Heimliche Spione im Dschungel: Bäume entlarven illegale Goldminen im Amazonas

Goldminen vergiften den Amazonas mit Quecksilber. Nun schlagen die Bäume selbst Alarm.

Bäume im Amazonas speichern Quecksilber und enttarnen Minen

In kleinen Goldminen im Amazonas wird oft Quecksilber verbrannt, um Gold aus dem Boden zu lösen – eine gesundheitsschädliche Methode. © Simon Topp

Im dichten Grün des Amazonas lauert ein unsichtbarer Feind: Quecksilber. Es stammt aus dem illegalen Goldabbau und belastet Mensch und Natur. Doch nun zeigt eine neue Studie: Die Bäume selbst könnten die Spur des Giftes verraten. Ihre Jahresringe speichern Hinweise auf das Ausmaß der Umweltverschmutzung – und könnten helfen, verborgene Minen zu lokalisieren.

Die Untersuchung, veröffentlicht in Frontiers, liefert dabei mehr als nur eine spannende Idee. Sie gibt der Forschung ein Werkzeug an die Hand, mit dem sich Quecksilberbelastung über große Flächen und lange Zeiträume erfassen lässt – und das ganz ohne technische Hightech-Geräte.

Gold wird mit Quecksilber gewonnen – auf Kosten der Umwelt

Gold wird im Amazonas häufig im sogenannten handwerklichen Kleinbergbau gewonnen – meist illegal, ohne Umweltauflagen. Dabei wird das Edelmetall nicht in Nuggets gefunden, sondern in winzigen Partikeln, vermischt mit Erde. Um diese zu isolieren, setzen Arbeiter Quecksilber ein. Dieses verbindet sich mit Gold zu einem sogenannten Amalgam, das sich leicht erhitzen lässt. Beim Erhitzen verdampft das Quecksilber und gelangt als giftiges Gas in die Atmosphäre.

Diese Methode ist gefährlich. Denn Quecksilber ist hochgiftig und schon in kleinsten Mengen schädlich für das Nervensystem. Es verbreitet sich in Luft und Wasser – und gelangt so auch in Pflanzen, Tiere und Menschen.

Ficus-Bäume speichern Spuren des Giftes in ihren Jahresringen

Ein Team internationaler Wissenschaftler untersuchte nun, ob bestimmte Bäume als eine Art natürlicher Detektor dienen könnten. Im Mittelpunkt stand Ficus insipida, eine wilde Feigenart, die im peruanischen Regenwald wächst. Studienleiterin Dr. Jacqueline Gerson von der Cornell University erklärte:

Bäume können ein weitreichendes und ziemlich günstiges Netzwerk zur Umweltüberwachung bilden.

Dr. Jacqueline Gerson

Der Grund: Ficus insipida bildet, im Gegensatz zu vielen anderen tropischen Baumarten, deutlich erkennbare Jahresringe – ähnlich wie Eichen oder Buchen in Europa. In diesen Ringen lagern sich im Laufe der Zeit auch Schadstoffe ab. So können die Forscher ablesen, wann und wie stark der Baum Quecksilber aus der Luft aufgenommen hat.

Nähe zu Minen lässt Quecksilberwerte im Holz steigen

Für die Studie entnahmen die Forscher Bohrkerne aus mehreren Bäumen an unterschiedlichen Standorten. Einige Bäume standen weit entfernt von Minen, andere in deren unmittelbarer Nähe. Das Ergebnis war eindeutig: Die höchsten Quecksilberwerte fanden sich in den Bäumen nahe bei Goldabbaustätten. Besonders deutlich stiegen die Werte nach dem Jahr 2000 – ein Zeitraum, in dem der illegale Goldabbau im Amazonas stark zugenommen hat.

„Höhere Quecksilberkonzentrationen in der Luft stehen im Allgemeinen mit der Nähe zu Minen in Verbindung“, sagte Gerson laut Frontiers. Die Forscher verglichen zusätzlich zwei Orte im Amazonasgebiet:
Einer lag direkt neben einer Mine, der andere direkt neben einem Schutzgebiet. Wichtig: Beide Orte lagen ungefähr gleich weit entfernt von den Minen. Trotz dieser ähnlichen Entfernung fanden sie deutlich weniger Quecksilber im Holz der Bäume beim Schutzgebiet. Das bedeutet: Der geschützte Wald könnte wie eine Barriere wirken, die verhindert, dass sich das giftige Quecksilber so stark ausbreitet.

Baumringe als Werkzeug zur Überwachung des Regenwaldes

Die Methode hat aber auch Grenzen. Die genaue Entfernung zu den illegalen Minen ließ sich nicht immer ermitteln. Das beeinflusst die Aussagekraft der Messungen. Trotzdem sieht Gerson großes Potenzial in der Baum-Analyse:

Ficus insipida kann als kostengünstiges und wirkungsvolles Werkzeug genutzt werden, um großflächige Trends bei Quecksilberemissionen in den Tropen zu erfassen.

Dr. Jacqueline Gerson

Vor allem in Regionen, in denen staatliche Messstationen fehlen, könnten die Bäume helfen, die unsichtbare Gefahr zu kartieren. So leisten sie nicht nur im Kampf gegen Quecksilber, sondern auch gegen illegale Goldminen einen wertvollen Beitrag – ganz still, mit nichts als ihren Ringen.

Kurz zusammengefasst:

  • Bäume wie Ficus insipida können über ihre Jahresringe die Quecksilber-Belastung durch illegalen Goldabbau im Amazonas sichtbar machen.
  • Die höchsten Quecksilberwerte fanden Forscher in Bäumen nahe bei Minen, besonders ab dem Jahr 2000.
  • Die Methode bietet eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, Umweltverschmutzung in abgelegenen Regenwaldgebieten nachzuvollziehen.

Bild: © Simon Topp

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