Geheimnis gelüftet: Drohnen filmen erstmals, wie Narwale ihre Stoßzähne wirklich nutzen
Forscher filmen, wie Narwale ihre Stoßzähne nutzen – zur Jagd, zur Erkundung und zum Spielen. Drohnen fangen faszinierende Details ein.
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Der Narwal mit seinem markanten, spiralförmigen Stoßzahn gehört zu den rätselhaftesten Tieren der Arktis. © O’Corry-Crowe, FAU/Watt, DFO
Der Narwal, oft als „Einhorn der Meere“ bezeichnet, gibt Forschern seit langem Rätsel auf. Sein langer, spiralförmiger Stoßzahn, eigentlich ein verlängerter Zahn, wurde lange als Statussymbol im Tierreich betrachtet. Doch jetzt beweist eine neue Studie der Florida Atlantic University: Arktische Narwale nutzen ihre Stoßzähne für weit mehr als nur zur Schaustellung.
Drohnen lüften Geheimnis: Narwale nutzen ihre Stoßzähne gezielt – mehr als nur Schmuck
Bisher konnte kaum jemand beobachten, wie Narwale ihre Stoßzähne tatsächlich verwenden. Die Tiere leben verborgen in den eisigen Gewässern der Arktis, tauchen tief und meiden Boote. Jetzt haben Forscher mithilfe von Drohnen erstmals genau dokumentiert, wie Narwale ihre Stoßzähne einsetzen – und die Ergebnisse überraschen selbst Experten.
Die Kameraaufnahmen enthüllen: Narwale nutzen ihre Stoßzähne gezielt zur Jagd, zum Erkunden ihrer Umgebung und sogar zum Spielen.
In der Studie beobachteten die Wissenschaftler 17 verschiedene Verhaltensweisen der Tiere. Besonders eindrucksvoll: Die Narwale setzten ihre Stoßzähne ein, um arktische Saiblinge (Salvelinus alpinus) zu betäuben. Mit gezielten Stößen versetzten sie den Fischen einen Schlag, der sie kurzzeitig bewegungsunfähig machte – ein Verhalten, das zuvor nie dokumentiert wurde.
Narwale lenken ihre Beute
Neben der Jagd zeigten die Drohnenbilder noch ein weiteres Verhalten: Manche Narwale schienen ihre Stoßzähne zu nutzen, um Fische zu dirigieren. Sie stupsten die Beute sanft an, lenkten sie in eine Richtung, hielten sie in Bewegung. Ein Verhalten, das an das Treiben von Fischschwärmen erinnert.
Forscher sahen auch, wie mehrere Tiere sich Fische gegenseitig streitig machten, indem sie versuchten, sich den besten Fang zu sichern.
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Überraschende Begegnungen mit Möwen
Ein ungewöhnliches Detail der Aufnahmen: Während Narwale jagten, lauerten Eismöwen über der Wasseroberfläche. Sobald die Wale ihre Beute betäubt hatten, stürzten sich die Vögel herab und entrissen ihnen die Fische direkt vor der Schnauze.
Greg O’Corry-Crowe, der die Studie leitete, beschreibt das Phänomen so: „Unsere Aufnahmen zeigen erstmals, dass Narwale in ein komplexes Wechselspiel mit ihrer Umwelt verwickelt sind.“
Spielen, Erkunden, Lernen – mehr als nur Überleben
Eine der überraschendsten Erkenntnisse der Studie ist, dass Narwale scheinbar aus Neugier mit ihren Stoßzähnen spielen. Sie manipulierten Objekte, berührten sich gegenseitig und schienen in einigen Situationen regelrecht zu experimentieren.
„Ich studiere Narwale seit über einem Jahrzehnt und habe ihre Stoßzähne immer bewundert“, sagt Mitautorin Cortney Watt. „Sie bei der Nahrungssuche und beim Spielen zu beobachten, ist bemerkenswert.“
Diese Beobachtung könnte weitreichende Folgen haben: Forscher vermuten nun, dass Narwale ein ausgeprägtes soziales Lernverhalten besitzen. Ihre Stoßzähne dienen möglicherweise nicht nur als Werkzeug, sondern auch als Kommunikationsmittel untereinander.
Drohnen liefern einzigartige Einblicke in das Verhalten der Tiere
Der Durchbruch dieser Forschung wäre ohne moderne Technologie nicht möglich gewesen. Der Einsatz von Drohnen ermöglichte es, die Narwale aus der Luft zu filmen – ohne sie zu stören.
„Drohnen geben uns eine völlig neue Perspektive“, so O’Corry-Crowe. „Wir sehen Verhaltensweisen, die uns vorher verborgen blieben.“
Kurz zusammengefasst:
- Narwale nutzen ihre Stoßzähne nicht nur zur Schaustellung, sondern gezielt zur Jagd, zur Erkundung ihrer Umgebung und zum Spielen.
- Drohnenaufnahmen zeigen erstmals, dass sie Fische mit präzisen Stößen betäuben, ihre Beute lenken und sogar spielerische Interaktionen mit Objekten und Artgenossen haben.
- Die Studie liefert neue Erkenntnisse über das Sozialverhalten der Tiere und offenbart überraschende Wechselwirkungen mit anderen Meeresbewohnern, darunter Fische und Eismöwen.
Bild: © O’Corry-Crowe, FAU/Watt, DFO