Strahlenfrei und schnell: LED-Gerät zeigt Ärzten, ob Knochen richtig heilen
Ob Knochen nach einem Bruch richtig heilen, lässt sich derzeit nur durch aufwendige Röntgen- oder CT-Scans herausfinden. Deutsche Forscher wollen das ändern.

Unfallchirurgin Bergita Ganse schaut sich mithilfe von Licht den Blutfluss und das Gewebe an, um die Knochenheilung zu überwachen. © Oliver Dietze
Wie gut Knochen nach einem Bruch wieder heilen, sieht man oft erst spät und nur auf dem Röntgenbild – eine neue Methode per LED-Gerät könnte das bald ändern. Daran arbeitet ein Forscherteam der Universität des Saarlandes mit dem Zweck, den Heilungsprozess zu überwachen – ganz ohne schädliche Strahlung. Dazu braucht es noch nicht einmal spezielles Equipment. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in zwei Studien, die im Journal of Functional Biomaterials und in Biosensors and Bioelectronics erschienen sind.
Wie Ärzte mithilfe von LED-Licht in den Körper blicken
Das Team rund um Bergita Ganse – Unfallchirurgin und Professorin für Implantatentwicklung an der Universität des Saarlandes – nutzte handelsübliche Geräte, die ursprünglich für die Untersuchung von Haut und Muskeln gedacht waren. Diese Geräte senden LED- und Laser-Licht aus, das tief genug in den Körper eindringen kann, um Vorgänge im Bereich der Knochen sichtbar zu machen.
Die neue Methode schaut sich nicht den Knochen direkt an – sie misst, wie viel Blut durch die Bruchstelle fließt und wie gut das Gewebe mit Sauerstoff versorgt wird. Typischerweise steigt der Blutfluss zunächst an und fällt nach etwa zwei bis drei Wochen wieder ab. Die Sauerstoffsättigung verhält sich umgekehrt: Sie sinkt zunächst und steigt dann wieder, sobald sich neue Gefäße bilden. Ganse und ihr Team fanden diese Muster bei der Beobachtung von 55 Patienten mit Schienbeinbrüchen. Zum Vergleich untersuchten sie zusätzlich 51 gesunde Personen.
LED-Methode ersetzt Röntgen nicht, ergänzt es aber sinnvoll
„Unsere Methode soll das Röntgen nicht ersetzen“, sagt Ganse. Sie sei nur als zusätzliche, schnelle Kontrolle gedacht, wo heute im Heilungsverlauf große blinde Flecken sind.
Bei Unterschenkelfrakturen etwa gibt es in immerhin 14 von 100 Fällen Komplikationen, die heute erst spät entdeckt werden.
Bergita Ganse
Mit der neuen Technik könnten Ärzte frühzeitig sehen, ob der Knochen richtig heilt. Kleine, tragbare LED-Geräte könnten zudem eine große Hilfe in Regionen sein, in denen Röntgengeräte nicht verfügbar sind.
Warum nicht einfach mehr Röntgenbilder anfertigen lassen?
Klassische Röntgen- oder CT-Bilder liefern lediglich Momentaufnahmen. Dazwischen bleibt der Heilungsverlauf im Dunkeln. Dabei entscheiden gerade die ersten Wochen darüber, ob ein Knochen richtig heilt oder nicht. Ärzte können auch nicht einfach mehr Röntgenbilder anfertigen lassen: Röntgen-Scans sind zwar seit ihrer Einführung im Jahr 1895 immer sicherer geworden, bei hohen Mengen bleibt die Strahlung jedoch schädlich. Jeder Einsatz muss daher gründlich abgewägt werden.
Technische Hürden bei tiefer liegenden Knochenbrüchen
Aktuell stoßen die Geräte bei dickerem Gewebe an ihre Grenzen. „Dort, wo mehr Abstand zwischen Knochen und Haut ist, können wir derzeit noch nicht messen“, erklärt Ganse. Die maximale Messtiefe liegt im Moment bei fünf Zentimetern, doch die Forscher arbeiten bereits daran, auch diese Hürde zu überwinden. Die Ergebnisse fließen in das EU-geförderte Projekt Smile ein – kurz für Smart Implants for Life Enrichment. Hier sollen die Erkenntnisse in Marknägel integriert werden.
Die Messgeräte allein sind nur eines Teil eines größeren Projekts. Seit über fünf Jahren arbeitet das Team bereits am Vorhaben „Smarte Implantate“, das mit acht Millionen Euro von der Werner Siemens-Stiftung gefördert wird. Ziel ist es, Implantate zu entwickeln, die selbst erkennen, wie gut ein Knochenbruch heilt. Die Technik soll sogar aktiv in den Heilprozess eingreifen – zum Beispiel durch Mikrobewegungen, die das Knochenwachstum anregen. Erste Patente und Demonstratoren sind bereits entstanden.
„Ich bin gespannt, wie schnell sich die Methode in der Forschung und im klinischen Alltag etabliert“, sagt Ganse. Der Nutzen scheint jedenfalls groß: Kein Strahlenrisiko, frühe Warnzeichen, mobile Technik. Und ein klares Ziel – Knochenbrüche sicherer heilen zu lassen.
Kurz zusammengefasst:
- Ein LED-Gerät ermöglicht es zu sehen, wie Knochen nach Brüchen heilen – ganz ohne den Einsatz von Röntgen- oder CT-Strahlung.
- Forscher der Universität des Saarlandes nutzen dafür LED- und Laserlicht, um Blutfluss und Sauerstoffversorgung am Bruch zu messen.
- Diese Messgeräte sind Teil des Projekts „Smarte Implantate“ – jene sollen nicht nur den Heilungsprozess nach einem Knochenbruch überwachen, sondern aktiv darin eingreifen.
Übrigens: Wie Knochen heilen lässt sich womöglich bald per LED-Gerät überwachen – ganz ohne Strahlenbelastung. Warum das angesichts steigender CT-bedingter Krebsfälle entscheidend ist, mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Oliver Dietze