Nie wieder Lampenfieber: Kostenloser KI-Coach verwandelt jeden in einen Top-Redner
Viele Menschen haben Angst, vor großem Publikum zu sprechen. Ein neuer KI-Coach verspricht Abhilfe – mit radikaler Überexpositionstherapie.

Die kostenlose Plattform Virtual Reality Public Speaking soll Menschen die Angst vorm Reden in der Öffentlichkeit nehmen. © Vecteezy
Eine innovative KI-gestützte Virtual-Reality-Plattform bietet neue Hoffnung für Menschen, die Angst vor dem Sprechen in der Öffentlichkeit haben. Entwickelt von Dr. Chris Macdonald an der University of Cambridge, soll das Tool Nutzer innerhalb weniger Sitzungen in selbstbewusste Redner verwandeln.
Virtuelle Realität gegen Redeangst
Laut Umfragen empfinden bis zu 80 Prozent der Studenten im Vereinigten Königreich das Sprechen vor Publikum als eine der größten sozialen Ängste. Viele vermeiden es, wodurch die Angst oft nur noch größer wird. Therapien sind zudem kostenintensiv oder schwer zugänglich. Hier setzt die neue Plattform der University of Cambridge an: Sie bietet personalisierte Lerninhalte, realistische virtuelle Umgebungen und ein KI-gestütztes Coaching.
Eine aktuelle Studie der Universität zeigt, dass bereits nach einer 30-minütigen Nutzung das Selbstvertrauen der Teilnehmer signifikant steigt. In einer Testreihe mit Studenten der University of Cambridge und des University College London berichteten alle Nutzer nach einer Woche über positive Effekte.
Erste kostenlose Plattform weltweit
Seit dem 15. März 2025, dem Weltredetag, ist die Plattform kostenlos verfügbar. Sie wird zudem beim Cambridge Festival am 29. und 30. März 2025 vorgestellt. Das Besondere: Nutzer trainieren in einer virtuellen Umgebung mit realistischen Szenarien. Dabei steigern sich die Herausforderungen schrittweise – von kleinen, aufmerksamen Gruppen bis hin zu riesigen, lauten Auditorien mit Tausenden virtuellen Zuschauern.
Macdonald bezeichnet dieses Prinzip als „Überexpositionstherapie“. Dennoch sei die Plattform so gestaltet, dass Nutzer sie als spielerische Herausforderung wahrnehmen und gerne wiederverwenden.
Überexpositionstherapie ist das psychologische Äquivalent zum Laufen mit Gewichten: Sie fördert zusätzliche Anpassungsfähigkeit, Durchhaltevermögen, Stärke und Widerstandsfähigkeit. Wenn eine Person anschließend in einer realen Situation auftritt, kann es sich wie ein Schritt zurück anfühlen – vergleichsweise leicht.
Dr. Chris Macdonald
KI-Coach analysiert und gibt Feedback
Ein eingebauter KI-gestützter Coach analysiert die Performance der Nutzer und gibt individuelles Feedback. Entwickelt auf Basis der 100 besten Reden der Geschichte, war die KI zunächst zu kritisch. Macdonald berichtet: „Der Coach war anfangs so effektiv in seinem kritischen Vergleich, dass er den Nutzer wirklich entmutigte. Es war, als ob jedes Wort mit einem roten Stift durchgestrichen wurde und der Nutzer versagt hätte.“ Nach Anpassungen gibt der Coach nun konstruktive Rückmeldungen, die gezielt die wichtigsten Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen.
Das Tool ist nicht nur eine wissenschaftliche Innovation, sondern hat auch einen praktischen Nutzen für Menschen, die Angst vor dem Sprechen haben. Viele Nutzer berichten, dass sie durch die Plattform erstmals das Gefühl haben, ihre Fähigkeiten aktiv verbessern zu können.
VR-Technik ohne teure Geräte
Macdonalds Ziel war es, die Plattform so zugänglich wie möglich zu gestalten. Da nur fünf Prozent der britischen Haushalte über ein VR-Headset verfügen, entwickelte er eine Möglichkeit, Smartphones als VR-Brillen zu nutzen. Mit einer einfachen Halterung für etwa 15 Euro wird selbst ein altes Smartphone zum VR-Tool.
Die Plattform ist sowohl für Android als auch iOS verfügbar und kann auf unterschiedlichen Geräten genutzt werden.
Erweiterungen für spezielle Anwendungsfälle
Um die Plattform weiter zu verbessern, testete Macdonald sie mit mehr als 50.000 Nutzern. Seine Forschung führte ihn auf Messen, in Schulen, Bibliotheken und sogar private Wohnzimmer. „Eine Frau sagte zu mir, dass sie damit das Selbstbewusstsein gehabt hätte, Lehrerin zu werden, wenn es das gegeben hätte als sie jünger war“, berichtet Macdonald. Solche Rückmeldungen bestätigten ihn darin, das Projekt weiterzuentwickeln.
Derzeit arbeitet Macdonald an spezialisierten VR-Szenarien, darunter ein virtueller TV-Studio-Auftritt oder ein Bewerbungsgespräch. Darüber hinaus entwickelt er eine spezielle App für das Gesundheitswesen und kooperiert mit Organisationen, die Menschen mit Sprachstörungen unterstützen. Sein Ziel ist es, angepasste Behandlungsmöglichkeiten für Menschen zu schaffen, die es am meisten brauchen. Dafür sucht er derzeit weitere Finanzierungspartner.
Kurz zusammengefasst:
- Eine neue KI-gestützte VR-Plattform der University of Cambridge hilft Menschen, ihre Angst vor dem Sprechen in der Öffentlichkeit zu überwinden.
- Nutzer trainieren in realistischen virtuellen Umgebungen und erhalten direktes Feedback von einem KI-Coach, der auf die besten Reden der Geschichte geschult wurde.
- Das Tool ist kostenlos verfügbar, kann mit einem Smartphone genutzt werden und ermöglicht schrittweise schwieriger werdende Redetrainings, um Selbstvertrauen und Souveränität zu stärken.
Bild: © Vecteezy