50 Millionen Grad für sechs Minuten: Fusionsrekord für Wolfram-Tokamak WEST aufgestellt

Wissenschaftler erreichten mit dem Tokamak WEST-Reaktor einen Fusionsrekord, indem sie Plasma auf 50 Millionen Grad Celsius für sechs Minuten erhitzten.

Tokamak WEST

Im Inneren der Plasmakammer des Tokamak WEST: Wissenschaftler erreichten einen neuen Fusionsrekord, indem sie Plasma auf 50 Millionen Grad Celsius für sechs Minuten erhitzten. © Wikimedia

Die Kernfusion gilt als die Energiequelle der Zukunft, die das Potenzial hat, unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen drastisch zu reduzieren und eine nachhaltige Lösung für die globale Energiekrise zu bieten. Jetzt gelang es amerikanischen Wissenschaftlern der Princeton Plasma Physics Laboratory (PPPL) im Fusionsreaktor namens Tokamak WEST einen bemerkenswerten Durchbruch zu erzielen.

Sie konnten in einem mit Wolfram ausgekleideten Fusionsgerät, bekannt als Tokamak WEST (Wolfram Environment in Steady-state Tokamak) ein Plasma auf rund 50 Millionen Grad Celsius erhitzen. Dieses extrem heiße Plasma wurde für sechs Minuten aufrechterhalten, wobei 1,15 Gigajoule Energie zugeführt wurden. Das ist 15 Prozent mehr Energie und die doppelte Dichte im Vergleich zu früheren Versuchen.

Tokamak-Reaktoren und ihre Bedeutung

Der Tokamak ist nur eine Form von Fusionsreaktor, die in der Forschung verwendet wird. Sein torusförmiges Design (Form ähnlich einem Fahrradschlauch oder einem Rettungsring) und die starken magnetischen Felder, die das heiße Plasma einschließen, sind entscheidend, um die extrem hohen Temperaturen zu erreichen und zu halten, die für die Fusion erforderlich sind. Diese Technologie ist ein Kernstück des International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER), einem internationalen Großprojekt, das die technische und wirtschaftliche Machbarkeit von Fusionsenergie als saubere und nachhaltige Energiequelle beweisen will.

Übrigens: Tokamak ist ein Akronym aus dem russischen Tороидальная Kамера с Mагнитными Kатушками (toroidalnaja kamera s magnitnoj katuschki). Übersetzt: toroidale Kammer mit Magnetspulen.

Vielfalt der Fusionsreaktoren

Neben dem Tokamak-Reaktor gibt es noch andere Arten von Fusionsreaktoren, die jeweils ihre eigenen einzigartigen Designs und Methoden verwenden:

  • Stellaratoren: Diese verwenden ebenfalls magnetische Felder zur Eindämmung des Plasmas, haben aber eine komplexere, dreidimensionale Magnetfeldstruktur, die potenziell stabilere Plasmaeinschlüsse als Tokamaks bietet.
  • Trägheitseinschlussfusion (Inertial Confinement Fusion, ICF): Hier wird Kernbrennstoff durch Hochleistungslaser oder andere Strahlungsquellen schnell komprimiert und erhitzt, um eine Fusion zu erreichen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die National Ignition Facility (NIF) in den USA.
  • Magnetisierte Zielzündung (Magnetized Target Fusion, MTF): Diese Methode kombiniert Elemente des magnetischen Einschlusses mit denen der Trägheitseinschlussfusion. Dabei wird Plasma zunächst magnetisch eingeschlossen und dann komprimiert, um die Fusion zu initiieren.
  • Reversed-Field Pinch (RFP): Hierbei wird das Plasma in einer Weise eingeschlossen, dass das Magnetfeld umgekehrt wird, was zu einem stabileren Plasmaeinschluss führen kann.
  • Sphärischer Tokamak: Eine Variation des traditionellen Tokamak-Designs, bei der das torusförmige Gefäß kompakter und nahezu kugelförmig ist, was effizientere Plasmaverhältnisse ermöglicht.

CEA-Wissenschaftler feiert Durchbruch trotz Herausforderungen

Xavier Litaudon, ein Wissenschaftler der French Alternative Energies and Atomic Energy Commission (CEA) und Vorsitzender der Coordination on International Challenges on Long duration Operation (CICLOP), kommentierte den jüngsten Durchbruch: „Das sind wunderbare Ergebnisse“, trotz einer schwierigen Umgebung mit Wolframwand.

Forschung treibt kontinuierlich Kernfusion voran

Die Forschungsarbeiten fanden am Tokamak WEST, betrieben von der CEA in Frankreich, und am PPPL in den USA statt. Diese Institutionen spielen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und Implementierung fortschrittlicher Technologien für die Erforschung der Kernfusion. Mit jedem neuen Rekord kommen die Forschenden ihrem Ziel näher, eine kontinuierliche und dauerhafte Energiequelle zu schaffen, die die Welt dringend benötigt.

ITER kämpft mit technischen Hürden und Verzögerungen

Das sind wichtige und dennoch kleine Schritte in die vielversprechende Zukunft der unendlich verfügbaren Energie. Wie die NZZ berichtet, steckt der Internationale Thermonukleare Experimentalreaktor (ITER) in Schwierigkeiten. Dieses ehrgeizige internationale Projekt, an dem 33 Länder beteiligt sind, will die Machbarkeit der Kernfusion für die CO2-freie Stromproduktion beweisen. Ursprünglich war geplant, dass ITER im Jahr 2025 in Betrieb geht und 2035 erstmals mit einem fusionsfähigen Gemisch aus Deuterium und Tritium betrieben wird. Doch technische Probleme führen zu erheblichen Verzögerungen.

Kostenexplosion bei ITER

Dem Bericht zufolge sind die Verzögerungen gravierend, und niemand glaubt mehr an die Einhaltung des ursprünglichen Zeitplans. Internen Dokumenten zufolge, die „Scientific American“ veröffentlicht hat, wird sich das Projekt voraussichtlich um mindestens drei Jahre verzögern. Die anfänglich veranschlagten Kosten von 6 Milliarden Euro sind längst überholt, mit neuesten Schätzungen, die sich auf 20 Milliarden Euro belaufen. Experten befürchten, dass die Kosten aufgrund der Verzögerungen weiter ansteigen könnten.

Obwohl die finanzierenden Regierungen bisher weiterhin Geld bereitstellen, bleibt ungewiss, ob ihre Unterstützung aus Überzeugung oder aus der Notwendigkeit heraus erfolgt, nicht bereits investiertes Kapital abschreiben zu müssen.

Was du dir merken solltest:

  • Der Tokamak WEST, ein mit Wolfram ausgekleidetes Fusionsgerät, erreichte eine Rekordtemperatur von 50 Millionen Grad Celsius und hielt diese sechs Minuten lang.
  • Die Energieeffizienz konnte im Vergleich zu früheren Versuchen deutlich verbessert werden.
  • Trotz technischer Herausforderungen und Verzögerungen im Projektverlauf bleibt die Vision der Kernfusion als kontinuierliche Energiequelle bestehen.

Bild: © Christopher Roux, EUROfusion via Wikimedia unter CC4-Lizenz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert