Menschliches Blut tödlich für Mücken: Medikament verwandelt den Körper in eine Falle
Ein Medikament macht menschliches Blut für Mücken tödlich – und könnte so helfen, die Ausbreitung von Malaria wirksam zu stoppen.

Eine Anopheles-Mücke leuchtet nach dem Blutsaugen – künftig könnte genau dieses Blut für sie tödlich sein. © Lee R. Haines
Im Kampf gegen Malaria ist die Kontrolle der Mückenpopulation von entscheidender Bedeutung. Denn nur, wenn die Überträger der Krankheit gestoppt werden, lässt sich die Verbreitung eindämmen. Ein bislang wenig beachtetes Medikament könnte dabei eine völlig neue Rolle übernehmen: Nitisinon macht menschliches Blut für Mücken tödlich – und zwar selbst in kleinsten Mengen.
Eine neue Studie der University of Notre Dame zeigt: Wer das Medikament einnimmt, verwandelt sich gewissermaßen in eine tödliche Blutquelle für die Malaria-Mücke. Für viele Menschen in betroffenen Regionen wäre das eine stille, aber hocheffektive Waffe gegen die tödliche Krankheit.
Menschliches Blut tödlich für Mücken – Medikament dient als Gift
Malaria trifft vor allem Menschen in Afrika südlich der Sahara. Jährlich sterben dort laut WHO Hunderttausende – meist Kinder. Die Krankheit wird durch einen Parasiten ausgelöst, den weibliche Anopheles-Mücken beim Stich übertragen. Ein neuer Ansatz setzt nicht bei der Mücke an, sondern beim Menschen: Das eigene Blut wird zur Waffe.
Die Forscher fanden heraus, dass der Wirkstoff Nitisinon ein lebenswichtiges Enzym in den Mücken blockiert. Sobald sie Blut mit dem Medikament aufnehmen, können sie es nicht mehr verdauen – und sterben kurz darauf.
„Was Nitisinon so spannend macht, ist sein neuartiger Wirkungsmechanismus gegen blutsaugende Insekten wie Mücken“, erklärt Dr. Lee Haines, Hauptautorin der Studie.
Selbst kleinste Dosen genügen – Mücken sterben rasch
Schon bei einer Tagesdosis von nur zwei Milligramm – eine Menge, wie sie regulär zur Behandlung von Stoffwechselkrankheiten verwendet wird – zeigte sich die tödliche Wirkung. Das Blut der behandelten Personen reichte aus, um alle getesteten Mücken zu töten.
Der Effekt trat bei allen Mücken ein: ob jung oder alt, ob resistent gegen Insektizide oder nicht. Ein klarer Vorteil gegenüber bisherigen Mitteln – die oft nur begrenzt wirken und immer häufiger ihre Wirksamkeit verlieren. Dr. Haines spricht von einem „versteckten Superhelden-Effekt“ des Medikaments.
Nitisinon schlägt Ivermectin in Tempo und Reichweite
Bislang galt Ivermectin als vielversprechendster Wirkstoff zur indirekten Mückenbekämpfung. Doch im Vergleich dazu wirkt Nitisinon nicht nur schneller, sondern bleibt auch deutlich länger im Blut aktiv. Das verlängert den Schutz – und reduziert die Notwendigkeit häufiger Einnahmen.
„Nitisinons Leistung war fantastisch; es hat eine viel längere Halbwertszeit im menschlichen Blut als Ivermectin“, erklärt Studienleiter Professor Álvaro Acosta-Serrano. „Das ist entscheidend, wenn es im Feld aus Sicherheits- und wirtschaftlichen Gründen angewendet wird.“
Alltagstauglich, zugelassen, wirksam – das macht Hoffnung
Besonders vielversprechend: Nitisinon ist längst als Medikament zugelassen. Ursprünglich wird es bei Menschen eingesetzt, die unter seltenen erblichen Stoffwechselkrankheiten leiden. Eine zusätzliche Zulassung zur Mückenbekämpfung wäre also leichter zu realisieren als bei einem völlig neuen Wirkstoff.
Auch für die Umwelt wäre der Einsatz ein Gewinn. Denn anders als Insektizide tötet Nitisinon keine anderen Tiere und gelangt nicht in Böden oder Gewässer.
Die Forscher kooperierten mit dem Royal Liverpool University Hospital. Dort spendeten Patienten mit der seltenen Erkrankung Alkaptonurie Blutproben. Sie nahmen täglich Nitisinon – und genau dieses Blut wurde im Labor Mücken verabreicht.
Weitere Studien sollen Sicherheit und Einsatzmöglichkeiten klären
Bis zum breiten Einsatz fehlen noch einige Zwischenschritte. So planen die Forscher nun Studien mit gesunden Menschen in Malaria-Regionen. Ziel ist es, die ideale Dosis zu bestimmen und mögliche Wechselwirkungen mit Malaria-Medikamenten zu untersuchen.
Klar ist: Der Ansatz könnte helfen, dort zu schützen, wo Netze, Sprays und Medikamente an ihre Grenzen stoßen. Und er könnte dabei helfen, neue Resistenzen zu vermeiden – etwa, indem man Nitisinon und Ivermectin abwechselnd einsetzt.
Doppelte Wirkung – neue Hoffnung für Kranke weltweit
Nitisinon könnte in Zukunft doppelt helfen: als stiller Mückenkiller und gleichzeitig als Medikament für Menschen mit seltenen Stoffwechselkrankheiten. Weil die Nachfrage steigen dürfte, könnten die Preise sinken – ein zusätzlicher Gewinn für Patienten weltweit.
Ein einziger Wirkstoff, der Mücken tötet, Leben rettet und Resistenzen umgeht – das wäre ein entscheidender Fortschritt im globalen Kampf gegen Malaria.
Kurz zusammengefasst:
- Nitisinon ist ein bereits zugelassenes Medikament, das menschliches Blut für Malaria-Mücken tödlich macht – selbst bei niedriger Dosierung.
- Der Wirkstoff blockiert ein lebenswichtiges Enzym in den Mücken, sodass sie das Blut nicht verdauen können und schnell sterben.
- Im Vergleich zu Ivermectin wirkt Nitisinon länger, auch gegen resistente Mücken, und bietet neue Chancen zur Bekämpfung von Malaria.
Übrigens: Nicht nur Malaria-Mücken sind ein wachsendes Problem – auch invasive Arten wie die Asiatische Tigermücke breiten sich in Europa rasant aus und bringen gefährliche Krankheitserreger mit. Welche neuen Risiken das für Gesundheit und Umwelt bedeutet, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Lee R. Haines