Teile der Sahara waren einst grün – Riesige Kraterseen zeugen von radikalem Klimawandel

Vor 9.500 Jahren rauschte Regen über die Sahara und füllte Krater zu riesigen Seen. Die Spuren im Tibesti-Gebirge liefern heute ein Warnsignal für unsere Klimazukunft.

Blick in den Era-Kohor-Subkrater des Emi Koussi, dem höchsten Berg der Sahara: Auf dem Boden liegen helle Salzkrusten, Überreste eines prähistorischen Kratersees.

Sedimente im Era-Kohor-Subkrater des 3.415 Meter hohen Emi Koussi belegen: In der Sahara existierten vor 9.500 Jahren über 5.000 Jahre lang Kraterseen. Auf dem Kraterboden liegen noch heute Salzkrusten – Überreste eines ehemaligen Sees. © Stefan Kröpelin/Uni Köln

Wo heute eine der trockensten Regionen der Erde liegt, herrschte einst ein völlig anderes Klima: Vor rund 9.500 Jahren verwandelten ungewöhnlich starke Regenfälle Teile der Sahara in eine Seenlandschaft. In den tiefen Kratern des Tibesti-Gebirges im Norden des heutigen Tschad sammelte sich das Wasser und bildete stabile Kraterseen, die über mehr als 5.000 Jahre hinweg Bestand hatten. Sedimente aus diesen Kratern belegen heute eindrucksvoll, wie radikal und dauerhaft sich die Lebensbedingungen in der größten Wüste der Welt verändert haben.

Ein Forschungsteam der Freien Universität Berlin und des Max-Planck-Instituts für Meteorologie hat nun in einer neuen Studie entschlüsselt, wie dieses seltene Klimaereignis zustande kam.

Kraterseen mitten in der Wüste

Im Fokus der Untersuchung standen zwei Krater:

  • Trou au Natron im Norden des Gebirges
  • Era Kohor im Süden, innerhalb der Gipfelcaldera des 3.415 Meter hohen Emi Koussi, des höchsten Berges der Sahara

Heute wirken beide Orte lebensfeindlich. Doch um das Jahr 7500 v. Chr. füllten sie sich mit Wasser – und blieben über Jahrtausende hinweg bestehen.

Die Modellrechnungen zeigen:

  • Im Trou au Natron fielen bis zu 1.960 Millimeter Regen pro Jahr
  • Im Era Kohor mehr als 500 Millimeter

Zum Vergleich: Heute liegen die Werte dort bei unter 100 Millimetern jährlich.

Mittelmeer statt Monsun

Anders als lange vermutet, war nicht der westafrikanische Monsun die Ursache für diese Feuchtphase. Die Niederschläge kamen vielmehr aus dem Mittelmeerraum. Feuchte Luftmassen zogen von Nordosten in Richtung Tibesti-Gebirge.

Dort stiegen sie an den steilen Hängen auf – ein Effekt, den Meteorologen orographische Hebung nennen. An genau diesen Stellen kühlte die Luft ab und regnete sich ab. Die Gebirgstopografie wirkte wie ein Verstärker.

Gebirge als Klimamotoren – auch in Europa

Das Tibesti-Gebirge prägt damit nicht nur die Sahara, sondern auch unser Verständnis von regionalem Klima. Die Forscher simulierten die Bedingungen mit hochauflösenden Klimamodellen und stellten fest: Während großflächige Klimamodelle solche Effekte kaum erfassen, kann ein Gebirge wie das Tibesti das lokale Klima regelrecht umkrempeln.

Ein Vergleich mit den Alpen macht die Dimension greifbar: Auch dort stauen sich Luftmassen und bringen Regionen wie dem Alpenvorland besonders viel Regen. Ähnlich verstärkte das Tibesti damals die Niederschläge inmitten der Sahara – mit Folgen, die ganze Landschaften verwandelten.

Spuren im Sediment

Um die Modelle zu überprüfen, untersuchte das Team Seesedimente aus beiden Kratern.

Die Isotopenzusammensetzung (Sauerstoff und Kohlenstoff) erlaubte klare Rückschlüsse:

  • Der Trou au Natron hatte eine positive Wasserbilanz von rund +580 Millimetern pro Jahr – ausreichend für einen dauerhaften See.
  • Der Era Kohor dagegen war auf Zufuhr durch Grundwasser angewiesen, um nicht auszutrocknen.

Die Sedimente gelten als Gedächtnis des Klimas und belegen, dass die Seen über mindestens 5.000 Jahre stabil blieben – eine außergewöhnlich lange Zeitspanne inmitten der Sahara.

Doch die Feuchtphase war endlich. Als sich die großräumigen Wettermuster verschoben und der Zustrom feuchter Luftmassen aus dem Mittelmeer nachließ, versiegte auch der Regen im Tibesti. Ohne ständige Niederschläge und Grundwasserzufuhr trockneten die Kraterseen langsam aus; übrig blieben Salzkrusten und Sedimente – stille Zeugen einer Zeit, in der es in der Sahara für Jahrtausende Wasser gab statt nur Sand.

Sahara-Seen als Warnsignal für künftige Extremwetter

Die Studienergebnisse haben weit über die Sahara hinaus Bedeutung. Sie zeigen, dass regionale Klimaeffekte bislang unterschätzt wurden – mit Folgen für unser heutiges Verständnis von Extremwetter. Was vor rund 9.500 Jahren im Tibesti-Gebirge geschah, liefert Hinweise darauf, wie sich Klimaschwankungen auch heute stärker auswirken können, als viele Modelle vorhersagen. Die Analyse liefert daher wichtige Lehren für aktuelle Klimafragen:

  • Klimamodelle verbessern: Globale Modelle unterschätzen bislang regionale Verstärkungseffekte. Das bedeutet, Extremwetter wie Starkregen oder Dürren könnten heute in bestimmten Regionen heftiger sein, als viele Prognosen vermuten lassen.
  • Dynamik des Klimas: Dass selbst die Sahara innerhalb weniger Jahrtausende von einer grünen Landschaft zur Wüste wurde, zeigt, wie schnell und radikal sich Klima ändern kann.
  • Globale Relevanz: Ähnliche Mechanismen wirken auch in Gebirgen wie den Alpen oder dem Atlas. Das ist für die Wasserwirtschaft und Landwirtschaft entscheidend – von Europa bis Afrika.

Kurz zusammengefasst:

  • Vor rund 9.500 Jahren verwandelten ungewöhnlich starke Regenfälle das Tibesti-Gebirge in der Sahara in eine Landschaft mit tiefen Kraterseen, die über 5.000 Jahre Bestand hatten.
  • Anders als lange vermutet, kam das Wasser nicht vom Monsun, sondern von feuchten Luftmassen aus dem Mittelmeer, die durch die Gebirgshänge verstärkt abregneten.
  • Die Studie zeigt: Regionale Gebirge können Klimaextreme stark beeinflussen – eine Erkenntnis, die auch für heutige Klimafragen wie Starkregen, Dürren und Wasserwirtschaft entscheidend ist.

Übrigens: Der Mensch verließ Afrika nicht beim ersten Versuch – viele frühere Auswanderungen scheiterten. Erst vor rund 50.000 Jahren gelang der Sprung, weil unsere Vorfahren gelernt hatten, selbst in extrem unterschiedlichen Lebensräumen zu überleben. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Stefan Kröpelin/Uni Köln

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