Böden haben ein Gedächtnis – und helfen Pflanzen bei Dürre zu überleben

Mikroben im Boden erinnern sich an frühere Umweltbedingungen und helfen Pflanzen, Trockenphasen besser zu überstehen.

Boden-Gedächtnis: Mikroben schützen Pflanzen vor Dürre

In Böden mit angepassten Mikroben bleiben Pflanzen länger vital und verlieren bei Dürre deutlich weniger Wasser. © Unsplash

Dürreperioden setzen Landwirtschaft und Natur weltweit immer stärker unter Druck. Pflanzen welken, Böden reißen auf, Ernten fallen aus. Doch ein unsichtbares Netzwerk unter der Erdoberfläche könnte helfen, die Folgen künftiger Trockenzeiten abzumildern. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Mikroorganismen im Boden ein Gedächtnis besitzen und dieses Wissen an Pflanzen weitergeben können.

Eine internationale Studie unter Leitung der University of Nottingham’s School of Biosciences und der University of Kansas zeigt: Mikroben erinnern sich an frühere Regen- und Trockenphasen. Diese „Erinnerung“ hilft bestimmten Pflanzen, bei Wassermangel besser zu überleben.

Mikroben speichern Klimaerfahrungen

Das Forschungsteam untersuchte Böden aus sechs Präriegebieten im US-Bundesstaat Kansas, die über Jahre hinweg sehr unterschiedlich viel Niederschlag erhalten hatten. Dabei zeigte sich, dass die Zusammensetzung der Bodenmikroben eng mit der Niederschlagsmenge der Vergangenheit zusammenhing. Mikroben aus trockenen Gebieten hatten andere genetische Eigenschaften als jene aus feuchten Regionen und das beeinflusste wiederum, wie Pflanzen auf neue Trockenzeiten reagierten.

Besonders deutlich wurde der Effekt bei einem einheimischen Präriegras namens Tripsacum dactyloides. Es konnte Trockenphasen besser überstehen, wenn es in Böden mit Mikroben aus trockenen Regionen wuchs. Die Pflanzen verloren weniger Wasser und blieben länger vital. Mais dagegen profitierte kaum. Seine Wurzeln reagierten empfindlicher und konnten die Mikrobenhilfe nicht nutzen.

Ökologisches Gedächtnis im Boden stärkt Pflanzen bei Dürre

Die Forscher sprechen von einem „ökologischen Gedächtnis“ des Bodens. Damit ist gemeint, dass Mikroorganismen frühere Umweltbedingungen im Erbgut oder in ihrer Funktionsweise speichern. Diese Prägung bleibt über Jahre hinweg erhalten und beeinflusst, wie Mikroben künftig auf ähnliche Bedingungen reagieren.

Die Wissenschaftler führten Langzeitexperimente durch, um diese Effekte messbar zu machen. Dabei stellten sie fest:

  • Mikroben aus trockenen Böden veränderten ihre Aktivität auch nach Monaten im Labor nicht.
  • Selbst bei wechselnder Bewässerung blieb die „Dürre-Signatur“ in ihren Genen erhalten.
  • Die Pflanzen, die mit diesen Mikroben wuchsen, zeigten messbar bessere Anpassungsreaktionen.

„Bodenmikrobengemeinschaften können sich erstaunlich schnell an Umweltveränderungen anpassen und Pflanzen helfen, Trockenstress zu überstehen“, erklärt Dr. Gabriel Castrillo von der University of Nottingham.

Funktion der Mikroben bleibt trotz Veränderungen stabil

Für ihre Untersuchungen analysierte das Team Tausende mikrobielle Gene. Besonders aktiv waren solche, die an der Regulierung von Wasserhaushalt, DNA-Reparatur und Stressabwehr beteiligt sind.

Dieses Gedächtnis hängt nicht allein von der Art der Mikroben ab, sondern von deren Funktion. Selbst wenn sich die Zusammensetzung der Gemeinschaft veränderte, blieben ihre Aufgaben im Boden gleich – sie hielten das Wasser länger, versorgten die Pflanzen besser und reduzierten den Stress während Trockenphasen.

Mikroben als natürliche Klimaschützer

Die Forscher sprechen von „Legacy Effects“ – also vererbtes Wissen aus der Vergangenheit, die das Verhalten heutiger Ökosysteme beeinflussen. „Es ist bemerkenswert, dass diese mikrobiellen Gemeinschaften sich an vergangene Umweltbedingungen ‚erinnern‘ können“, sagt Castrillo. „Das Verständnis dieser mikrobiellen Erbschaften kann uns helfen, widerstandsfähigere landwirtschaftliche Systeme zu gestalten und Ökosysteme unter zukünftigen Klimastress zu schützen.“

Wenn Landwirte Böden mit mikrobiellen Gemeinschaften aus trockenen Regionen anreichern, könnten sie Pflanzen gezielt an Trockenheit anpassen. Damit ließe sich die Anfälligkeit vieler Kulturen reduzieren – vor allem in Regionen, in denen extreme Wetterereignisse zunehmen.

Kurz zusammengefasst:

  • Böden besitzen ein Gedächtnis: Mikroben können sich an frühere Trockenzeiten erinnern und helfen bestimmten Pflanzen, neue Dürrephasen besser zu überstehen.
  • Anpassung durch Mikroben: Das Gedächtnis verändert die Aktivität und Gene der Mikroorganismen so, dass sie Wasser länger speichern und Pflanzen widerstandsfähiger machen.
  • Nutzwert für die Landwirtschaft: Experten sehen darin eine Chance, Böden gezielt zu stärken und künftige Ernten gegen den Klimawandel zu sichern.

Übrigens: Unter der Meeresoberfläche wirken Seegraswiesen wie gewaltige CO₂-Speicher. Sie binden pro Quadratmeter mehr Kohlenstoff als tropische Regenwälder – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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