Fossilien-Sensation: Das erste dokumentierte Wettrüsten der Evolution entdeckt
Vor 517 Millionen Jahren führten winzig kleine Tiere einen Überlebenskampf. Neue Fossilien zeigen erstmals ein evolutionäres Wettrüsten.
Das älteste bekannte Beispiel für ein Wettrüsten der Evolution liegt 517 Millionen Jahre zurück. Das haben Forscher nun herausgefunden. Diese urzeitlichen Interaktionen zwischen Räubern und Beutetieren ereigneten sich in den Ozeanen des Kambriums. Im Mittelpunkt stehen Fossilien eines mikroskopisch kleinen Schalentiers, das entfernt mit heutigen Armfüßern verwandt ist, und eines unbekannten Räubers, der Löcher in die Schalen stanzen konnte. Die Funde stammen aus einer Fossillagerstätte in Südostaustralien.
Die kambrische Explosion, eine Periode vor etwa 541 bis 485 Millionen Jahren, war geprägt von einem sprunghaften Anstieg der Artenvielfalt, insbesondere bei Organismen mit mineralisierten Schalen. Wissenschaftler führen diese Entwicklung häufig auf die zunehmende Prädation zurück, also die Jagd durch Räuber, die Beutetiere zu immer neuen Anpassungen zwang. Die Studie, veröffentlicht in Current Biology, bietet nun konkrete Belege für diesen evolutionären Druck.
Fossilien zeigen Löcher und dickere Schalen
Mehr als 200 Fossilien von Lapworthella fasciculata wurden mithilfe von Rasterelektronenmikroskopen untersucht. Die Analysen offenbarten charakteristische Löcher, die auf Angriffe durch einen bislang unbekannten Räuber hindeuten, vermutlich ein Weichtier wie ein Wurm oder Mollusk. Besonders auffällig: Im Laufe der Zeit wurden die Schalen der Tiere immer dicker. Studienleiter Russell Bicknell vom American Museum of Natural History erläutert: „Unsere Ergebnisse zeigen eine direkte Korrelation zwischen der Häufigkeit von Angriffsstellen und der Zunahme der Schalendicke.“
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Dieser Anpassungsprozess wird als mikroevolutionäres Wettrüsten bezeichnet. Während die Beutetiere ihre Verteidigung verstärkten, entwickelten die Räuber immer effizientere Methoden, diese zu überwinden. Diese ständige Anpassung trieb die Evolution voran und formte die frühen Ökosysteme.
„Räuber-Beute-Interaktionen gelten oft als treibende Kraft der kambrischen Explosion, insbesondere für die rasche Zunahme von Vielfalt und Häufigkeit biomineralisierender Organismen. Bisher fehlten jedoch konkrete Beweise dafür, dass Beute und Räuber direkt aufeinander reagierten.“
Russell Bicknell
Neue Erkenntnisse zur kambrischen Explosion
Die Fossilien aus Südostaustralien bieten einen seltenen Einblick in die Dynamik dieser frühen Lebenswelt. Die Ergebnisse zeigen, wie schnell sich phänotypische Veränderungen unter dem Druck der Prädation vollzogen. Bereits in kurzer Zeit reagierten die Beutetiere auf die Angriffe mit robusteren Schalen, ein deutliches Zeichen für den intensiven Überlebenskampf in der frühen Tierwelt.
„Das ist das älteste dokumentierte Beispiel dafür, wie Räuber-Beute-Interaktionen die Evolution direkt beeinflusst haben“, betont Bicknell. Die Studie hebt hervor, wie entscheidend selbst mikroskopisch kleine Tiere wie L. fasciculata für das Verständnis der frühen Evolution sind. Ihre Anpassungsstrategien legen nahe, dass Prädation nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Dynamik und Stabilität von Ökosystemen maßgeblich beeinflusst hat.
Was du dir merken solltest:
- Vor 517 Millionen Jahren fand das älteste bekannte Wettrüsten der Evolution statt, bei dem mikroskopisch kleine Beutetiere durch dickere Schalen auf die Angriffe eines unbekannten Räubers reagierten.
- Fossilien von Lapworthella fasciculata zeigen eine klare Verbindung zwischen zunehmender Schalendicke und den Angriffen, was auf dynamische Anpassungen hinweist.
- Diese Entdeckung verdeutlicht, wie Räuber-Beute-Interaktionen während der kambrischen Explosion die Artenvielfalt und die Entwicklung früher Ökosysteme maßgeblich beeinflussten.
Bild: © Jacqui Barker via Wikimedia unter CC BY 2.0