So einzigartig wie der Fingerabdruck – Wie wir atmen, verrät wer wir sind und wie es um unsere Gesundheit steht
Das menschliche Atemmuster ist so individuell wie ein Fingerabdruck – und lässt Rückschlüsse auf Identität, seelische Verfassung und körperliche Gesundheit zu.

Jeder Mensch besitzt ein einzigartiges Atemmuster, das selbst bei unterschiedlichen Aktivitäten über lange Zeit stabil bleibt. © Pexels
Jeder Mensch atmet – doch wie wir atmen, unterscheidet sich offenbar deutlich stärker, als bisher gedacht. Forscher haben nun herausgefunden: Das Atemmuster eines Menschen ist so einzigartig wie sein Fingerabdruck. Ein Team am Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel hat ein tragbares Messgerät entwickelt, das diese Atemmuster rund um die Uhr erfassen kann. Die Analyse dieser Atemmuster zeigt, wie eng sie mit dem Gesundheitszustand, dem Gewicht und der Psyche eines Menschen verbunden sind.
Atemmuster-Analyse ermöglicht exakte Identifikation
Für ihre Untersuchung zeichneten die Forscher den Nasenluftstrom von 100 Freiwilligen jeweils 24 Stunden lang auf. 97 vollständige Datensätze wurden später für die Auswertung genutzt. Der entwickelte Algorithmus erreichte eine Trefferquote von 96,8 Prozent. Damit konnte fast jeder Teilnehmer anhand seines Atems eindeutig identifiziert werden – ähnlich genau wie mit Gesichtserkennung oder Stimmprofilen.
Besonders überraschend war die Stabilität der Atemmuster. Selbst nach zwei Jahren blieben die individuellen Unterschiede konstant. Gemessen wurden dabei 24 verschiedene Merkmale, etwa das Luftvolumen pro Atemzug, die Atemfrequenz sowie kurze Atempausen zwischen den Atemzügen.
Atmung verrät mehr als nur Identität
Doch die Forscher interessieren sich nicht nur für die Identifikation. In den Atemmustern stecken Informationen, die für Millionen Patienten künftig wichtig werden könnten. Die Analysen zeigten, dass es deutliche Zusammenhänge zwischen der Atemweise und dem Körpergewicht, dem Schlaf-Wach-Rhythmus sowie psychischen Belastungen wie Angst und Depression gibt.
„Indem man den Luftstrom in den Nasenlöchern misst, erhält man eine Messung der sympathischen Erregung, die ein Prädiktor für den BMI zu sein scheint“, erklärt Noam Sobel vom Weizmann-Institut laut New Scientist.
Psychische Belastungen im Atem sichtbar machen
Die Art, wie jemand atmet, könnte in Zukunft auch Hinweise auf psychische Störungen liefern.
Wir sind auf eine völlig neue Art gestoßen, Atmung zu betrachten. Wir sehen das als eine Ablesung des Gehirns.
Noam Sobel
Für Patienten bedeutet das: Vielleicht reicht künftig ein kleiner Sensor unter der Nase, um Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen. Die Atemmuster könnten Warnsignale liefern, bevor sich Krankheiten bemerkbar machen. So würden etwa beginnende Depressionen oder schlafbezogene Störungen schneller auffallen und besser behandelbar werden.
Der Sensor arbeitet dabei völlig unkompliziert: Er zeichnet den Nasenluftstrom ununterbrochen auf, ohne dass der Patient aktiv etwas tun muss. Das macht die Methode besonders geeignet für den Alltag.
Gesundheit überwachen ohne Aufwand
Das Ziel der Forscher: Jeder Patient könnte eines Tages ein Atemmessgerät tragen, das seine Gesundheit überwacht. So entsteht ein neues Frühwarnsystem, das besonders für Menschen mit chronischen Erkrankungen oder psychischen Problemen hilfreich wäre.
Die Forscher denken sogar noch weiter. Wenn die Atemmuster so eng mit Gesundheit, Gewicht und Psyche verbunden sind, könnten gezielte Atemübungen künftig helfen, Krankheiten aktiv zu beeinflussen. Noam Sobel formuliert es augenzwinkernd: „Wenn das stimmt, dass Atemmuster das Gewicht beeinflussen, dann finden wir das Atemmuster, das schlank macht, und wir alle gehen auf eine Insel in den Ruhestand.“
Kurz zusammengefasst:
- Jeder Mensch besitzt ein individuelles Atemmuster, das ähnlich präzise wie ein Fingerabdruck zur Identifikation genutzt werden kann.
- Die Analyse der Atemmuster zeigt zudem Zusammenhänge mit Körpergewicht, Schlaf und psychischer Gesundheit, was neue Möglichkeiten für Diagnose und Therapie eröffnet.
- Ein tragbares Messgerät könnte in Zukunft kontinuierlich den Atem überwachen und frühzeitig auf Erkrankungen hinweisen, ohne invasive Eingriffe nötig zu machen.
Übrigens: Auch der Geruchssinn lässt sich inzwischen besser verstehen. Ein 3D-Modell zeigt, wie bestimmte Stammzellen bei der Regeneration helfen könnten. Mehr dazu in unserem Artikel.
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