Asteroidenabwehr mit Risiko: Ein falscher Treffer – und das Gravitationsschlüsselloch lenkt ihn zurück zur Erde

Ein falsch getroffener Asteroid kann wie ein Bumerang zurückkehren – wenn ihn das Gravitationsschlüsselloch auf eine gefährliche Bahn zur Erde lenkt.

Asteroidenabwehr mit Bumerang-Effekt: Ein falscher Treffer reicht

Illustration der DART-Mission: Mit voller Wucht prallte die NASA-Sonde auf einen Asteroiden – und lieferte den ersten realen Test zur Asteroidenabwehr. © NASA/Johns Hopkins APL/Steve Gribben

Wenn ein Asteroid auf Kollisionskurs mit der Erde entdeckt wird, gibt es nur eine Option: seine Flugbahn verändern, bevor es zu spät ist. Genau das war das Ziel der NASA-Mission DART, die im September 2022 erfolgreich einen Testlauf absolvierte. Doch jetzt warnen Wissenschaftler laut Europlanet: Eine solche Asteroidenabwehr könnte die Bedrohung unter Umständen nicht beseitigen, sondern nur in die Zukunft verschieben – wenn der Asteroid dabei das sogenannte Gravitationsschlüsselloch passiert.

Was wie ein theoretisches Risiko klingt, ist für Forscher ein reales Problem. Bei künftigen Missionen spielt es eine zentrale Rolle. Denn je nach Einschlagpunkt kann ein Asteroid in genau die Zone gelenkt werden, in der die Erdanziehung seine Bahn verändert. Wie ein Bumerang könnte er Jahre später zurückkehren – und einschlagen.

Warum das Gravitationsschlüsselloch zur Falle für die Asteroidenabwehr werden kann

Im All gibt es sogenannte Gravitationsschlüssellöcher – winzige Regionen im Raum, in denen die Anziehungskraft eines Planeten die Flugbahn eines vorbeiziehenden Asteroiden so verändert, dass er bei einer späteren Umrundung direkt auf diesen Planeten trifft. Dieses Szenario kann dann eintreten, wenn ein Raumfahrzeug zur Ablenkung an der falschen Stelle einschlägt.

Rahil Makadia, Weltraumforscher an der University of Illinois, warnt:

Selbst wenn wir einen Asteroiden absichtlich von der Erde wegschieben, müssen wir sicherstellen, dass er danach nicht in eines dieser Schlüssellöcher driftet. Sonst hätten wir dasselbe Problem später wieder.

Das Risiko sei nicht theoretisch, sondern real – vor allem, wenn keine genaue Analyse der Flugbahn erfolgt.

Was die DART-Mission gezeigt hat

Im September 2022 schlug ein NASA-Raumfahrzeug im Rahmen der DART-Mission auf den Asteroiden Dimorphos ein. Dieser umkreist den größeren Asteroiden Didymos. Ziel war es, die Umlaufbahn von Dimorphos leicht zu verändern – ein Test, ob man gefährliche Asteroiden auf diese Weise rechtzeitig umlenken kann.

Ergebnis: Die Bahn wurde messbar verschoben. Doch der genaue Einschlagpunkt war in diesem Fall weniger wichtig, da das System insgesamt zu groß ist, um durch den Aufprall auf Kollisionskurs mit der Erde zu geraten.

Bei anderen Asteroiden sieht das anders aus. Vor allem kleinere, frei um die Sonne fliegende Brocken könnten nach einem Einschlag genau durch ein Gravitationsschlüsselloch gelenkt werden – mit verheerenden Folgen.

Neue Methode soll Risiken minimieren

Ein Forscherteam rund um Makadia hat deshalb eine Methode entwickelt, mit der sich berechnen lässt, welcher Einschlagpunkt auf einem Asteroiden sicher ist – und welcher riskant. Die Grundlage: sogenannte Wahrscheinlichkeitskarten.

Diese Karten zeigen für jede Stelle auf der Oberfläche eines Asteroiden, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Einschlag an genau dieser Stelle den Himmelskörper durch ein Gravitationsschlüsselloch schleudert.

Mit diesen Wahrscheinlichkeitskarten können wir Asteroiden wegstoßen und gleichzeitig verhindern, dass sie später auf einer Kollisionsbahn zurückkommen – und so die Erde langfristig schützen.

Rahil Makadia

Diese Daten brauchen die Forscher

Damit solche Karten erstellt werden können, braucht es bestimmte Informationen über den Asteroiden:

  • Form und Oberfläche: Krater, Erhebungen oder Spalten beeinflussen, wie die Energie des Einschlags übertragen wird.
  • Masse und Dichte: Je schwerer der Asteroid, desto mehr Kraft braucht es, ihn abzulenken.
  • Rotation: Ein rotierender Asteroid reagiert anders auf einen Einschlag als ein ruhender.

All diese Daten lassen sich am besten durch eine Raumsonde direkt vor Ort ermitteln. Doch das kostet Zeit – und genau die fehlt oft, wenn sich ein neu entdeckter Asteroid der Erde nähert.

Beobachtungen von der Erde reichen oft aus

Immerhin: Erste Einschätzungen lassen sich auch durch Teleskope auf der Erde treffen. „Zum Glück ist diese Analyse zumindest auf einem grundlegenden Niveau auch allein mit erdgestützten Beobachtungen möglich, auch wenn eine Rendezvous-Mission besser wäre,“ erklärt Makadia.

Das heißt: Selbst bei kurzen Vorwarnzeiten können erste Entscheidungen getroffen werden – wenn die Methode breit verfügbar ist.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein Asteroid darf bei der Ablenkung nicht versehentlich durch ein Gravitationsschlüsselloch gelenkt werden – sonst kehrt er später auf Kollisionskurs zurück.
  • Wissenschaftler entwickeln deshalb Wahrscheinlichkeitskarten, die zeigen, an welchen Stellen ein Einschlag sicher ist und welche Regionen gefährlich sind.
  • Die Asteroidenabwehr braucht präzise Daten zu Form, Masse und Bewegung des Himmelskörpers – möglichst durch Raumsonden, im Notfall auch vom Boden.

Übrigens: Eine Atombombe kann die Flugbahn eines Asteroiden verändern. Ein Laborexperiment liefert dabei wichtige Erkenntnisse für die Sicherheit der Erde. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © NASA/Johns Hopkins APL/Steve Gribben

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