Digitales Leben nach dem Tod: Wie KI uns unsterblich macht
KI macht unsterblich: Das wird möglich, wenn virtuelle Avatare Stimmen und Geschichten Verstorbener bewahren – mit Einfluss auf die Trauerarbeit.
Unsterblich durch KI – was nach Science-Fiction klingt, ist längst Realität. In der sogenannten „Digital Afterlife Industry“ arbeiten Unternehmen daran, Menschen mithilfe künstlicher Intelligenz und Sprachsimulation digital weiterleben zu lassen. Chatbots und virtuelle Avatare sollen es Angehörigen ermöglichen, mit ihren verstorbenen Liebsten zu sprechen – oder zumindest mit einer lebensechten Nachbildung ihrer Persönlichkeit und Stimme. Diese Idee, die an einen futuristischen Traum erinnert, stößt auf wachsendes Interesse, aber auch auf Skepsis und ethische Diskussionen.
Im Mittelpunkt steht die Vision, Erinnerungen und Geschichten eines Menschen so präzise zu bewahren, dass sie nicht mit ihm sterben. Ein Vorreiter dieser Technologie ist das Unternehmen Life’s Echo, das mit einer Kombination aus KI-gestützten Interviews und Sprachsynthese arbeitet. Ziel ist es, einen digitalen „Geist“ zu schaffen, der die Persönlichkeit des Verstorbenen so authentisch wie möglich abbildet – mit einer fast erschreckenden Genauigkeit, wie TechRadar berichtet.
Eine digitale Zeitkapsel für das Jenseits
Die Grundlage von Life’s Echo bilden ausführliche Gespräche, die mit der KI „Sarah“ geführt werden. In fünf Sitzungen à 45 Minuten werden Nutzer zu den großen Themen ihres Lebens befragt: Kindheit, Familie, Karriere, Liebe und prägende Momente. Die KI stellt über 1.000 Fragen, um persönliche Geschichten und Ansichten zu sammeln. Diese Daten fließen in die Erstellung eines digitalen Modells ein, das nicht nur Fakten wiedergibt, sondern auch die Art und Weise imitiert, wie der Mensch spricht und denkt.
Ein besonders beeindruckendes Element dieser Technologie ist die Stimme. Dank fortschrittlicher Sprachsynthese klingt der digitale Avatar nicht nur wie die verstorbene Person, sondern antwortet auch so, wie sie es wahrscheinlich tun würde. Dies ermöglicht Hinterbliebenen, Fragen zu stellen, die sie vielleicht nie gestellt haben: „Wie war deine Kindheit wirklich?“ oder „Wie hast du dich gefühlt, als ich geboren wurde?“. Die Antworten kommen – zumindest aus technischer Sicht – von der verstorbenen Person selbst.
Hilfreich oder gruselig?
Die Mitbegründerin von Life’s Echo, Ruth Endacott, beschreibt die Mission ihres Unternehmens als eine Art digitales Vermächtnis: „Viele von uns wissen wenig über ihre Urgroßeltern. Nach wenigen Generationen verschwinden die Erinnerungen fast vollständig. Unsere Technologie soll sicherstellen, dass zukünftige Generationen intime Einblicke in das Leben und die Gedanken ihrer Vorfahren bekommen.“
Doch die Idee polarisiert. Für manche ist der Gedanke tröstlich: Die Möglichkeit, mit einem geliebten Menschen zu sprechen, auch wenn er nicht mehr da ist, könnte in Zeiten der Trauer helfen. Andere empfinden es als unheimlich, wenn eine Software vorgibt, jemand zu sein, den sie verloren haben. Psychologen warnen zudem vor möglichen emotionalen Nebenwirkungen: Statt Trauer zu verarbeiten, könnten Hinterbliebene in einer digitalen Vergangenheit gefangen bleiben.
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Science-Fiction wird Realität
Die Idee des digitalen Lebens nach dem Tod ist nicht neu. Filme wie „Her“ oder „Black Mirror“ haben diese Vision schon lange aufgegriffen. Doch mit Unternehmen wie Life’s Echo wird die Fiktion greifbare Wirklichkeit. Ähnliche Projekte wie Eternos oder Project Lazarus arbeiten bereits an KI-basierten Erinnerungsmodellen. Life’s Echo setzt sich jedoch durch seinen emotionalen Tiefgang und die realistische Sprachsynthese ab.
Neben den ethischen Fragen gibt es auch praktische Bedenken: Wer kontrolliert die Daten nach dem Tod des Nutzers? Und wie schützt man diese vor Missbrauch? Trotz aller offenen Fragen steht eines fest: Die Möglichkeit, über den Tod hinaus mit einer digitalen Version von sich selbst zu existieren, ist näher, als viele denken – und könnte unser Verständnis von Leben und Sterben grundlegend verändern.
Was du dir merken solltest:
- Virtuelle Avatare bewahren mithilfe von KI Stimmen, Geschichten und Persönlichkeiten Verstorbener, um ein digitales Vermächtnis zu schaffen und so Personen unsterblich zu machen.
- Diese Technologie ermöglicht es, mit einer lebensechten Nachbildung Verstorbener zu kommunizieren, was Trauerarbeit erleichtern aber auch erschweren kann.
- Neben ethischen Fragen gibt es praktische Herausforderungen wie Datenschutz und die Kontrolle über digitale Persönlichkeiten nach dem Tod.
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