Aus alten E-Auto-Batterien wird dringend benötigter Dünger
Ein Ingenieur aus Wisconsin zeigt, wie sich alte E-Auto-Batterien in Dünger verwandeln lassen – und damit Importabhängigkeit verringern.
Eine irgendwann ausgediente Batterie dieses E-Autos könnte künftig als Dünger enden. © Pexels
Deutschland steckt in einem Dilemma: Ohne Dünger wächst kein Getreide, kein Gemüse, kein Futter. Doch große Teile der Nährstoffe, die unsere Landwirtschaft braucht, kommen aus dem Ausland – oft aus politisch unsicheren Regionen. Seit der Energiekrise 2022 hat sich das Problem verschärft. Die Herstellung von Ammoniak, dem wichtigsten Ausgangsstoff für Stickstoffdünger, ist so energieintensiv, dass viele Werke ihre Produktion drosseln mussten.
Deutschland produziert zwar selbst Dünger, kann den Bedarf jedoch nicht decken. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage im Bundestag (Drucksache 21/757, Stand 4. Juli 2025) importiert Deutschland jedes Jahr mehrere Millionen Tonnen Mineraldünger. Um diese Abhängigkeit zu verringern, suchen Forscher weltweit nach neuen Quellen – und stoßen dabei auf ein überraschendes Potenzial: alte E-Auto-Batterien, die sich in Nährstoffe für Pflanzen umwandeln lassen.
Wie alte E-Auto-Batterien zu Dünger werden
Auch in den USA wird an solchen Lösungen gearbeitet. Forscher der University of Wisconsin–Milwaukee (UWM) wollen zeigen, dass sich ausgediente E-Auto-Batterien nicht nur recyceln, sondern sinnvoll weiterverwenden lassen. Ihr Ziel: Die verbrauchten Akkus sollen zu einem neuen Rohstoff für Dünger werden – und damit gleich zwei Probleme lösen – die wachsende Menge an Batterieabfällen und die Abhängigkeit von Importen.
Der Ingenieur Deyang Qu arbeitet an einem Verfahren, das besonders für die weit verbreiteten Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien (LFP) geeignet ist. Diese Akkus kommen in vielen E-Autos, Lieferwagen und Bussen zum Einsatz und gelten nach etwa zehn Jahren als verbraucht. Qu hat nun einen Weg gefunden, die enthaltenen Stoffe weiterzunutzen – und sie in Nährstoffe für Pflanzen zu verwandeln.
Warum sich das Recycling von Batterien bisher kaum rechnete
„Derzeit kostet das Recycling der Batterien mehr als der Wert der zurückgewonnenen Materialien“, sagt Qu. „Wenn wir aber Dünger daraus machen, vermeiden wir Abfall und unterstützen gleichzeitig die Landwirtschaft.“
Mit einem sogenannten Ionenaustauschverfahren ersetzt sein Team das Lithium im Kathodenmaterial durch Kalium. Übrig bleiben Elemente wie Phosphor, Kalium und Stickstoff – genau die Stoffe, die Pflanzen zum Wachsen brauchen.

E-Auto-Akkus als Chance für Kreislaufwirtschaft
Die Idee hat mehrere Vorteile:
- Umwelt: Alte Batterien enthalten wertvolle Elemente, die nicht im Sondermüll landen müssten.
- Wirtschaft: Das Verfahren könnte neue Arbeitsplätze in Recycling und Agrartechnik schaffen.
- Sicherheit: Eine eigene Quelle für Düngemittel würde Deutschland und andere Industrieländer unabhängiger von geopolitischen Risiken machen.
Das Konzept wurde bereits erfolgreich im Labor getestet – gefördert durch ein internes Innovationsprogramm der UWM und das US-Landwirtschaftsministerium (USDA). Die Forscher planen nun Feldversuche mit Tomatenpflanzen auf einer rund 4.000 Quadratmeter großen Testfläche. So wollen sie prüfen, wie sich der neue Dünger im Vergleich zu herkömmlichen Produkten verhält.
Forschung mit Potenzial
Auch andere Studien stützen die Idee, dass Batteriematerialien eine neue Rohstoffquelle für Düngemittel sein könnten. Qu und sein Team beschrieben bereits 2023 in einer Untersuchung denselben Ionenaustauschprozess und bezeichneten die Methode als „Proof of Concept“. Die Autoren zeigen, dass Phosphor aus LFP-Batterien effizient rückgewonnen werden kann – ein Stoff, den Deutschland sonst teuer importieren muss.
Die Forscher aus Milwaukee sehen darin nicht nur eine technische Lösung, sondern einen wirtschaftlichen Neustart für Regionen, die bisher von energieintensiver Produktion abhängig sind. „Entweder zahlen Hersteller und Staaten für die Entsorgung oder wir finden Wege, sie wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen“, so Qu. Sein Ansatz verbindet beides: Recycling, Ressourcenschutz und landwirtschaftliche Versorgungssicherheit.
Kurz zusammengefasst:
- Deutschland ist stark von Düngemittelimporten abhängig, vor allem bei Phosphat, da die heimische Produktion den Bedarf nicht decken kann.
- Forscher der University of Wisconsin-Milwaukee entwickeln ein Verfahren, das alte E-Auto-Batterien in nährstoffreiche Bestandteile für Dünger umwandelt.
- Dadurch könnten Abfallmengen sinken, Rohstoffe zurückgewonnen und die Abhängigkeit von Importen verringert werden – ein doppelter Gewinn für Umwelt und Landwirtschaft.
Übrigens: Der unscheinbare Stoff AdBlue aus Dieselfahrzeugen könnte bald ganz ohne Chemieanlagen entstehen – einfach an der Oberfläche winziger Wassertröpfchen. Mehr dazu in unserem Artikel.
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