12 Minuten bis zur Diagnose – Neuer Selbsttest erkennt Krankheiten zu Hause

Ein neuartiger Selbsttest erkennt gefährliche Krankheiten wie Sepsis oder Krebs binnen Minuten – dank KI, Nanopartikeln und physikalischem Trick.

Selbsttest für zu Hause erkennt Krankheiten in 12 Minuten

Wenn ein Tropfen Flüssigkeit verdunstet, lagern sich Partikel am Rand ab und bilden ein typisches Ringmuster. Ingenieure der UC Berkeley nutzen diesen Effekt, um Krankheitsbiomarker zu konzentrieren. Die violetten Marker reagieren hier mit Nanopartikeln, die Lichtmuster erzeugen – eine Smartphone-App kann diese auswerten. © Megan Teng/UC Berkeley

Bislang braucht es für die Diagnose vieler Krankheiten einen Besuch in der Arztpraxis, oft sogar eine Laboranalyse. Schnelltests für zu Hause gibt es nur für wenige Infektionen – und ihre Aussagekraft ist begrenzt. Ein Forschungsteam der University of California in Berkeley will das ändern. Entwickelt wurde ein neuer Selbsttest, der Krankheiten wie COVID-19, Sepsis oder Prostatakrebs deutlich früher und zuverlässiger erkennen soll – ohne Labor, ohne Wartezeit, direkt von zu Hause aus. Die neue Methode wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Selbsttest für Krankheiten erkennt kleinste Anzeichen deutlich früher

Die Grundlage bildet ein physikalischer Effekt, der im Alltag oft unbemerkt bleibt – der sogenannte Kaffeering-Effekt. Wenn ein Flüssigkeitstropfen auf einer Oberfläche trocknet, sammeln sich darin enthaltene Partikel am Rand. Forscher nutzen diesen Effekt, um krankheitsspezifische Moleküle in einem Tropfen Speichel oder Blut gezielt zu konzentrieren. Statt komplexer Labortechnik genügen eine kleine Testfläche, eine Probe und ein Kameramodul zur Analyse.

Im nächsten Schritt binden winzige Nanopartikel gezielt an sogenannte Biomarker – also Eiweiße, die auf eine bestimmte Krankheit hinweisen. Kommt es zur Bindung, verändert sich die Lichtstreuung in der Probe. Eine Smartphone-Kamera kann diese Veränderung erkennen. Eine App mit künstlicher Intelligenz wertet die Daten aus.

Schnelle Sepsis-Diagnose kann Leben retten

Ein besonderer Fokus liegt auf der Früherkennung von Sepsis. Diese potenziell tödliche Entzündungsreaktion entwickelt sich oft schleichend, kann aber innerhalb kurzer Zeit lebensgefährlich werden. Besonders Menschen über 50 oder mit Vorerkrankungen gelten als gefährdet.

„Eines der Schlüsselproteine, das wir mit dieser Methode erkennen können, ist ein Biomarker für Sepsis“, erklärt Liwei Lin, Professor für Maschinenbau an der UC Berkeley. „Jede Stunde zählt, aber das Kultivieren von Bakterien zur Bestimmung der Infektionsquelle kann einige Tage dauern.“ Der neue Test liefert ein Ergebnis in 12 Minuten.

Vorsorge bei Prostatakrebs – unkompliziert und regelmäßig

Auch für die Früherkennung von Prostatakrebs bietet das Verfahren neue Möglichkeiten. Männer könnten regelmäßig zu Hause testen, ob bestimmte Biomarker im Blut vorhanden sind. Ein Arztbesuch wäre dann nur im Verdachtsfall notwendig. Besonders in ländlichen Regionen oder bei eingeschränkter Mobilität ist das ein deutlicher Fortschritt.

Ich hoffe, dass unsere Technologie es einfacher und zugänglicher macht, regelmäßig auf Erkrankungen wie Prostatakrebs zu testen.

Liwei Lin

Vertrautes Format, moderne Technik

Der neue Test erinnert äußerlich an bekannte COVID-19-Heimtests: Ein kleiner Probenträger, etwas Wartezeit, eine visuelle Auswertung. Doch im Inneren steckt moderne Nanotechnologie und intelligente Software. Die Produktion der Kits ist kostengünstig und soll auch in Regionen ohne stabile medizinische Versorgung verfügbar sein.

„Diese einfache, aber effektive Technik kann hochgenaue Ergebnisse in einem Bruchteil der Zeit im Vergleich zu traditionellen Diagnosemethoden liefern“, erklärt Studienautor Kamyar Behrouzi.

Breiter Einsatz gegen viele Erkrankungen denkbar

Die Technik lässt sich flexibel einsetzen, denn viele Krankheiten hinterlassen spezifische Spuren im Speichel oder Blut. Denkbar sind Tests auf Grippeviren, bakterielle Infektionen oder weitere Tumormarker. Menschen mit chronischen Erkrankungen oder ältere Personen könnten so regelmäßig ihren Gesundheitszustand überwachen – ohne weite Wege oder lange Wartezeiten.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein Forschungsteam der University of California in Berkeley hat einen neuen Selbsttest entwickelt, der Krankheiten wie COVID-19, Sepsis oder Prostatakrebs deutlich früher erkennt – und das ohne Labor oder Arztbesuch.
  • Die Methode nutzt den sogenannten Kaffeering-Effekt, kombiniert mit Nanopartikeln und künstlicher Intelligenz, um bereits kleinste Mengen krankheitsspezifischer Biomarker sichtbar zu machen.
  • Das Testergebnis liegt in rund zwölf Minuten vor und kann lebenswichtige Informationen liefern, besonders bei schnell verlaufenden Erkrankungen wie Sepsis.

Übrigens: Wie beim neuen Selbsttest gegen Sepsis setzen Forscher auch bei Darmkrebs auf digitale Diagnostik – per App, direkt zu Hause und ohne Labor. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Megan Teng/UC Berkeley

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