Körper unter Schock: Eisbaden unterzieht Zellen erstaunlicher Verjüngungskur

Eisbaden versetzt unsere Zellen in einen heilsamen Schockzustand. Forscher entdecken, wie Kälte Zellalterung bremst und Entzündungen lindert.

Körper unter Schock: So verjüngt Eisbaden die Zellen

Eisbaden als Zellkur: Beim Eintauchen ins kalte Wasser starten Zellen ihr Anti-Aging-Programm. © Pexels

Wer regelmäßig ins eisige Wasser steigt, kennt den ersten Schockmoment: Alles zieht sich zusammen, der Atem stockt. Eisbaden ist ein extremer Trend, doch was passiert dabei tatsächlich mit den Zellen – und wie gesund ist das kalte Bad wirklich? Eine neue Studie zeigt jetzt eindrucksvoll, dass die Kälte beim Eisbaden viel tiefer wirkt, als bisher bekannt war. Und sie verrät auch, warum der Körper von diesem eisigen Erlebnis langfristig profitieren könnte.

Forscher der Universität Ottawa haben untersucht, was genau im Körper passiert, wenn man täglich eine Stunde in 14 Grad kaltem Wasser verbringt. Zehn junge Männer machten bei diesem Versuch mit – und was sich dabei in ihren Zellen abspielte, dürfte auch Menschen interessieren, die sich bislang nur vorsichtig an kalte Duschen herangetraut haben.

Kälte beim Eisbaden kurbelt effektiv die Selbstheilung der Zellen an

Das Ergebnis ist verblüffend: Schon innerhalb von sieben Tagen lernten die Zellen der Teilnehmer, besser mit Kälte umzugehen. Dabei steigerte sich vor allem die sogenannte „Autophagie“. Das ist ein lebenswichtiger Prozess, bei dem Zellen alte und beschädigte Bestandteile abbauen – eine Art Frühjahrsputz auf Zellebene.

Nach einer Woche im kalten Wasser stieg der Marker LC3-II, ein eindeutiges Zeichen für Zellreinigung, um bemerkenswerte 70 Prozent an. Gleichzeitig sank ein anderer Stressmarker namens p62 deutlich. Übersetzt bedeutet das: Die Zellen hatten begonnen, aktiv aufzuräumen und Stress besser zu bewältigen. Sie wurden widerstandsfähiger, und das in kürzester Zeit.

Was für die Gesundheit entscheidend ist: Autophagie schützt Zellen vor Schäden, die langfristig Krankheiten auslösen könnten – von Entzündungen bis hin zu chronischen Leiden.

Der Körper passt sich erstaunlich schnell der Kälte an

Interessant ist auch, wie schnell sich der Körper insgesamt auf die Kälte einstellt. Anfangs reagierten die Teilnehmer stark: Die Körpertemperatur fiel innerhalb der 60 Minuten deutlich ab. Und das passierte jeden Tag aufs Neue, denn den Temperaturverlust konnte der Körper nicht verhindern. Doch das Spannende: Die Teilnehmer begannen zunehmend, weniger stark zu zittern.

Messbar wurde das über den Blutlaktat-Wert, der beim Zittern durch Muskelarbeit entsteht. Am ersten Tag schoss dieser Wert noch kräftig in die Höhe, am siebten Tag war der Anstieg jedoch deutlich schwächer. Das zeigt, dass der Körper bereits nach kurzer Zeit Wege findet, mit weniger Anstrengung mit der Kälte klarzukommen. Wer sich regelmäßig in kaltes Wasser wagt, trainiert also seinen Körper darauf, effizienter mit Stresssituationen umzugehen.

Weniger Entzündungen, weniger Zellstress

Ein weiterer Effekt dürfte besonders jene freuen, die oft unter Entzündungen leiden oder denen Zellstress zu schaffen macht. Die Forscher beobachteten, dass anfangs ein Entzündungsmarker namens TNF-α deutlich anstieg – verständlich, denn Kälte bedeutet für den Körper Stress pur. Doch innerhalb der Woche sank dieser Wert wieder auf normale Werte ab. Das bedeutet: Die Zellen lernen, Entzündungen und Stressreaktionen besser zu regulieren.

Außerdem sank auch das Risiko für den programmierten Zelltod, die sogenannte Apoptose, deutlich. Während am ersten Tag noch viele Zellen beschädigt wurden und abzusterben drohten, hatten sie nach einer Woche gelernt, sich aktiv vor Kälteschäden zu schützen.

„Unsere Ergebnisse zeigen klar, dass bereits sieben Tage regelmäßige Kälteexposition die Zellgesundheit messbar verbessert“, erklären Kelli King und Glen Kenny von der Universität Ottawa. Für Menschen, die regelmäßig draußen unterwegs sind – etwa Jogger, Schwimmer oder Wanderer –, könnten diese Ergebnisse bedeuten, dass Kälte ihre Gesundheit nicht schwächt, sondern langfristig sogar stärkt.

Warum es sich lohnt, die Komfortzone zu verlassen

Es ist verständlich, wenn viele vor einem unangenehmen Kälteschock zunächst zurückschrecken. Doch niemand muss direkt ins eisige Wasser steigen, um positive Effekte zu erzielen. Schon kühle Duschen oder gelegentliche Kaltwasseranwendungen könnten ausreichen, um Zellen zu stärken und die Gesundheit langfristig zu fördern.

Gerade für Menschen mit anfälligem Immunsystem oder chronischen Entzündungen könnte regelmäßige Kälte eine wirksame Methode sein, langfristig Beschwerden zu lindern und die Gesundheit insgesamt zu fördern. Die neue Studie macht Mut, die Komfortzone ein wenig öfter zu verlassen – denn der kurzfristige Kälteschock könnte langfristig zur Wohltat für den Körper werden.

Kurz zusammengefasst:

  • Regelmäßiges Eintauchen in kaltes Wasser wie beim Eisbaden stärkt die Autophagie, den körpereigenen Prozess zur Selbstreinigung und Reparatur der Zellen.
  • Bereits nach sieben Tagen passen sich die Zellen an Kältestress an, wodurch Zellschäden und Entzündungen reduziert werden.
  • Langfristig verbessert Eisbaden die zelluläre Widerstandskraft und kann so die Gesundheit nachhaltig unterstützen, wie eine Studie der Universität Ottawa belegt.

Bild: © Pexels

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