Neue Art der Biopiraterie – Warum plötzlich Ameisen bei Schmugglern gefragt sind
In Kenia wurde ein Schmuggel mit Giant African Harvester Ants aufgedeckt. Die seltenen Riesenameisen bringen Sammlern bis zu 230 Euro pro Stück.

Ameisen im Kakamega-Wald: In sorgfältig angelegten Tunneln patrouillieren die „Soldaten“ – mit geöffneten Mandibeln, bereit zum Einsatz (Symbolbild). © Wikimedia
Jahrelang ging es um Elfenbein, Schuppentiere oder das Horn von Nashörnern – jetzt wird mit einer völlig anderen Art Schmuggel betrieben: Ameisen. In Kenia versuchen Händler, winzige Insekten außer Landes zu bringen. Besonders gefragt ist Messor cephalotes, auch bekannt als Giant African Harvester Ant (Große afrikanische Ernteameise) – eine seltene, tiefrote Riesenameise. Sie ist streng geschützt, doch auf dem Schwarzmarkt wird sie für mehrere Hundert Euro gehandelt. Die Käufer sitzen vor allem in Europa.
Vier Männer aus Belgien, Vietnam und Kenia wurden festgenommen, weil sie versuchten, tausende dieser Ameisen zu schmuggeln. Allein bei zwei belgischen Teenagern fanden Beamte in einem Gästehaus in Nakuru rund 5.000 Exemplare – verpackt in über 2.000 Reagenzgläsern mit Watte, damit die Tiere wochenlang überleben können.
Sammeltrend befeuert Ameisen-Schmuggel weltweit
Messor cephalotes ist nicht irgendein Insekt. Die Art ist mit bis zu 25 Millimetern Länge die größte ihrer Gattung und gilt unter Sammlern als besonders begehrt. Für einzelne Ameisen werden auf dem Schwarzmarkt bis zu 230 Euro gezahlt. Vor allem in Europa und Asien steigt die Nachfrage – angetrieben vom Trend, Ameisen in sogenannten Formicarien zu halten.
Die Ameisenart Messor cephalotes ist in Kenia selten und gesetzlich geschützt, erklärte die kenianische Wildtierbehörde KWS. Ein legaler Export sei nahezu unmöglich. Der illegale Handel bedeute daher nicht nur einen Verstoß gegen nationale Gesetze, sondern auch gegen internationale Abkommen wie das Nagoya-Protokoll.
Biopiraterie bedroht Biodiversität
Die Behörden sehen in dem Fall ein alarmierendes Zeichen: Der Fokus des Wildtierhandels verlagert sich von bekannten Großtieren auf weniger beachtete, aber ökologisch wichtige Arten. Der KWS warnt: „Der Fall zeigt einen Wandel im Schmuggel – von ikonischen Säugetieren hin zu wenig bekannten, aber ökologisch entscheidenden Spezies.“
Zudem sei die Biopiraterie ein wachsendes Problem. Dabei werden genetische Ressourcen wie Tiere oder Pflanzen ausgebeutet, ohne dass das Ursprungsland entschädigt wird. „Das untergräbt Kenias Souveränität und raubt lokalen Gemeinschaften mögliche wirtschaftliche Vorteile“, so die Behörde weiter.
Ameisen-Schmuggel wird raffiniert getarnt
Schmuggler gehen dabei mit viel Aufwand vor. Die Ameisen werden in präparierten Behältern transportiert, die ihnen das Überleben über Wochen ermöglichen. Im Fall der belgischen Jugendlichen waren es Reagenzgläser mit Watte. Die Tiere sollten offenbar lebend nach Europa gebracht werden.
Die beiden 19-Jährigen gaben vor Gericht an, sie hätten die Ameisen „nur aus Interesse gesammelt“ und nicht gewusst, dass das illegal sei. Ein kenianischer und ein vietnamesischer Mann wurden ebenfalls mit 400 Tieren festgenommen. Laut Behörden waren alle vier in ein internationales Netzwerk eingebunden, wie AP berichtet.
Ökologischer Wert wird unterschätzt
Dabei spielen die Ameisen in ihrer Heimat eine zentrale Rolle für das Ökosystem. „Sie lockern den Boden, verteilen Samen, verbessern die Nährstoffversorgung und helfen dabei, Pflanzen wiederanzusiedeln“, erklärt Philip Muruthi von der African Wildlife Foundation laut AP. Besonders in Gebieten wie dem Ngong-Wald seien sie entscheidend für die Bodengesundheit.
Die Tiere gelten zudem als natürliche Schädlingsbekämpfer. Sie fressen Insekten, die der Landwirtschaft schaden können, und unterstützen so auch die Nahrungsmittelproduktion. „Wenn man einen gesunden Wald sieht, denkt man selten an die Ameisen – aber sie gehören zu den stillen Helfern“, sagt Muruthi.
Kenia warnt vor globalen Risiken
Die kenianischen Behörden warnen nicht nur vor dem Verlust biologischer Vielfalt, sondern auch vor Gesundheitsrisiken. Durch den illegalen Export könnten Krankheiten in andere Länder gelangen – mit möglichen Folgen für deren Landwirtschaft.
„Auch wenn es Handel gibt, muss er reguliert sein“, fordert Muruthi. „Niemand sollte unsere Ressourcen einfach mitnehmen dürfen.“
Kurz zusammengefasst:
- In Kenia wurde ein internationaler Schmuggel seltener Ameisen aufgedeckt – betroffen ist die streng geschützte Art Messor cephalotes.
- Die Tiere sind bei Sammlern in Europa und Asien begehrt, weil sie auffällig groß, farbenfroh und schwer zu bekommen sind.
- Der Fall zeigt, wie sich der illegale Wildtierhandel verändert: Weg von Großtieren – hin zu kleinen, ökologisch wichtigen Arten, die durch Biopiraterie bedroht sind.
Bild: © Bartolucci via Wikimedia unter CC BY 3.0