Das Universum und seine Grenzen: Wie weit dehnt es sich wirklich aus?

Neue Messungen der Hubble-Konstante deuten auf systematische Fehler hin – wie dehnt sich das Universum wirklich aus?

Dehnt sich das Universum schneller aus als erwartet? © Pexels

Warum dehnt sich das Universum schneller aus als erwartet? Diese Frage stellt die Astronomie vor ein großes Rätsel. Wendy Freedman, eine renommierte Astronomin an der University of Chicago, hat Zweifel an bisherigen Messmethoden und könnte mit neuen Ansätzen das Mysterium der kosmischen Expansion lösen – der sogenannten Hubble-Konstante.

Um zu verstehen, warum diese Messungen so wichtig sind, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. In den 1920er Jahren entdeckte der berühmte Astronom Edwin Hubble, dass Galaxien umso schneller von der Erde wegdriften, je weiter sie entfernt sind. Diese Erkenntnis war bahnbrechend und legte den Grundstein für das heutige Verständnis der kosmischen Expansion. Doch auch hundert Jahre später gibt es keine Einigkeit darüber, wie schnell sich das Universum tatsächlich ausdehnt. Aktuelle Messungen zeigen, dass die Expansionsrate, die sogenannte Hubble-Konstante, fast 10 Prozent höher ist als theoretisch erwartet. Diese Differenzen nennt man die „Hubble-Spannung“.

Neue Messungen und die Hubble-Spannung

Die Hubble-Spannung beschreibt den Unterschied zwischen den gemessenen Werten der Expansionsrate und den theoretisch erwarteten Werten. Kosmologen vermuten, dass diese Diskrepanz darauf hindeuten könnte, dass unser bisheriges Verständnis der Kosmologie nicht vollständig ist. Wendy Freedman jedoch glaubt, dass die Unterschiede auf Messfehler zurückzuführen sein könnten. Diese Annahme wird laut der Neuen Zürcher Zeitung durch neue Daten unterstützt, die mit dem James-Webb-Weltraumteleskop gewonnen wurden. Dieses hochmoderne Teleskop ermöglicht es, tiefer ins Universum zu blicken und präzisere Messungen vorzunehmen.

Was sind Cepheiden und rote Riesensterne?

Freedman ist schon lange in der Erforschung der Hubble-Konstante aktiv. In den 1990er Jahren leitete sie ein Schlüsselprojekt des Hubble-Weltraumteleskops, das sich auf die Messung von Cepheiden konzentrierte. Cepheiden sind eine besondere Art von veränderlichen Sternen. Diese Sterne ändern regelmäßig ihre Helligkeit. Aufgrund dieser Schwankungen können Astronomen ihre tatsächliche Helligkeit berechnen und daraus die Entfernung zu diesen Sternen bestimmen. Dieser Ansatz galt lange Zeit als der Goldstandard, um die Hubble-Konstante zu messen. „Cepheiden sind seit Langem der Schlüssel zur Bestimmung der Hubble-Konstante“, sagte Freedman.

Der Stern RS Puppis, auf dieser Aufnahme des Hubble-Teleskops zu sehen, ist ein Cepheidenstern. Diese veränderlichen Sterne werden im nahen Universum zur Entfernungsbestimmung genutzt. © NASA/ESA/Hubble Heritage (STScI/AURA)-Hubble/Europe Collab via Wikimedia unter public domain

In den letzten Jahren hat Freedman jedoch auch neue Methoden zur Messung von Entfernungen entwickelt. Sie konzentriert sich nun auf sogenannte rote Riesensterne. Diese Sterne befinden sich in einem späten Stadium ihrer Entwicklung und haben eine stabile Helligkeit, die es ermöglicht, ihre Entfernung zu berechnen. Im Gegensatz zu den Cepheiden befinden sich diese Sterne in weniger dichten Bereichen von Galaxien, was genauere Messungen ermöglicht, da weniger Gas und Staub die Sicht behindern. Diese neuen Messungen könnten die bisherigen Methoden deutlich verbessern.

Wichtige neue Ergebnisse

In der noch nicht begutachteten Studie berichtet Freedmans Team, dass die mit den roten Riesensternen gewonnenen Entfernungen größer sind als die mit den Cepheiden berechneten. Diese Ergebnisse könnten das Standardmodell der Kosmologie bestätigen und erklären, warum frühere Messungen der Hubble-Konstante zu abweichenden Werten führten. Es ist möglich, dass die Diskrepanz auf Messfehler in der Cepheiden-Methode zurückzuführen ist. Freedman ist optimistisch, dass ihre neuen Methoden dabei helfen werden, das Rätsel der Hubble-Spannung zu lösen.

Was du dir merken solltest:

  • Die Hubble-Konstante beschreibt die Expansionsrate des Universums. Wendy Freedman vermutet, dass frühere Messmethoden fehlerhaft sein könnten.
  • Freedmans Team hat mit neuen Messungen an roten Riesensternen festgestellt, dass diese genauere Entfernungswerte liefern als die Cepheiden-Methode.
  • Diese neuen Ergebnisse könnten die Hubble-Spannung erklären, also die Differenz zwischen den gemessenen und theoretisch erwarteten Werten der Expansionsrate.

Übrigens: Ein Astronomenteam der University of Arizona hat mithilfe des James-Webb-Weltraumteleskops beeindruckende neue Erkenntnisse über die Entstehung von Sternen und Planetensystemen gewonnen. Welche das sind, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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