Je mehr unterschiedliche Nachbarn desto besser – Biodiversität macht Bäume topfit

Bäume wachsen schneller und bleiben gesünder, wenn sie von vielen verschiedenen Arten umgeben sind – besonders in feuchten Regionen.

Biodiversität bringt Bäume auf Wachstumskurs

In bunter Nachbarschaft entwickeln Bäume mehr Kraft und legen schneller an Größe zu. © Wikimedia

Unterschiedliche Nachbarn stärken die Gemeinschaft – das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für Bäume. Stehen in einem Wald viele verschiedene Baumarten dicht beieinander, profitieren sie voneinander. Die Stämme legen schneller an Umfang zu, die Kronen wachsen dichter, und der Bestand wird widerstandsfähiger gegen Schädlinge, Krankheiten und Klimaveränderungen.

Eine internationale Studie unter Leitung der University of Michigan hat diesen Effekt der Biodiversität auf Bäume erstmals in großem Maßstab untersucht – mit einem klaren Ergebnis: Artenvielfalt steigert das Wachstum einzelner Bäume messbar, besonders dort, wo es ausreichend Wasser gibt.

„Vielfalt ist überall wichtig. Unsere Experimente zeigen jedoch, dass sie in feuchteren Klimazonen noch wichtiger ist“, sagt Studienleiter Peter Reich, Professor für Umwelt und Nachhaltigkeit.

Große Datensammlung aus 15 Waldexperimenten

Für die Untersuchung wurden Daten aus 15 Forstexperimenten in tropischen, subtropischen, mediterranen und gemäßigten Klimazonen ausgewertet. Insgesamt umfasste die Analyse 113.701 Bäume aus 129 Arten. Über einen Zeitraum von vier bis 14 Jahren wurden 852.170 einzelne Wachstumswerte erfasst.

Die Forscher konzentrierten sich nicht auf die gesamte Artenvielfalt eines Waldes, sondern auf die unmittelbare Nachbarschaft eines einzelnen Baumes. Entscheidend war, wie viele und welche Arten im Umkreis von gut vier Metern standen.

Deutlicher Wachstumsvorteil bei hoher Vielfalt

Das Ergebnis war eindeutig: Wenn im direkten Umfeld eines Baumes sechs verschiedene Arten vorkamen, wuchs der Stammquerschnitt im Durchschnitt 8,7 Prozent schneller als in einer reinen Monokultur.

Auch Unterschiede bei bestimmten Eigenschaften wirkten sich positiv aus:

  • Größere Blattfläche: +6,6 % Wachstum
  • Höherer Stickstoffgehalt im Blatt: +7,9 % Wachstum
  • Höhere Holzdichte: +13,3 % Wachstum

Diese Vielfalt an Merkmalen sorgt dafür, dass die Ressourcen im Wald – Licht, Wasser und Nährstoffe – besser genutzt werden. Unterschiedliche Wurzeltiefen und Kronenformen verringern Konkurrenz und erhöhen die Produktivität.

Feuchte Standorte profitieren am meisten

Besonders groß war der Effekt in Regionen mit hoher Wasserversorgung. Dort ist Licht oft der begrenzende Faktor. Unterschiedlich hohe Baumkronen in Mischbeständen fangen mehr Sonnenlicht ein und verteilen es besser, was das Wachstum zusätzlich ankurbelt.

Reich erklärt: Wer Wälder wiederherstellt oder aufforstet, sollte in feuchteren Gebieten gezielt auf eine breite Artenmischung setzen. Der Nutzen für Wachstum und Kohlenstoffspeicherung sei dort besonders hoch.

Trockenregionen: Vorteil vorhanden, aber kleiner

Auch in trockenen Klimazonen brachte eine vielfältige Nachbarschaft Vorteile – allerdings weniger stark. Wahrscheinlich begrenzen knappe Wasser- und Nährstoffressourcen die Wirkung der Artenvielfalt. Zudem bieten aride Standorte oft weniger ökologische Nischen, um Konkurrenz zwischen den Arten zu vermeiden.

Eine Überraschung lieferte der Vergleich zwischen besonders trockenen und besonders feuchten Jahren am selben Standort: Der Artenvielfaltseffekt blieb nahezu unverändert. Entscheidend ist nicht, ob ein einzelnes Jahr außergewöhnlich nass oder trocken ist – sondern das langfristige Klima des Standorts.

Das macht artenreiche Wälder zu einer stabilen Grundlage für die Forstwirtschaft. Sie profitieren nicht nur in guten Jahren, sondern halten auch schwierigen Bedingungen besser stand.

Bedeutung für Aufforstung und Klimaschutz

Die Ergebnisse geben Waldbesitzern, Forstverwaltungen und Naturschutzorganisationen klare Hinweise für die Praxis:

  • In feuchten Regionen lohnt sich eine besonders hohe Artenmischung, um Wachstum, Stabilität und CO2-Bindung zu maximieren.
  • In trockenen Regionen bleibt Vielfalt sinnvoll, sollte aber auf standortgerechte Arten beschränkt werden, um Wasserstress zu vermeiden.

Die Forscher sehen in der gezielten Förderung von Artenvielfalt einen wirksamen Baustein für naturbasierte Klimaschutzstrategien. Wälder, die aus mehreren Baumarten bestehen, können Kohlenstoff länger und in größeren Mengen binden und sind widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge.

Artenreiche Wälder wachsen schneller und sind robuster

Die Versuchsanlagen für die Studie lagen auf vier Kontinenten – vom tropischen Regenwald in Panama bis zu gemäßigten Laubwäldern in Nordamerika und Europa. Trotz der unterschiedlichen Klimazonen war der Grundtrend überall gleich: Biodiversität bei Bäumen steigert das Wachstum – und dieser Effekt ist in feuchten Regionen besonders ausgeprägt.

Für Aufforstungsprojekte weltweit liefert die Studie damit eine klare Empfehlung: Nicht nur möglichst viele Bäume pflanzen, sondern auch auf eine kluge Mischung setzen. Das erhöht die Produktivität, stärkt die Wälder gegen den Klimawandel und verbessert ihre Rolle als CO2-Speicher.

Kurz zusammengefasst:

  • Bäume wachsen schneller und bleiben gesünder, wenn ihre direkten Nachbarn aus vielen verschiedenen Arten bestehen.
  • Der positive Effekt der Biodiversität auf Bäume ist in feuchten Regionen am stärksten, in trockenen Gebieten aber ebenfalls vorhanden.
  • Wetterextreme einzelner Jahre ändern den Vorteil kaum – entscheidend ist das langfristige Klima des Standorts.

Übrigens: Im ostafrikanischen Udzungwa-Gebirge steht eine neu entdeckte Baumart, die höher als ein zehnstöckiges Haus wird – und deren älteste Exemplare seit über 3.000 Jahren wachsen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Nathaly 1106 via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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