Zement aus CO2: Wie Forscher aus der Luft einen wertvollen Baustoff gewinnen

Forscher aus den USA wandeln CO2 aus der Luft in festen Zement-Rohstoff um – mit kaum messbarem Bleieinsatz und hoher Materialausbeute.

Zement aus CO2: Forscher holen Baustoff direkt aus der Luft

Ein Forschungsteam der University of Michigan gewinnt aus CO2 in der Luft feste Metalloxalate – ein Pulver, das sich als Rohstoff für Zement eignet. © Unsplash

Zement gehört zu den größten Klimasündern weltweit. Jeder Sack verursacht CO2 – dabei könnte genau dieses Gas künftig ein Baustein für klimafreundlicheres Bauen werden. Forscher haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem sich CO2 direkt aus der Luft in einen wichtigen Rohstoff für Zement verwandeln lässt. Möglich macht das eine neue Kombination aus Chemie, Strom und minimalen Mengen eines umstrittenen Metalls. Forscher der University of Michigan veröffentlichten die Ergebnisse im Fachmagazin Advanced Energy Materials.

CO2 aus der Luft wird zu festem Rohstoff

Statt CO2 tief unter der Erde zu speichern, wie viele bestehende Konzepte es vorsehen, entsteht ein fester Stoff, der sich direkt weiterverarbeiten lässt – ein sogenanntes Metalloxalat. Diese Substanz kann künftig bei der Herstellung alternativer Zementarten eine zentrale Rolle spielen.

„Wir verwandeln CO2, das sonst als wertloser Schadstoff gilt, in ein nützliches Material“, sagt Chemiker Charles McCrory. Das Verfahren ist chemisch raffiniert, aber technisch klar strukturiert. Kohlenstoff wird an einer Elektrode in eine gelöste Oxalat-Verbindung umgewandelt. Gleichzeitig setzt eine zweite Elektrode Metallionen frei. Treffen sich beide Stoffe, entsteht ein festes Salz, das aus der Lösung ausfällt und als Pulver geerntet werden kann.

Der Clou: Damit diese Umwandlung funktioniert, braucht es einen Katalysator. Blei ist dafür besonders effektiv – aber auch hochgiftig. McCrory und sein Team fanden einen Weg, den Bleianteil radikal zu verringern. Den Forschern gelang es, die für den Prozess benötigte Bleimenge auf wenige Teile pro Milliarde zu reduzieren. Möglich macht das ein Mantel aus Polymeren, der die Reaktion präzise steuert.

Blei-Gefahr clever entschärft

„Wir kontrollieren das direkte Umfeld der Reaktion so genau, dass wir nur noch winzige Mengen Blei benötigen“, erklärt McCrory. Was technisch klingt, hat enorme Relevanz für den Alltag: Nur wenn solche Verfahren ungiftig und skalierbar sind, können sie in der Industrie ankommen.

Die Idee, mit Blei zu arbeiten, kam vom Team um Jesús Velázquez an der University of California, Davis. „Metalloxalate sind eine kaum genutzte Chance“, sagt er. Neben dem Nutzen für Zement könnten sie auch als Speicherform für CO2 dienen oder als Rohstoff für andere Materialien.

Reaktionswege erstmals exakt berechnet

Die theoretische Absicherung übernahm Anastassia Alexandrova an der UCLA. Mit Rechenmodellen überprüfte sie, ob das Verfahren stabil funktioniert. Ihre Ergebnisse bestätigten: Der Reaktionsweg ist plausibel. Sie sagt: „Katalysatoren wie dieser entstehen oft durch Zufall, aber genau in solchen Verunreinigungen liegt großes Potenzial.“

CO2 aus Industrieabgasen wird in einem chemischen Verfahren zu festem Zement-Rohstoff umgewandelt – als Pulver nutzbar für klimafreundlichen Bau. © University of Michigan
CO2 aus Industrieabgasen wird in einem chemischen Verfahren zu festem Zement-Rohstoff umgewandelt – als Pulver nutzbar für klimafreundlichen Bau. © University of Michigan

Die Forscher sammelten das Reaktionsprodukt als festen Stoff. Unter normalen Bedingungen wird daraus kein CO2 mehr frei. Für McCrory ist das entscheidend: „Es ist eine echte CO2-Bindung. Und gleichzeitig ein Produkt mit echtem Mehrwert.“

Vom Labor zur Industrie – Schritt für Schritt

Die elektrochemische Kohlenstoff-Umwandlung funktioniert im Labormaßstab bereits gut. Der nächste Schritt wird sein, das Verfahren auf industrielle Größenordnungen zu übertragen. Genau hier liegt die aktuelle Herausforderung.

„Deshalb war es so wichtig, das Blei drastisch zu reduzieren“, sagt McCrory. „Ohne das wäre eine Anwendung im großen Maßstab unvertretbar.“ Ziel ist es nun, die feste Ausfällung der Metalloxalate effizienter zu machen und damit ein neues Kapitel für CO2-Nutzung aufzuschlagen.

Ein neuer Weg für klimafreundlichen Zement

Zement muss nicht länger mit massiven Emissionen verbunden sein. Wenn CO2 selbst zur Zutat wird, entstehen völlig neue Spielräume für die Baustoffe der Zukunft. Die Forschung der University of Michigan zeigt, dass sich selbst aus Luft ein wertvoller Baustoff gewinnen lässt – und das sicher, effizient und nachhaltig.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein Forschungsteam der University of Michigan hat ein Verfahren entwickelt, das CO2 aus der Luft in feste Metalloxalate umwandelt – einen wertvollen Rohstoff für alternativen Zement.
  • Die Umwandlung gelingt mithilfe von Strom und winzigen Spuren Blei, das durch Polymere gezielt gesteuert wird und dadurch nicht gesundheitsgefährdend wirkt.
  • Die Methode bindet Kohlenstoff dauerhaft und ist so angelegt, dass sie sich perspektivisch im industriellen Maßstab anwenden lässt.

Übrigens: Nicht nur Hightech-Materialien können CO2 aus der Luft holen. Forscher setzen in diesem Zusammenhang auch auf Ton – ein natürlicher Stoff, der überall verfügbar ist. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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