Kleine Roboter lernen von Insekten – Neue Technik lässt sie über Wasser laufen
Roboter könnten bald auf dem Wasser laufen – und damit Proben sammeln, Schadstoffe erkennen und in der Medizin helfen.

Der Prototyp „HydroBuckler“ bewegt sich durch das Knicken seiner „Beine“ – ähnlich wie eine Wasserspinne. © UVA
Viele Menschen trinken Wasser aus Flaschen oder Leitungen, ohne sich Gedanken über mögliche Schadstoffe zu machen. Winzige Helfer könnten nun künftig dabei unterstützen, belastetes Wasser schneller zu überprüfen. Ingenieure haben ein Verfahren entwickelt, mit dem extrem dünne Kunststoffschichten direkt auf der Wasseroberfläche entstehen.
Aus diesen Schichten bauen sie kleine Maschinen, die sich über das Wasser bewegen können – ähnlich wie Insekten. Die Methode erlaubt es, Roboter direkt auf Wasseroberflächen zu fertigen. So könnten sie künftig Proben sammeln oder technische Aufgaben übernehmen.
Winzige Silikontropfen formen stabile Filme auf Wasseroberflächen
Kern der Entwicklung ist ein Verfahren mit dem Namen HydroSpread. Dabei wird ein winziger Tropfen aus Silikon – genau genommen Polydimethylsiloxan (PDMS) – auf ein Wasserbecken gegeben. Der Tropfen enthält nur fünf Mikroliter Flüssigkeit, weniger als ein Staubkorn. Innerhalb von zehn Minuten breitet er sich gleichmäßig zu einer hauchdünnen Schicht aus. Nach acht Stunden ist daraus ein flexibler Kunststofffilm entstanden.
Diese Folien sind extrem glatt: Die Abweichungen auf der Oberfläche liegen bei nur ±1,2 Nanometern. Zum Vergleich: Das entspricht einem Zehntausendstel der Dicke eines Haares. Die Filme sind zudem dünner als ein Mikrometer, also feiner als die meisten Bakterien.
Forscher fertigen Muster mit hoher Präzision
„Wir stellen HydroSpread vor – eine Verarbeitungstechnologie, die es ermöglicht, weiche Filme direkt auf der Wasseroberfläche herzustellen und zu bearbeiten“, erklärt Baoxing Xu von der University of Virginia, der das Projekt leitet. Um die Schichten in Form zu bringen, setzen die Ingenieure Laser mit Leistungen zwischen 15 und 25 Watt ein. Dadurch entstehen Linien, Kreise oder komplexe Muster, die auf festen Unterlagen wie Glas oder Silizium nicht in dieser Präzision möglich wären.
Die Haftung der fertigen Filme am Wasser beträgt nur 0,05 Joule pro Quadratmeter. Sie lassen sich daher leicht ablösen, ohne zu reißen. Das erleichtert den Bau von kleinen Maschinen, die direkt auf Wasserflächen entstehen und dort auch einsatzbereit sind.
Roboter bewegen sich durch Wärme
Die Prototypen tragen Namen wie „HydroFlexor“ oder „HydroBuckler“. Ihre Bewegungsmechanismen erinnern an Wasserläufer. „Es werden zwei durch Erwärmung ausgelöste Fortbewegungsarten beschrieben: biegen wie eine Flosse und knicken wie ein Bein“, so Xu.
Die Geschwindigkeit der Mini-Roboter hängt von der Temperatur und der Bauform ab. Bei Versuchen erreichten sie bis zu 0,6 Zentimeter pro Sekunde. Dabei erzeugten sie einen Schub von etwa 1,4 Mikronewton – Werte, die vergleichbar sind mit bioinspirierten Mikrorobotern anderer Forschungsgruppen.
Belastbar und wiederverwendbar
Neben der Beweglichkeit spielt auch die Haltbarkeit eine große Rolle. „Die Verformungen der Filme (Biegen und Knicken) sind voll reversibel und zeigen selbst nach vielen Heizzyklen kein Nachlassen“, sagt Xu. Die kleinen Roboter können also mehrfach genutzt werden, ohne dass das Material an Leistung verliert.
Auch die Materialwerte zeigen, wie robust und anpassbar die Technik ist: Das Silikon (PDMS) ist weich und biegsam, verstärkt mit winzigen Kohlenstoffröhrchen wird es fast dreimal so steif. Mit einer Dichte von 970 Kilogramm pro Kubikmeter bleibt es zugleich leicht genug, um auf Wasser zu funktionieren. So lässt sich das Material je nach Einsatz stärker auf Flexibilität oder auf Stabilität ausrichten.
Roboter laufen auf dem Wasser und sammeln Proben
Die Ingenieure haben bereits erste Anwendungen getestet. Mit den winzigen Geräten ließen sich Wasserproben entnehmen oder Schadstoffe aufspüren. Auch denkbar: Einsätze in überfluteten Gebieten, wo größere Maschinen versagen.
Xu hebt die Vielseitigkeit der Methode hervor: „Dieses Verfahren ist kosteneffizient und kompatibel mit vielen Kunststoffen. Es ebnet den Weg für Sensoren, Aktuatoren und flexible elektronische Geräte, die direkt auf Wasser gefertigt werden können.“
Kurz zusammengefasst:
- Mit dem Verfahren HydroSpread entstehen hauchdünne Kunststofffilme direkt auf Wasser, aus denen winzige Roboter gebaut werden können.
- Diese Roboter bewegen sich durch Erwärmung wie Flossen oder Beine, sind wiederverwendbar und erreichen Geschwindigkeiten bis 0,6 cm/s.
- Einsatzmöglichkeiten reichen von Umweltüberwachung über Katastrophenschutz bis hin zu Medizin und Elektronik.
Übrigens: Winzige Würfelroboter aus Chemnitz können erstmals miteinander reden und im Schwarm Aufgaben übernehmen. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © UVA