können. Und er zeigt, warum die Suche nach fernen Welten komplex bleibt.

Der Stern Fomalhaut ist mit bloßem Auge sichtbar und liegt rund 25 Lichtjahre von der Erde entfernt. Um ihn ziehen breite Ringe aus Staub und Gestein. Aktuelle Beobachtungen des Hubble-Weltraumteleskops zeigen dort nicht nur einen, sondern gleich zwei helle Lichtpunkte. Beide erschienen fast an derselben Stelle – mit einem zeitlichen Abstand von etwa 20 Jahren.

Warum eine Kollision bei Fomalhaut wie ein Exoplanet wirkte

Schon 2008 meldete Hubble einen möglichen Exoplaneten bei Fomalhaut. Das Objekt erhielt den Namen Fomalhaut b. Später stellte sich heraus, dass es kein fester Himmelskörper war. Stattdessen handelte es sich um eine wachsende Staubwolke. Sie entstand nach dem Zusammenstoß zweier großer Gesteinsbrocken.

In neu ausgewerteten Daten tauchte nun ein zweites, sehr ähnliches Signal auf. Auch dieses Objekt erschien plötzlich. In früheren Aufnahmen fehlte es vollständig. Der Eindruck eines weiteren Planeten lag erneut nahe.

An der Auswertung beteiligten sich unter anderem Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astronomie. Sie prüften die Messungen unabhängig. Ihr Ergebnis war eindeutig. Beide Lichtpunkte sind keine Planeten. Paul Kalas von der University of California in Berkeley beschreibt den Moment so: „Zum ersten Mal habe ich gesehen, wie ein Lichtpunkt aus dem Nichts in einem extrasolaren Planetensystem auftaucht.“ Für ihn war schnell klar, dass hier eine massive Kollision stattgefunden hatte.

Kollision im System Fomalhaut stellen gängige Modelle infrage

Modelle zur Entstehung von Planetensystemen gehen von sehr seltenen Zusammenstößen dieser Größenordnung aus. Erwartet wird etwa ein Ereignis alle 100.000 Jahre. Im System von Fomalhaut traten jedoch gleich zwei innerhalb von nur zwei Jahrzehnten auf. Das sorgt in der Fachwelt für Erstaunen.

Hinzu kommt die Lage der Staubwolken. Beide befinden sich ungewöhnlich nah beieinander. Sie liegen am inneren Rand eines äußeren Trümmerrings. Das passt nicht zu bisherigen Erwartungen.

Die zerstörten Körper hatten einen Durchmesser von rund 60 Kilometern. Solche Planetesimale gelten als wichtige Bausteine von Planeten. Hochrechnungen zufolge könnten im System von Fomalhaut etwa 300 Millionen solcher Objekte existieren. Ihre Zusammenstöße setzen große Mengen feinen Staubs frei. Dieser reflektiert Sternenlicht – und wirkt dadurch wie ein Planet.

Diese zusammengesetzte Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops zeigt den Trümmerring und die Staubwolken cs1 und cs2 um den Stern Fomalhaut. Der Stern selbst wurde abgedeckt, damit die schwächeren Strukturen sichtbar werden. Seine Position ist durch den weißen Stern markiert. © NASA, ESA, Paul Kalas (UC Berkeley); Image Processing: Joseph DePasquale (STScI)
Diese zusammengesetzte Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops zeigt den Trümmerring und die Staubwolken cs1 und cs2 um den Stern Fomalhaut. Der Stern selbst wurde abgedeckt, damit die schwächeren Strukturen sichtbar werden. Seine Position ist durch den weißen Stern markiert. © NASA, ESA, Paul Kalas (UC Berkeley); Image Processing: Joseph DePasquale (STScI)

Staubwolken können jahrelang wie Planeten wirken

Die Staubteilchen sind extrem klein. Viele messen weniger als drei Mikrometer. Sie reagieren stark auf den Strahlungsdruck des Sterns. Dadurch verändern sich ihre Position, ihre Helligkeit und ihre Form. Über Jahre hinweg kann eine solche Wolke stabil erscheinen. Erst später verblasst sie oder dehnt sich sichtbar aus.

Kalas warnt deshalb vor Fehlinterpretationen bei der Suche nach fernen Welten. „Fomalhaut cs2 sieht genauso aus wie ein Exoplanet, der Sternenlicht reflektiert“, sagt er. Aus der Analyse des ersten Signals habe das Team gelernt, „dass eine große Staubwolke jahrelang wie ein Planet wirken kann“. Für künftige Missionen bedeute das vor allem eines: Beobachtungen müssen sorgfältig eingeordnet und über lange Zeiträume abgesichert werden.

Für die Exoplanetenforschung ergeben sich daraus konkrete Lehren:

  • Helle Lichtpunkte sind kein sicherer Planetennachweis.
  • Langzeitbeobachtungen bleiben unverzichtbar.
  • Staub und Trümmer müssen stärker in Auswertungen einbezogen werden.

Kollisionen geben Einblick in junge Planetensysteme

Solche Zusammenstöße liefern zugleich wertvolle Hinweise auf die Frühphase von Planetensystemen. Auch unser junges Sonnensystem erlebte eine Zeit heftiger Einschläge. Asteroiden trafen Erde und Mond. Heute lassen sich diese Prozesse kaum noch direkt beobachten. Junge Systeme wie Fomalhaut bilden hier eine seltene Ausnahme.

Mark Wyatt von der University of Cambridge bezeichnet das System als „natürliches Labor“. Die Daten erlauben Rückschlüsse auf Größe und Anzahl kollidierender Körper. Solche Informationen sind schwer zu gewinnen, da Trümmer schnell zerfallen oder aus dem Blickfeld verschwinden. Die gemessenen Staubmengen übertreffen bekannte Asteroidenkollisionen im Sonnensystem um ein Vielfaches.

Langzeitbeobachtungen sollen Klarheit bringen

Das Forschungsteam erhielt zusätzliche Beobachtungszeit mit Hubble, um die zweite Staubwolke weiter zu verfolgen. Über mehrere Jahre soll geprüft werden, ob sie verblasst oder heller wird. Da sie näher an einem Staubgürtel liegt, könnte sie weiteres Material aufnehmen. In diesem Fall würde die Region zeitweise stärker aufleuchten.

Ergänzend kommt das James-Webb-Weltraumteleskop zum Einsatz. Sein Infrarotinstrument kann die Zusammensetzung der Staubpartikel untersuchen. Auch Hinweise auf Wassereis gelten als möglich. Gemeinsam liefern beide Teleskope ein deutlich vollständigeres Bild des Systems als bisher.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein vermeintlicher Exoplanet bei dem Stern Fomalhaut war in Wirklichkeit das Ergebnis einer gewaltigen Kollision, bei der zwei rund 60 Kilometer große Gesteinskörper zerbrachen und eine helle Staubwolke erzeugten, die jahrelang wie ein Planet wirkte.
  • Die Beobachtung zeigt, wie leicht moderne Teleskope getäuscht werden können, da feiner Staub Sternenlicht reflektiert und dadurch stabile Lichtpunkte erzeugt, obwohl kein fester Himmelskörper existiert.
  • Für die Exoplanetenforschung bedeutet das einen wichtigen Lernschritt, weil nur langfristige Beobachtungen und genaue Analysen helfen, echte Planeten von kurzlebigen Trümmerwolken zuverlässig zu unterscheiden.

Übrigens: Auf der ISS navigiert erstmals ein Roboter mithilfe von KI selbstständig durch die Module und entlastet die Crew bei Routinearbeiten. Wie das System funktioniert und warum es für künftige Missionen entscheidend sein könnte – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Thomas Müller (HdA/MPIA)

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