Plötzlich öffentlich: Wie ein Häkchen intime ChatGPT-Gespräche in die Google-Suche bringt

Ein unscheinbares Häkchen beim Teilen reicht aus: Tausende ChatGPT-Gespräche mit sensiblen Inhalten sind plötzlich über Google auffindbar.

Ein Häkchen reicht: Google indexiert private ChatGPT-Gespräche

Ein Klick zu viel – und private ChatGPT-Chats landen offen in der Google-Suche. © Pexels

Was eigentlich privat bleiben soll, kann plötzlich für alle sichtbar im Netz stehen. Gespräche zwischen Nutzern und ChatGPT landen seit Kurzem in den Google-Suchergebnissen – darunter auch besonders persönliche und sensible Inhalte. Auslöser dafür ist eine bislang wenig beachtete Funktion beim Teilen von Konversationen, meldet Fast Company. Wer das falsche Häkchen setzt, sorgt dafür, dass Google ChatGPT-Gespräche indexiert – also öffentlich im Netz durchsuchbar macht.

Tatsächlich genügt ein einziger Klick, um einen privaten KI-Dialog weltweit zugänglich zu machen. Dabei wollten viele Nutzer ihren Chat nur speichern oder an eine einzelne Person weiterleiten. Dass er plötzlich auf Google auftaucht, war nicht beabsichtigt – und für viele eine böse Überraschung.

Ein Klick auf „Sichtbar in der Suche“ – und das Gespräch ist öffentlich

Der kritische Punkt liegt in der „Teilen“-Funktion von ChatGPT. Wer auf das Symbol klickt, kann einen Link zum Chat erstellen – etwa zum Speichern oder Weitergeben. In diesem Fenster gibt es jedoch eine zusätzliche Option: „Allow search engines to index this link“ („Suchmaschinen dürfen diesen Link erfassen“).

Genau dieses Häkchen macht den Unterschied. Es ist standardmäßig deaktiviert – doch wer es aktiv setzt, erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, dass die Inhalte von Suchmaschinen wie Google & Co. gefunden und gespeichert werden dürfen. Ab dann ist das Gespräch über eine einfache Google-Suche aufrufbar.

Google veröffentlicht intime Details aus ChatGPT-Gesprächen

Das US-Magazin Fast Company hat mit einer gezielten Suche rund 4.500 solcher öffentlich sichtbaren ChatGPT-Gespräche entdeckt. Einige davon enthalten hochsensible Informationen – etwa über Depressionen, familiäre Probleme, Missbrauch oder Ängste. In einem Fall beschreibt ein Nutzer sein Trauma nach einem Auslandsaufenthalt, in einem anderen geht es um psychische Auffälligkeiten bei Kindern.

KI-Ethikerin Carissa Véliz von der Universität Oxford zeigt sich laut dem Bericht schockiert: „Dass Google diese extrem sensiblen Gespräche aufnimmt, ist einfach unfassbar.“ Sie wirft OpenAI mangelnden Datenschutz vor: „Was zählt, ist, was sie tun – nicht, was sie sagen.“

Funktion zurückgezogen – aber Inhalte bleiben im Netz

OpenAI hat mittlerweile auf die Kritik reagiert und die Sichtbarkeitsfunktion wieder entfernt. Das Unternehmen nannte die öffentliche Indexierung ein „kurzlebiges Experiment mit zu vielen Möglichkeiten für versehentliche Veröffentlichungen“. Trotzdem sind viele der freigegebenen Inhalte weiterhin über Google auffindbar.

„ChatGPT-Konversationen sind privat, es sei denn, Sie entscheiden sich dazu, sie zu teilen“, erklärt ein OpenAI-Sprecher. „Das Erstellen eines Links beinhaltet auch die Option, ihn für Websuchen sichtbar zu machen.“ Genau dieses zusätzliche Häkchen sei entscheidend – und wurde offenbar häufig übersehen.

Millionen nutzen ChatGPT für psychologische Hilfe

Besonders problematisch: Viele Menschen suchen bei ChatGPT nach seelischem Beistand. In einer Umfrage gaben fast die Hälfte aller US-Amerikaner an, in den vergangenen zwölf Monaten ein KI-Modell wie ChatGPT genutzt zu haben – etwa bei Angstzuständen, Depressionen oder persönlichen Krisen. Drei Viertel suchten Hilfe bei Sorgen, zwei Drittel bei Beziehungsfragen.

OpenAI-Chef Sam Altman rät inzwischen klar zur Zurückhaltung: „Nutzer sollten keine sehr persönlichen Informationen mit ChatGPT teilen, da wir gesetzlich dazu gezwungen werden könnten, diese herauszugeben.“ Er nannte das System „sehr verrückt“.

ChatGPT-Konversationen lassen sich nicht einfach entfernen

„Viele Nutzer begreifen nicht, dass Plattformen wie ChatGPT Funktionen haben, die unbeabsichtigt ihre vertraulichsten Fragen und Geschichten veröffentlichen können“, warnt Rachel Tobac, CEO von SocialProof Security.

Auch wenn OpenAI die Funktion laut dem Bericht von Fast Company inzwischen wieder deaktiviert hat: Inhalte, die bereits indexiert wurden, bleiben zunächst auffindbar. Zwar lassen sich geteilte Links wieder löschen – doch die Suchmaschinen behalten Kopien teils für längere Zeit. Tobac fordert deshalb mehr Aufklärung.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein einziges Häkchen beim Teilen reicht aus, damit Google ChatGPT-Gespräche öffentlich sichtbar macht. Wer „Suchmaschinen dürfen diesen Link erfassen“ aktiviert, veröffentlicht den Chat unbeabsichtigt im Netz.
  • Viele dieser Gespräche enthalten sensible Informationen – von psychischen Erkrankungen bis zu familiären Problemen. Tausende solcher Inhalte sind bereits über die Google-Suche abrufbar.
  • OpenAI hat die Funktion inzwischen deaktiviert, doch bereits indexierte Gespräche bleiben auffindbar. Nutzer sollten keine vertraulichen Inhalte mit ChatGPT teilen – auch bei scheinbar privatem Austausch.

Übrigens: Bei der Sichtbarkeit im Netz von ChatGPT-Gesprächen geschieht es teils ungewollt, bei der Sprache ebenso – viele Menschen übernehmen inzwischen typische KI-Begriffe, ohne es zu merken. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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