Neuer Schnelltest macht Antibiotikaresistenz in Echtzeit sichtbar

Ein neuer Schnelltest erkennt Antibiotikaresistenzen innerhalb von Minuten und soll gezieltere Behandlungen und weniger Fehltherapien ermöglichen.

Neuer Schnelltest macht Antibiotikaresistenz in Echtzeit sichtbar

Multiresistente Staphylococcus-aureus-Stämme lassen sich mit herkömmlichen Antibiotika wie Penicillin kaum noch behandeln. Der neue Schnelltest µFLOWDx soll helfen, in kürzester Zeit das passende Medikament zu finden. © DALL-E

Antibiotika haben die moderne Medizin geprägt – doch ihre Wirkung bröckelt. Immer häufiger reagieren Bakterien nicht mehr auf gängige Mittel. Jährlich sterben nach aktuellen Schätzungen rund 700.000 Menschen weltweit an Infektionen, gegen die es keine wirksamen Medikamente mehr gibt. Das Problem: Ärzte müssen oft auf Verdacht behandeln, weil es Stunden dauert, bis feststeht, ob ein Antibiotikum wirkt. Für die Betroffenen ist das verlorene Zeit, in der sich ihr Zustand verschlechtern kann.

Ein Forschungsteam des Fraunhofer USA Center for Manufacturing Innovation in Boston sucht nach Lösungen. Gemeinsam mit deutschen Partnern, darunter das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, arbeiten sie an einem neuen Schnelltest, der eine Antibiotikaresistenz direkt erkennt – und das nicht nach vielen Stunden, sondern innerhalb von Minuten.

Warum Geschwindigkeit entscheidend ist

Heute beruhen gängige Tests auf dem Wachstum von Bakterien in Mikrotiterplatten. Erst nach acht bis 16 Stunden steht fest, ob ein Erreger resistent ist. Das geplante System „µFLOWDx“ will diese Zeit drastisch verkürzen. Ärzte könnten bereits nach wenigen Minuten entscheiden, welches Antibiotikum hilft und welches nicht.

Für die Behandlung wäre das ein Wendepunkt. Weniger Fehldiagnosen, gezieltere Therapien und eine deutlich höhere Chance, dass das richtige Medikament sofort eingesetzt wird. Damit ließe sich nicht nur die Zahl der Todesfälle senken, auch die Dauer von Krankenhausaufenthalten und das Risiko von Komplikationen könnten verringert werden.

So funktioniert die neue Technik

Die Plattform nutzt ein mikrofluidisches System. Dabei werden Bakterien aus einer Patientenprobe auf speziellen Oberflächen fixiert. Diese sind so behandelt, dass die Erreger zuverlässig haften. Anschließend strömen Antibiotika über die Zellen.

Jetzt greifen optische Sensoren, die auf fluoreszierenden Kohlenstoff-Nanoröhrchen basieren. Treffen die Bakterien auf ein wirksames Mittel, geben sie Moleküle wie Adenosintriphosphat (ATP) oder Wasserstoffperoxid (H₂O₂) ab. Das Fluoreszenzsignal der Sensoren verändert sich. Bleibt die Reaktion aus, zeigt das sofort: Das Medikament hat keinen Effekt.

Ein Sensorsystem aus funktionalisierten Kohlenstoff-Nanoröhrchen erkennt bakterielle Moleküle wie LPS und erzeugt je nach Zusammensetzung ein spezifisches Fluoreszenzmuster zur Unterscheidung von Bakterienarten.
Funktionalisierte Kohlenstoff-Nanoröhrchen ermöglichen den gezielten Nachweis bakterieller Moleküle – je nach Zusammensetzung entsteht ein charakteristisches Signal, das einzelne Bakterienarten identifizierbar macht. © Nature Communications

Echtzeitdiagnose soll Therapie deutlich früher ermöglichen

„Die klinische Mikrobiologie braucht dringend flexible und schnelle AST-Tools, die mit der Geschwindigkeit des Infektionsgeschehens Schritt halten können“, betont Jan Stegemann, Projektleiter am Fraunhofer IMS. Und er ergänzt:

Unser Ziel ist eine funktionale Plattform, die noch deutlich vor dem Zelltod des Erregers metabolische Veränderungen als zelluläre Stressreaktion auf ein Antibiotikum erkennt und so eine frühzeitige, evidenzbasierte Therapieentscheidung unterstützt.

Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass ein solcher Ansatz die Behandlung grundlegend verbessern kann. Denn er liefert Ergebnisse in Echtzeit – lange bevor der klassische Labortest abgeschlossen wäre.

Weniger Belastung für Kliniken

Schnellere Diagnosen hätten auch für das Gesundheitssystem enorme Vorteile. Kürzere Behandlungen bedeuten weniger Intensivpflege und geringere Kosten. Gerade in überlasteten Krankenhäusern kann eine solche Technologie entscheidend sein.

Zugleich würde die gezielte Gabe von Medikamenten helfen, den Einsatz von Breitband-Antibiotika zu reduzieren. Damit ließe sich die weitere Ausbreitung von Resistenzen eindämmen. Der gefährliche Kreislauf aus Übergebrauch und sinkender Wirksamkeit könnte durchbrochen werden.

Gezielte Therapien statt Rätselraten: Was der Schnelltest verändern könnte

Der geplante Antibiotikaresistenz-Schnelltest verspricht unmittelbare Vorteile für die Behandlung:

  • Patientensicherheit steigt, weil Ärzte sofort das passende Medikament finden.
  • Komplikationen sinken, da Fehldiagnosen vermieden werden.
  • Kliniken werden entlastet, durch kürzere Aufenthalte und weniger Intensivtherapie.
  • Resistenzen breiten sich langsamer aus, weil unnötige Medikamente vermieden werden.

Das macht deutlich, wie groß die Chancen sind. Ein Werkzeug, das innerhalb von Minuten Antworten liefert, könnte die globale Resistenzkrise entscheidend verlangsamen.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein neuer Schnelltest vom Fraunhofer-Team kann eine Antibiotikaresistenz direkt nachweisen – nicht erst nach Stunden, sondern schon nach wenigen Minuten.
  • Die Technik erkennt mithilfe fluoreszierender Kohlenstoff-Nanoröhrchen, ob ein Bakterium auf ein Antibiotikum reagiert oder resistent ist.
  • Damit lassen sich gezielte Therapien schneller starten, Fehlbehandlungen vermeiden und die Ausbreitung resistenter Keime wirksam bremsen.

Übrigens: Schweiß verrät mehr über den Körper, als man denkt – selbst dann, wenn man kaum schwitzt. Forscher der Penn State University haben ein Pflaster entwickelt, das stille Gesundheitsprobleme erkennt, bevor erste Symptome auftreten. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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