Abgaswächter im All – Wie ein Satellit CO2-Emissionen aufspürt
Ein deutscher Satellit misst CO2 und NO2 hochauflösend direkt über Kraftwerken. Die Daten zeigen erstmals, wie sich Schadstoffe kilometerweit ausbreiten.

Der deutsche Umweltsatellit EnMAP erfasst CO2- und NO2-Emissionen direkt über Kraftwerken und macht ihre Ausbreitung weltweit erstmals sichtbar. © DLR
Ein deutsches Forschungsteam hat mit dem Satellit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program) einen Durchbruch geschafft: Zum ersten Mal konnten die Emissionen zweier besonders schädlicher Luftgase – Kohlendioxid (CO2) und Stickstoffdioxid (NO2) – gleichzeitig und in hoher Auflösung direkt über einzelnen Kraftwerken gemessen werden. Die Aufnahmen aus dem All zeigen, wie sich die Schadstoffe kilometerweit ausbreiten – in bisher unerreichter Detailtiefe.
Die Technologie stammt vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und der Universität Heidelberg. Ihre neue Methode eröffnet eine präzise Sicht auf die Luftverschmutzung durch Industrieanlagen. Die Forschungsergebnisse könnten wichtige Hinweise liefern, wo Emissionen reduziert werden müssen, damit die Luft für alle gesünder wird.
Satellit EnMAP misst CO2 erstmals auf 30-Meter-Niveau
Bisherige Satelliten konnten CO2 oder NO2 oft nur einzeln und mit geringer Auflösung messen. EnMAP ändert das: Der Satellit liefert Daten in 30-Meter-Schritten. Damit lassen sich selbst einzelne Abgasfahnen verfolgen – bis zu mehrere Dutzend Kilometer weit.
Das ist wichtig, weil CO2 zwar überall in der Atmosphäre vorkommt, aber vor allem durch Industrie und Verkehr zusätzlich in großen Mengen ausgestoßen wird. Die gezielte Messung direkt über den Quellen hilft, diese Emissionen genau zuzuordnen – statt nur globale Durchschnittswerte zu kennen.
Neue Technik erkennt auch Reaktionen in der Luft
Stickstoffdioxid (NO2), das unter anderem bei der Verbrennung von Kohle und Öl entsteht, reagiert in der Luft mit anderen Stoffen und trägt zur Bildung von Feinstaub und Ozon bei. Beides kann die Atemwege stark belasten. EnMAP zeigt nun nicht nur, wo NO2 ausgestoßen wird – sondern auch, wie sich die Konzentration entlang der Abgasfahne verändert.
„Es ist uns gelungen, mithilfe der EnMAP-Daten die Verteilung von CO2 und NO2 in Abgasfahnen einzelner Kraftwerke zu bestimmen“, erklärt Studien-Erstautor Christian Borger. Die Messungen fanden über Anlagen in Saudi-Arabien und in Südafrika statt, einer der Regionen mit den weltweit höchsten Emissionen.
Auch für Deutschland könnte diese Technik spannend werden. Obwohl hier viele Emissionen gut überwacht sind, könnten Satellitendaten künftig helfen, Messlücken zu schließen oder Behördendaten zu ergänzen.
Schadstoffe verraten, wie effizient Kraftwerke arbeiten
Das Verhältnis von NO2 zu CO2 gibt Hinweise auf den technischen Zustand eines Kraftwerks. Ist der NO2-Anteil hoch, könnte das ein Zeichen für veraltete Technik oder schlechte Filter sein. Die Forscher konnten solche Unterschiede erstmals direkt aus der Ferne erkennen – ohne auf Meldungen der Betreiber angewiesen zu sein.
Unsere Studie zeigt, wie Satelliten mit hoher räumlicher Auflösung künftig zur gezielten Überwachung industrieller Emissionen beitragen können.
Projektleiter Thomas Wagner
Die Methode ergänzt bereits existierende Programme wie den europäischen Satelliten CO2M – geht aber bei der Ortsauflösung einen Schritt weiter.
Emissionen aufgedeckt – selbst ohne Messstation vor Ort
In vielen Teilen der Welt gibt es keine Messstationen. EnMAP schließt diese Lücke. Mit den Daten lassen sich auch in entlegenen Regionen oder in Ländern mit schwacher Umweltkontrolle belastete Gebiete sichtbar machen. Für internationale Klimaabkommen könnte das künftig eine wichtige Rolle spielen.
Gerade bei CO2 war das bislang schwierig. Die natürlichen Hintergrundwerte in der Atmosphäre sind so hoch, dass punktuelle Emissionsquellen nur schwer auffallen. Durch die gleichzeitige Messung mit NO2 kann EnMAP jetzt gezielt die Emissionen herausfiltern und so echte Quellen identifizieren – und legt damit die Grundlage für bessere Umweltpolitik und wirksamen Klimaschutz.
Kurz zusammengefasst:
- Der deutsche Satellit EnMAP misst erstmals gleichzeitig CO2- und NO2-Emissionen direkt über einzelnen Kraftwerken mit einer sehr hohen Auflösung.
- Die Methode zeigt, wie sich Schadstoffe kilometerweit in der Atmosphäre ausbreiten und liefert Hinweise auf die Effizienz der jeweiligen Anlagen.
- Damit wird eine unabhängige und präzise Überwachung industrieller Emissionen möglich.
Übrigens: Während der Satellit EnMAP CO2 und NO2 sichtbar macht, zeigt eine neue Studie erstmals, wie sich die Emissionen einzelner Unternehmen direkt auf extreme Wetterereignisse auswirken. Damit wird Klimahaftung juristisch greifbar. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © DLR (CC BY-NC-ND 3.0)