Digitaler Zwilling: So sieht unser Wald in 100 Jahren aus

Waldbrände und Borkenkäfer bedrohen unsere Wälder. Das Simulationsmodell iLand der TU München zeigt, welche Baumarten überleben könnten.

iLand erstellt einen digitalen Zwilling des Waldes. So können Forscher die Zukunft von Wäldern modellieren und klimarobuste Strategien entwickeln. © Pexels

iLand erstellt einen digitalen Zwilling des Waldes. So können Forscher die Zukunft von Wäldern modellieren und klimarobuste Strategien entwickeln. © Pexels

Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben mit iLand ein wegweisendes Simulationsmodell entwickelt, das die Zukunft von Wäldern mit beeindruckender Präzision vorhersagen soll. Das Besondere daran: Das Modell kann große Waldflächen von bis zu 100.000 Hektar bis auf den Einzelbaum genau abbilden und langfristige Entwicklungen unter verschiedenen Klimaszenarien berechnen. Mit iLand entsteht ein „digitaler Zwilling“, der detaillierte Einblicke in ökologische Zusammenhänge zum Thema Wald ermöglicht.

Der Wald von morgen beginnt heute

Die Auswirkungen des Klimawandels auf Wälder sind enorm. Professor Rupert Seidl, Experte für Ökosystemdynamik und Waldmanagement, betont:

Die Waldbestände von heute sind nicht optimal an das zukünftige Klima angepasst.

Faktoren wie Wassermangel, Schädlingsbefall und Extremereignisse könnten viele Bäume in den kommenden Jahrzehnten an ihre Belastungsgrenzen bringen. Strategien wie die gezielte Auswahl von Baumarten bei der Wiederaufforstung sollen helfen, den Wald zukunftsfähiger zu machen.

Die große Herausforderung besteht darin, vorherzusagen, welche Baumarten in zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren den Wald klimarobust machen könnten. Laut Seidl reichen klassische Experimente oft nicht aus, da sie nur einen kurzen Zeitraum betrachten. Genau das ist aber erforderlich, um den Wald der Zukunft schon heute zu gestalten.

Digitale Zwillinge für präzise Vorhersagen

Hier setzt das iLand-Modell an. Es erstellt digitale Zwillinge von Wäldern, die realitätsgetreu nachgebildet werden. Dabei simuliert die Software nicht nur das Wachstum der Bäume, sondern auch ihre Interaktion mit Nachbarn und äußeren Einflüssen wie Borkenkäfern, Waldbränden oder Dürreperioden. Werner Rammer, einer der Entwickler von iLand, erklärt: „Mit anderen Modellen ist das in dieser Form aktuell nicht möglich.“

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Ein großer Vorteil von iLand liegt in der Skalierbarkeit. Während ähnliche Modelle meist nur kleine Flächen von wenigen Hektar abdecken, ermöglicht iLand die Analyse ganzer Nationalparks. So lassen sich verschiedene Maßnahmen zur Waldbewirtschaftung simulieren: Welche Baumarten speichern am meisten CO2? Wie wirkt sich Abholzung auf den Rest des Waldes aus? Oder wie entwickelt sich ein Wald nach einem Brand? Diese Fragen können durch den digitalen Zwilling beantwortet werden.

Zwölf Jahre Forschung für den Wald der Zukunft

Seit über einem Jahrzehnt arbeiten Seidl, Rammer und ihr Team an der Weiterentwicklung von iLand. Das Modell wurde bereits in mehr als 50 Studien weltweit eingesetzt und deckt inzwischen über 150 Baumarten ab. Zudem ist es auf drei Kontinenten anwendbar. „Wer damit arbeiten möchte, kann das Programm selbst weiterentwickeln und auf seine Bedürfnisse anpassen“, betont Rammer.

Die Einsatzmöglichkeiten für den digitalen Zwilling sind vielseitig: Von der strategischen Planung der Waldbewirtschaftung bis hin zur Abschätzung von Klimaszenarien liefert iLand wertvolle Daten für eine nachhaltige Zukunft der Wälder. Seidl und sein Team sind überzeugt, dass mit dieser Technologie nicht nur der Wald von morgen geplant werden kann, sondern auch ein tieferes Verständnis für die komplexen Zusammenhänge in unseren Wäldern entsteht.

Was du dir merken solltest:

  • „Digitaler Zwilling“ für den Wald: Mit dem Modell iLand können Forscher Wälder als digitale Zwillinge bis auf den Einzelbaum genau abbilden und langfristige Entwicklungen unter verschiedenen Klimaszenarien berechnen.
  • Zukunftsfähige Wälder planen: Durch die Simulation lassen sich Baumarten strategisch auswählen, um Wälder widerstandsfähiger gegen Klimawandel, Schädlingsbefall und Extremereignisse zu machen.
  • Vielfältige Einsatzmöglichkeiten: iLand analysiert nicht nur lokale Wälder, sondern auch große Flächen wie Nationalparks und unterstützt die nachhaltige Waldbewirtschaftung weltweit.

Übrigens: Wälder sind unverzichtbar im Kampf gegen den Klimawandel. Trotz häufiger Waldbrände und intensiver Abholzung binden sie nach wie vor erhebliche Mengen CO2. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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